Paulick an Tillich: Arbeitsplätze durch Bürgschaften retten
Görlitz. "Auch wenn in unserer Stadt 'nur' eine von sechs Schlecker-Filialen geschlossen werden soll, macht es mich sehr betroffen, dass die Mitarbeiterinnen des Marktes an der Christoph-Lüders-Straße Opfer von Versäumnissen eines europaweit agierenden Unternehmens werden und in Folge dessen ihre Beschäftigung verlieren“, schreibt er Göritzer Oberbürgermeister Joachim Paulick in einem Brief an den Sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich, war am 20. April 2012 zu erfahren. Paulick hat sich damit klar positioniert und unterstützt die Forderung von ver.di und des Schlecker-Gesamtbetriebsrats nach staatlichen Bürgschaften für den Monat April zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs und zur Vermeidung weiterer Filialschließungen und damit verbundener Kündigungen. In seinem Schreiben am den Ministerpräsidenten macht der Görlitzer Oberbürgermeister deutlich, dass der Verlust jedes einzelnen Arbeitsplatzes in unserer strukturschwachen Region besonders schwer wiegt. Paulick meint, man könne nun die Schlecker-Beschäftigten - meist Frauen, die täglich ihre Leistung erbracht hätten und oft als Erste die Kundenreaktionen zu spüren bekamen - nicht den Preis dafür zahlen lassen, dass es die Drogeriemarktkette offenbar verpasst habe, ihre Unternehmensstrategie und ihr Angebot auf Kundenbedürfnisse und aktuelle Entwicklungen auszurichten.
Staat mitverantwortlich an Schlecker-Pleite
Weil die Schließung von rund 400 weiteren Schlecker-Filialen droht hält Oberbürgermeister Paulick die Forderung für angemessen, dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit dem Monat April Zeit für die Investorensuche zur Rettung weiterer Märkte zu geben, indem Bürgschaften gewährt werden. Die Geschäfte könnten durchaus mit Gewinn betrieben werden, doch aufgrund der aktuellen Lieferengpässe und anderer insolvenzbedingter Probleme seien sie in eine Schieflage geraten.
Die Rechtslage hat es Anton Schlecker ermöglicht, das kriselnde Unternehmen immer weiter fortzuführen, ohne sich dem zivil- und strafrechtlichen Haftungsrisiko der Insolvenzverschleppung auszusetzen. Trotz der Größe des Unternehmens musste Schlecker kein Kontrollorgan einrichten, dem er Rechenschaft hätte geben müssen. Aus Paulicks Sicht hat der Staat hat diese Situation verursacht, somit sei er nun auch in der Verantwortung, die Fortführung der 400 Filialen und die Sicherung der betroffenen Arbeitsplätze durch Bürgschaften sicherzustellen.
Kommentar:
Staatliche EIngriffe in die Wirtschaft sind so eine Sache: Wer hat den kleinen Drogisten, oft Familienbetriebe, geholfen, als Drogerieketten wie Schlecker an Marktmacht gewannen? Andererseits hat Paulick Recht: Im strukturschwachen Umfeld des Landkreises Görlitz kann man bei einer Unternehmenspleite nicht einfach auf den Markt und seine Selbstheilungskräfte setzen und abwarten, bis ein neuer Anbieter an die Stelle des insolventen tritt und wieder Arbeitsplätze schafft - vor allem, wenn es lediglich um Bürgschaften geht. Da hat der Freistaat Sachsen bekanntlich schon ganz andere Dinge verbürgt und verbockt.
Ziel kann es nicht sein, Schlecker zu retten. Aber es geht um die Verkaufsstellen und die damit verbundenen Arbeitsplätze, zumal diese bei Schlecker tariflich bezahlt werden. Es macht sinn, die Jobs zumindest so lange zu erhalten, dass eine reale Chance auf einen neuen Investor, der das laufende Geschäft fortführt und weiterentwickelt, besteht.
Wenn sich der Freistaat hier zurückzieht wäre das ein weiteres Indiz dafür, dass Dresden die sächsischen Grenzgebiete in wirtschaftlicher Konzeptionslosigkeit sich selbst überlässt,
meint Ihr Fritz R. Stänker
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- Quelle: red
- Erstellt am 20.03.2012 - 16:03Uhr | Zuletzt geändert am 21.03.2012 - 01:05Uhr
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