So lange es noch Hoffnung gibt - Hertie in Görlitz

Görlitz-Zgorzelec. Mit "Es muss nicht Hertie am Görlitzer Kaufhaus stehen..." hatte der Görlitzer Ortsvorstand der Linken eine Diskussion losgetreten. Die damit im Zusammenhang stehende Grundaussage, es müsse "gewährleistet sein, dass das Haus geöffnet bleibt" und der Appell an den Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick, alls zu tun, um das Kaufhaus zu erhalten, waren vor allem in der Stadtverwaltung und bei der Görlitzer Wirtschaftsförderung auf Unverständnis gestoßen - ist man hier doch längst aktiv.

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Stadt und Wirtschaftsförderung sind aktiv

Bereits seit Bekanntwerden der Insolvenz des britischen Eigentümers und Finanzinvestors Dawnay Day im August 2008 stehen die Stadt und die Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH als städtische Wirtschaftsfördergesellschaft in Verbindung mit dem Insolvenzverwalter, haben sich mehrfach an verschiedenen Stellen für den Erhalt der Görlitzer Filiale engagiert und parallel dazu im Hintergrund Strategien für den hoffentlich nicht eintretenden Ernstfall entwickelt.

„Dafür bedarf es keiner ausdrücklichen Aufforderung durch die Linken. Doch so lange es noch Hoffnung für Hertie in Görlitz gibt, wäre es genauso deplatziert, über mögliche Perspektiven in der Öffentlichkeit zu diskutieren“, kommentierte Paulick das Geschehen.


Kommentar

Recht hat er, der Oberbürgermeister. Wenn für ein Unternehmen in Schwierigkeiten Lösungen gesucht werden, dann ist das grelle Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit genau so fehl am Platze wie Vorwürfe an Unternehmer oder Investoren. Selbstverständlich ist die Stadt mit Ihrer Wirtschaftsförderung in der Pflicht, aktiv zu werden für den Erhalt des historischen Görlitzer Kaufhauses, das nicht nur wichtig für den Tourismus und die Innenstadtbelebung ist, sondern auch als Arbeitgeber. Dass die Görlitzer Wirtschaftsförderung agil handeln und den ihr möglichen Einfluss geltend machen kann, ist längst bewiesen.

Zu bedenken bei allem Engagement ist: Im kapitalorientierten Wirtschaftssystem haben Unternehmen nicht die Aufgabe, Arbeitsplätze zu schaffen, ihre Aufgabe ist die Bereitstellung von marktfähigen Produkten und Dienstleistungen. Wenn dabei Arbeitsplätze entstehen, um so besser.

Jeder verantwortlich handelnde Unternehmer, Investor und Manager weiß aber um die soziale Funktion von Unternehmen. Für die unternehmerische Verantwortung gilt: Entlassungen sind unangenehm, aber hinzunehmen, wenn Sie dem Erhalt des Unternehmens dienen - unsozial hingegen sind Betriebsschließungen aus Gründen der reinen Profitoptimierung. Auch der britische Hertie-Investor sollte das wissen.

Thomas Beier



Thomas Beier ist Unternehmensberater und berät im Verbund der Saxon Consulting Group in vorrangig Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg mittelständische Unternehmen in der Personal- und Organisationsentwicklung sowie bei der Entwicklung von Szenarien und Strategien.

Mehr:
http://www.SaxonConsultingGroup.de

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Hertie oder ein solventes Unternehmen?

Von ArmirB am 07.03.2009 - 01:27Uhr
Die Hoffnung stirbt zuletzt, dass sollte auch ein OB Paulick lernen. Anstatt tatenlos zuzusehen ist es bei einem derart historisch wichtigem Objekt für die Görlitzer Innenstadt an der Zeit zu handeln, anstatt eine öffentliche Diskussion meiden zu wollen, die längst im Gange ist.

Eine derartig historische Immobilie gehört in die öffentliche Hand. Es ist sicherlich der mangelnde Sachverstand des OB´s, der ihn aus lauter Hilflosigkeit zum Warten verurteilt.

Der Beweis für die Agilität der WiFö in Görlitz wurde leider von dem vorangegangenen Kommentator nicht aufgeführt. Fakt ist, dass die Europastadt Görlitz GmbH auf ganzer Linie versagt hat, wenn es um das Thema der Schaffung sozialer Gerechtigkeit im Bereich des Einkommensgefüges der Stadt geht. Die gewollte Profilierung einer Billiglohn Callcenter Stadt stellt eher ein Armutszeugnis für eine WiFö GmbH dar, als dass dies agiles Handeln begründet.

Vielleicht wäre es auch hier einfach angebracht, für mehr politische Transparenz zu sorgen. Dann wüsste auch ein Herr Beier, dass es bei Hertie längst nicht mehr um Profit Optimierung geht, sondern um Insolvenzverwaltung. Und hier ist ein striktes Konzept von der Stadt gefordert, wenn man das Kaufhaus erhalten will. Ob Hertie an den Fassaden prankt oder vielleicht besser ein solventer Eigentümer, das ist nun wirklich egal. Auch wenn zweiteres sicher die zukunftsorientierte Lösung wäre.

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  • Quelle: /red | /Thomas Beier | Foto: /BeierMedia.de
  • Erstellt am 06.03.2009 - 11:18Uhr | Zuletzt geändert am 15.03.2009 - 23:42Uhr
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