Zur Stadthalle nichts Neues

Görlitz-Zgorzelec. Der Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick hatte am 4. August 2009 extra seinen Jahresurlaub unterbrochen, um auf Einladung des Görlitzer Landrats Bernd Lange an einer Gesprächsrunde zum Thema Stadthalle teilzunehmen. Allerdings hat das nach Paulicks Einschätzung sachlich verlaufene Gespräch keine gravierend neuen Erkenntnisse gebracht. „Die Situation ist unverändert“, so das Fazit des Oberbürgermeisters.

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Görlitz kann sich die Stadthalle nicht mehr leisten

Thema: Stadthalle Görlitz

Stadthalle Görlitz

Die Stadthalle Görlitz wurde 1910 als Veranstaltungsort des Schlesischen Musikfestes eröffnet. Hoher Sanierungsbedarf und die ungenügende Selbstfinanzierung führten im Jahr 2005 zur Einstellung des Betriebs und zu Verkaufsbestrebungen seitens der Stadt Görlitz. Die Ende Januar 2010 vom Stadtrat beschlossene Sanierung wurde, ohne dass Arbeiten am Gebäude begonnen hätten, im Oktober 2012 gestoppt, weil Fristen für Fördermittel zu kurz waren. Erst 2018 stellten Bund und Land Geld für eine über die Sicherung hinausgehende Sanierung bereit. Eine große Herausforderung stellen die Betriebskosten für die Stadthalle Görlitz dar.

„Aus Sicht der Rechtsaufsicht - des Landkreises Görlitz - ist die Stadt derzeit finanziell nicht in der Lage, weitere freiwillige Aufgaben zu übernehmen. Damit bestätigte sie meine Auffassung zur momentanen Wirtschaftslage der Stadt Görlitz", sieht sich Paulick vom Landratsamt bestätigt.

In wirtschaftlichen schlechten Zeiten Geld für eine freiwillige Ausgabe wie die Stadthallensanierung aufzubringen, scheint illusorisch. Paulick kennt die harten Fakten: „Die Rechtsaufsicht hat uns mit dem Haushaltsbescheid aufgefordert, bis zum Jahresende 2009 ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) für die Folgejahre zu erarbeiten. Wir müssen mit Steuereinnahmeausfällen - geschätzte Mindereinnahmen 2009: rund 1,5 Millionen Euro, in den Folgejahren bis 2012 in ähnlicher Größenordnung - sowie steigenden Kosten für den Ausbau des Kinderbetreuungsangebotes rechnen." Allein die Kinderbetreuung wird im Jahr geschätzt eine Million Euro mehr kosten.

Doch auch andere Kostensteigerungen wirken gegen die Handlungsfreiheit der Stadt. „Hinzu kommen in diesem Bereich weiter gestiegene Personalkosten wegen des jüngsten Tarifabschlusses zwischen ver.di und dem Verband Kommunaler Arbeitgeber. Daher wird es nicht einfach sein, den Nachweis zu erbringen, dass wir langfristig in der Lage sind, einen (mindestens sechsstelligen) Betreiberzuschuss für die Stadthalle zu zahlen. Diesen müssen wir im Haushalt darstellen. Der Stadtrat wird deshalb noch im Herbst dieses Jahres entscheiden müssen, auf welche anderen freiwilligen Aufgaben wir dann verzichten wollen. Anders wird es nicht gehen“, setzt der Oberbürgermeister auf die Entscheidungskompetenz des Görlitzer Stadtrates.

Kann die Stadthalle vor weiterem Verfall bewahrt werden?

Erneut angesprochen wurde das Thema Sicherungsmaßnahmen am Denkmal. „Auch bei Sicherungsmaßnahmen muss die Nachhaltigkeit - langfristiger Bestand der geförderten Maßnahme; kein baldiger Rück-/Umbau o. ä. durch den künftigen Nutzer - nachgewiesen werden, anderenfalls droht die Rückzahlung von Fördermitteln. Das hat die Sächsische Aufbaubank (SAB) gestern noch einmal deutlich gemacht", schilder Paulick äußere Zwänge, die ein kurzfristiges "Einmotten" des Bauwerks verhindern.

Und ganz ohne eigenes Geld geht garnichts: „Wichtig war auch der Hinweis der SAB, dass die Ausreichung von Fördermitteln immer einen entsprechenden Anteil an Eigenmitteln voraussetzt - Geld, welches wir momentan nicht im Haushalt haben.“Ob ab dem Jahr 2011Mittel aus dem dann aufgelösten Neißefonds für die Stadthalle eingesetzt werden sollen, darüber müsse der Stadtrat befinden.

Landkreis will zur Auslastung beitragen

Der Görlitzer Landrat Bernd Lange bekräftigte, dass die Stadthalle eine freiwillige Aufgabe der Stadt Görlitz ist und somit der reinen Selbstverwaltung der Kommune unterliegt. Der Landkreis Görlitz behält sein bisheriges Angebot aufrecht und wäre gegebenenfalls bereit, jährlich Veranstaltungen im Umfang von ca. 80.000 bis 100.000 Euro in der Stadthalle durchzuführen.

Investor gesucht!

Nicht aufgeben will die Stadt die Suche nach einem Investor und Betreiber. Dies ist aber erst wieder nach dem Beschluss eines Haushaltssicherungskonzepts durch den Stadtrat, und dann im Wege einer öffentlichen Ausschreibung, möglich.

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Stadthalle im Verfall

Von Ernst am 06.08.2009 - 09:06Uhr
Leben wir denn schon wieder in einem "System der organisierten Verantwortlichkeit"? An der Stadthalle tut sich nichts und keiner hat Schuld.

Wer will da noch der Ex-DDR vorwerfen, Bausubstanz verfallen lassen zu haben. Eine schöne Kulturstadt ist das, die ihre unbeschädigte, "nur" sanierungsbedürftige Stadthalle dem Untergang weiht.

Auch funktioniert die Förderpolitik nicht. Wenn Förderprogramme dazu führen, dass man nichts tun kann, dann ist das dem Bürger nicht mehr zu vermitteln.

Die Realität führt die Wahlaussagen der Parteien ad absurdum.

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  • Quelle: /red | Fotos: /BeierMedia.de
  • Erstellt am 05.08.2009 - 18:10Uhr | Zuletzt geändert am 10.10.2012 - 06:42Uhr
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