Zittau hat den Dreh
Zittau. Ganz leise und als Folge einer Silvesternacht mausert sich Zittau zur Filmstadt. Die habsburgische Kulisse, frei von preußischen Einflüssen, hat eine größere Produktion angelockt: George Taboris ironisches Theaterstück „Mein Kampf“ wird größtenteils hier verfilmt. Eigentlich spielt das Ganze in Wien - doch wär´ die Produktion dort teurer, vor allem, weil die Touristenstadt bis ins Detail saniert ist. Da kann Zittau das originalere Wien der zwanziger Jahre bieten.
Gesichtsangebot, Habsburger Flair, guter Service und eine aufgeschlossene Bevölkerung sprechen für Zittau
Besonders gut zu sprechen sind das Produktionsteam um den (Mit)Produzenten Martin Lehwald und die Schauspieler auf die Zittauer Komparsen. „Hier findet man ein tolles Gesichtsangebot“, schwärmt Regisseur Urs Odermatt - offenbar hat die Abgeschiedenheit der Stadt ihre Vorteile. „Die Leute helfen“, bringt es Götz George später auf den Punkt.
Mit einem Etat von 2,7 Millionen Euro handelt es sich beim Filmprojekt „Mein Kampf“ um eine Low-Budget-Produktion. 350.000 Euro hat die Mitteldeutsche Medienförderung zugeschossen, die mit den Aufnahmen wirtschaftliche Effekte für die Region verbunden sieht.
Was auch stimmt: Die Komparsen verdienen sich ein paar Euro dazu, Handwerker bauen Kulissen, Hotels werden ausgelastet. Der Zittauer Oberbürgermeister Arndt Voigt: „Wir versuchen, einen guten Service zu bieten!“ Was offenbar gelingt, denn die fünfzig Filmleute fühlen sich sichtlich wohl in der Stadt am Dreiländereck. Hinzu kommen um die 40 Komparsen, von denen zwölf zu Stammkomparsen geadelt wurden. Sie sind die Kernmannschaft des Männerheims, in dem der junge Hitler wohnt.
Gewohnt wird in Hotels und in eigens angemieteten Wohnungen. Dadurch ist der Set , wo die Aufnahmen entstehen, immer in Laufweite erreichbar.
Zittau hat den Löwenanteil der Filmaufnahmen abgefasst: Insgesamt 33 Tage wird die Klappe hier klappern. Hinzu kommen sieben Drehtage in Wien und Aufnahmen in Reichenberg (Liberec). Hier steht die Oper - eine Kleinausgabe des Wiener Hauses - im Mittelpunkt. Bis 18. Juni 2008 soll möglichst alles im Kasten sein.
Die Idee für das Kinofilmprojekt ist etwa fünf Jahre alt. Bei einem belgischen Bier wurde sie von Lehmann und Odermatt geboren in der Schweiz geboren und von Tabori, der 2007 starb, gutgeheißen. „Eigentlich hätte er sein Theaterstück am liebsten selbst verfilmt“, mutmaßt Regisseur Odermatt. Wie Redakteur Wolfgang Bergmann vom ZDF Theaterkanal sagt, sei im jetzigen Drehbuch der Theaterstoff inhaliert und kongenial umgesetzt.
Das Verfilmen von Theaterstücken ist in Deutschland weniger ausgeprägt als sonst in Europa. Zudem erfordert der Umgang mit Taboris „Mein Kampf“ durchaus Mut und Fingerspitzengefühl. Nur der ungarische Jude George Tabori, der Deutschland 1933 verlassen musste und erst 1971 zurückkehrte, hatte die Chuzpe, das Thema aufzugreifen.
Sein „Kampf“ ist eine Groteske, keine historische Rekonstruktion des historisch verbürgten, im Männerheim hausenden mittellosen Kunstmalers Adolf Hitler. Jedoch wird die Situation, in der Hitler zu Beginn der zwanziger Jahre lebt, aufgegriffen und zu einer zeitlosen Parabel vom Guten, das dem Bösen dient, erweitert.
Die Besetzung der Rolle des Schlomo Herzl, der den jungen Tölpel Hitler vor dem Untergang in der Großstadt retten will, mit Götz George ist für die Figur eine überraschende Variante.
Herzl ist ein Buchhändler, mit dem und dem Koch Lobkowitz, ebenfalls Jude, sich Hitler das Zimmer teilt. Herzl will das „Mein Leben“ schreiben -schlechter Ttel, sagt Lobkowitz. Sie verständigen sich auf „Mein Kampf“, Hitler ist begeistert . . ..
Neben Tom Schilling, der den jungen Hitler verkörpert, und Anna Unterberger als Gretchen finden sich viele Zittauer unter den Schauspielern. So spielt der Zittauer Theaterintendant Roland May Hitlers Vater, auch die Schauspielerin von Hitlers Mutter kommt aus Zittau. Insgesamt ist eine Handvoll Schauspieler des Zittauer Theaters ist bei der Produktion dabei.
Das nächste große Filmprojekt für Zittau ist bereits angekündigt. Wichtig sei, so die Filmleute, nicht nur die Region als „Motivgeber“. Es komme auch darauf an, dass die Verantwortlichen und die Bevölkerung vor Ort mitziehen.
Mein Kampf kommt in Deutschland im Jahr 2009 in den UFA-Verleih kommen, für Österreich hat der Filmladen Filmverleih die Rechte.
Mehr in der Bildergalerie (58 Bilder von der Pressekonferenz, vom Set und den Schauspielern) und im Video.
Die Produktion „Mein Kampf“ ist eine Koproduktion der Schiwago Film, der Hugofilm und der Dor Film in Zusammenarbeit mit dem ZDF Theaterkanal, ARTE, ORF, SRG, SSR und UFA Cinema, gefördert von der Filmförderungsanstalt (FFA), der Mitteldeutschen Medienförderung (MDM), der Hessischen Filmförderung, dem Medienboard Berlin-Brandenburg (MBB), dem Beauftragten für Kultur und Medien (BKM), dem deutschen Filmförderfonds (DFFF), dem Österreichischen Filminstitut (ÖFI), dem Schweizer Bundesamt für Kultur (BAK), der Zürcher Filmstiftung und der Aargauer Filmförderung. Produzenten sind Martin Lehwald, Michael Pokorny und Marcos Kantis (Schiwago Film), Danny Krausz (Dor Film) und Christof Neracher (Hugofilm). Die Redaktion liegt bei Wolfgang Bergmann, Leiter des ZDF Theaterkanals, und Meike Klingenberg.
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- Quelle: /TEB | Fotos: /BeierMedia.de | Erstveröffentlichung 16.05.2008 - 11:56 Uhr
- Erstellt am 16.05.2008 - 09:41Uhr | Zuletzt geändert am 17.05.2008 - 10:30Uhr
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