Salvador Dalí in Görlitz und Zittau

Salvador Dalí in Görlitz und ZittauGörlitz | Zittau, 1. Februar 2019. Nun also, posthum, kommt der großartige Katalane Salvador Felipe Jacinto Dalí i Domènech nach Görlitz und Zittau – und das auch noch zeitgleich. Der Maler, Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner ist hier zweifelsohne richtig, widmete er sich doch vor allem dem, was das menschliche Hirn im Traum, im Rausch, im Fieber und in der religiösen Hingabe erzeugt.

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Sonderausstellung "Salvador Dalí. Grafische Traumwelten" in Zittau und Görlitz

Sonderausstellung "Salvador Dalí. Grafische Traumwelten" in Zittau und Görlitz
Die Historiker Kai Wenzel, Görlitz, und Dr. Peter Knüvener, Zittau, freuen sich über die gemeinsame Dalí-Ausstellung ihrer Museent

Thema: Ausstellungen in Görlitz und Umgebung

Ausstellungen in Görlitz und Umgebung

Görlitz verfügt nicht nur über fast 4.000 Baudenkmale, sondern ist eine Stadt der Museen und Ausstellungen. Hier befinden sich beispielsweise das Kulturhistorische Museum, das Schlesische Museum zu Görlitz, das Museum der Fotografie und das Senckenberg Museum für Naturkunde, im polnischen Teil der Europastadt das Lausitz-Museum. Darüber hinaus gibt es häufig Sonderausstellungen an anderen Orten, auch im Umland der Stadt sowie in der Dreiländerregion von Sachsen, Tschechien und Polen.

Herausgegriffen haben das Kulturhistorische Museum Görlitz und das Kulturhistorische Museum Zittau die Traumwelten, in die Dalí mit Grafiken Zugang gewährt.

Dalí in Görlitz

Die Görlitzer Dalí-Schau gibt mit 220 Blättern einen Überblick über das gesamte druckgrafische Werk Dalís aus den Jahren 1934 bis 1977. Ein Schwerpunkt dabei ist Dalís künstlerische Auseinandersetzung mit dem nicht minder bedeutenden spanischen Maler Francisco de Goya (1746-1828), dessen wegweisenden Grafikzyklus "Los Caprichos" Dalí in einer eigenen Serie verarbeitet hat, die gemeinsam mit Goyas Blättern in Görlitz zu sehen ist. Los Caprichos gelten als Meilenstein der grafischen Künste am Vorabend der Moderne. Inspiriert vom Geist der französischen Revolution, thematisieren sie gesellschaftliche Probleme wie Armut, Prostitution, Aberglaube, Standesdünkel, den Missbrauch klerikaler Autorität und die Brutalität des Machterhalts durch Adel und Kirche. Mit seiner Reflektion der Caprichos, die sich teils sehr genau an die Vorlagen hält, sie aber auch frei paraphrasiert, holte Dalí Goyas Idee in die Gegenwart des 20. Jahrhunderts – und sie wirkt auch im 21. fort.

Ein weiterer wichtiger Zyklus, der in Görlitz zu sehen ist, ist die Serie "Pantagruels drollige Träume". Dalí griff dafür Motive aus einer bereits im 16. Jahrhundert entstandenen Romanfolge des französischen Autors François Rabelais auf. Die Erlebnisse des Riesen Pantagruel erscheinen in Dalís Grafiken jedoch als Szenen einer Traumwelt, worauf auch der Titel der Grafikfolge hindeutet. Inspiriert von der Psychoanalyse lässt Dalí den Romanhelden Pantagruel in dessen Träumen abwegige Abenteuer erleben. In kräftigem Kolorit gestaltet, sind diese Blätter Klassiker der surrealistischen Druckgrafik.

Dalí in Zittau

In der Zittauer Ausstellung ist einer der umfangreichsten Grafikzyklen Dalís zu sehen, nämlich ein großer Teil der aus 100 Holzstichen bestehenden Illustrationen zu Dantes „Göttlicher Komödie“. Dante Alighieri (1265–1321) schuf mit der Göttlichen Komödie eines der Hauptwerke der abendländischen Literatur und inspirierte damit die Künstler zu allen Zeiten. Dalí setzte die wesentlichen Szenen in meisterlichen Holzstichen, die sich mit Träumen und Abgründen beschäftigen, um. Zu sehen sind Geizhälse und Verschwender, gefallene Engel, der himmlische Frieden und die irdische Unrast.

Der zweite in Zittau ausgestellte Werkkomplex beschäftigt sich mit der Offenbarung des Evangelisten Johannes, der Apokalypse. Auch hier ging es Dalí um die Illustration eines literarischen Hauptwerkes, zu dem in der Vergangenheit bereits berühmte Künstler gearbeitet hatten. Allerdings ist diese Grafikfolge nicht das alleinige Werk Dalís, denn mehrere Künstler haben unter Dalís Leitung gearbeitet. Die einzelnen Blätter entstanden in unterschiedlichen Tiefdrucktechniken, beispielsweise als Radierungen – nicht verbissen der Lehre folgend, sondern auch experimentell: So ließ Dalí – was den Katalanen womöglich im Blut liegt – eine mit Nägeln bestückte Bombe explodieren, zum Glück nur auf einer Kupferplatte, die dann die Grundlage für den Druck bildete.

Die Zittauer Schau wird überdies durch Grafiken berühmter Zeitgenossen Dalís wie Marc Chagall, Ernst Fuchs und Otto Dix aus der Museumssammlung bereichert. Hinzu gesellen sich surrealistische Werke Oberlausitzer Künstler, dabei sind unter anderem Peter Israel, Ludwig Böhme und Dirk Pradel. Israel und Böhme zeigen Collagen, in denen alltägliche und vertraute Gegenstände wie Schlüssel oder Kleiderhaken eine neue, bildnerische Funktion in einem ihnen fremden Umfeld bekommen und so einen geheimnisvollen Sinn erhalten. Pradels Radierungen zeigen bekannte Zittauer Ansichten, die durch merkwürdige Perspektivverschiebungen verfremdet und – oft nur auf den zweiten Blick erkennbar – durch unerwartete Details und Lebewesen bevölkert sind.

Prädikat: Unbedingt hingehen!
Noch bis Sonntag, 31. März 2019,
Kulturhistorisches Museum Görlitz, Kaisertrutz, Platz des 17. Juni 1, 02826 Görlitz, und
Städtische Museen Zittau, Kulturhistorisches Museum Franziskanerkloster, Klosterstraße 3, 02763 Zittau.

Die Ausstellungen im Kulturhistorischen Museum Görlitz und im Kulturhistorischen Museum Zittau können pro Person mit einem einzigen Ticket zu acht Euro regulär oder fünfeinhalb Euro ermäßigt besucht werden. Beide Ausstellungen sind dreisprachig – deutsch, polnisch und tschechisch.

Öffnungszeiten

  • Görlitz: Dienstag bis Sonntag 10:00 bis 16:00 Uhr
  • Zittau: Dienstag bis Sonntag 10:00 bis 17:00 Uhr

Begleitveranstaltungen:
  • Freitag, 8. Februar 2019, 16 Uhr,
    Kaisertrutz, Platz des 17. Juni 1, 02826 Görlitz:
    Ausstellungsführung mit Klaus-Dieter Hübel
  • Sonnabende, 16. Februar und 2. März 2019, von 14 bis 16 Uhr,
    Barockhaus Neißstraße 30, Atelier, 02826 Görlitz:
    Zeichenkurse mit dem Museumsgrafiker Dimitar Stoykow "Wie geht eigentlich Surrealismus?"
    Beide Kurse können unabhängig voneinander besucht werden, Informationen, Kosten und Anmeldung hier.

"... der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist der, dass ich nicht verrückt bin!“
Salvador Dalí

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  • Quelle: red | Grafik (Plakatausschnitt): Dimitar Stoykow jr., Foto: Matthias Wehnert
  • Erstellt am 01.02.2019 - 08:11Uhr | Zuletzt geändert am 19.01.2023 - 16:47Uhr
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