Tourismusverein Görlitz e.V. gegen Übernachtungssteuer

Tourismusverein Görlitz e.V. gegen ÜbernachtungssteuerGörlitz, 3. Mai 2021. Ein Schelm, wer anderes erwartet hätte: Der Tourismusverein Görlitz e.V. kritisiert die am 29. April 2021 im Görlitzer Stadtrat mit einer Stimme Mehrheit beschlossene Einführung einer Übernachtungssteuer für die Neißestadt deutlich und schließt sich damit dem Standpunkt der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden an. Auch der Landestourismusverband Sachsen (LTV) sowie der Deutsche Tourismusverband (DTV) lehnen die Steuer auf Privatübernachtungen in Beherbergungsbetrieben ab.

Abb.: In Görlitz gibt es vieles, was unter Touristen als "must have seen" gilt, so auch die historische Waage auf dem Untermarkt (rechts im Bild)
Foto: © BeierMedia.de
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Touristiker fordern: Optionen nochmals prüfen

Bereits im Vorfeld der Görlitzer Stadtratsentscheidung Entscheidung hatte der Tourismusverein schriftlich und mündlich auf seine Argumente aufmerksam gemacht. Als Punkte, auf die seine Kritik vor allem zielt, nennt der Görlitzer Tourismusverein diese:

    • die Touristen und Besucher der Neißestadt werden finanziell zusätzlich belastet, ohne dass sie einen konkreten Gegenwert erhalten

    • es handelt sich um eine einseitige Belastung einer einzelnen Branche zwecks Verbesserung der allgemeinen Haushaltssituation der Stadt Görlitz

    • es ist keine Transparenz bei der Verwendung der eingenommenen Gelder gegeben

    • es entsteht ein hoher Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Steuer bei den touristischen Anbietern

    • die betroffenen Branche ist bei der Bewertung der Optionen nicht einbezogen worden

"Obwohl in der Diskussion unter den Stadträten immer die Entwicklung des Tourismus im Vordergrund stand, so fehlt doch in der Umsetzung als Steuer die Verlässlichkeit und die Planbarkeit der Verwendung der Gelder für den Tourismus", moniert Katrin Bartsch, Vorsitzende des Tourismusvereins. In der einseitigen Betrachtung aus haushalterischer Sicht seien auch die Gestaltungsoptionen für die Branche, die beispielsweise in der Gästetaxe liegen, völlig vergessen worden.

"Als Grenzstadt zu Polen stehen wir zudem im verschärften Wettbewerb und unter enormen Preisdruck im Vergleich zu unseren polnischen Mitbewerbern. Eine reine Abschöpfung der Touristen ohne konkreten Gegenwert für deren Leistung ist in der zukünftigen Entwicklung nicht hilfreich", argumentiert Bartsch weiter.

Bereits 53 sächsische Kommunen hätten den Vorteil einer Gästetaxe gegenüber einer Steuer – die nur in Dresden umgesetzt wurde – erkannt, Bartsch: "Wir fordern, im Gespräch mit der Verwaltung und den Stadträten die beiden Optionen nochmals ausführlich zu bewerten und umfassend gegeneinander abzuwägen." Mit Blick auf die aktuelle Situation der Branche und die versprochene zeitliche Verzögerung einer geplanten Einführung ab frühestens 2023 bleibe dafür auch genug Zeit.


Kommentar:

So ist das, wenn man erst schießt und dann "Hände hoch!" ruft – der Gegenüber fühlt sich nicht nur, sondern ist getroffen. Dabei hatten doch die trotz ihrer jungen Jahre weisen Stadträte der Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne auf der denkwürdigen Stadtratssitzung noch vorgeschlagen, den Vorschlag zur Übernachtungssteuer wie auch den eigenen zur einer Gästetaxe in die Ausschüsse zu verweisen. Indem sie überstimmt wurden, kam wieder einmal das Risiko der Demokratie ans Licht: Die Mehrheit muss ja nicht zwangsläufig recht haben.

Überhaupt ist es wohl immer bedenklich, wenn Leute, die noch nie als Unternehmer ihr Geld verdienen mussten, Vorschriften für Unternehmer erlassen – nicht, dass sie das nicht dürften (sonst dürfte der Bundestag wohl überhaupt keine Gesetze für die Wirtschaft mehr erlassen), doch sind sie gut beraten, wenn sie die Wirtschaft zwecks Konsultationen ins Boot holen. "Aber was, die Wirtschaft denkt doch immer nur an ihre Gewinne!", wird gern unterstellt und darüber vergessen, dass Wirtschaft vor allem gern in Perspektiven denkt. Wen will's da verwundern, dass die Wirtschaft viel Geld in die Hand nimmt und mit Lobbyisten versucht, den gröbsten Unsinn – ja, manchmal auch Sinnvolles – zu verhindern.

Bleibt zu hoffen, dass der Appell, die Übernachtungssteuer noch einmal auf den Prüfstand zu stellen, nicht ungehört verhallt. Und wenn die Tourismusmanager, im konkreten Fall eine Managerin, in ihren Gedanken das Wort "Grenzstadt" vielleicht durch "Verbindungsstadt" oder "Nahtstelle" ersetzen, wofür die Europastadt ja prädestiniert ist, dann könnten sich polnische Gäste noch ein wenig willkommener fühlen, denkt jedenfalls

Ihr Thomas Beier



Mehr zum Thema erfahren im Görlitzer Anzeiger:

Ergebnis: Privatübernachtungen in Görlitz besteuern?

Gästetaxe (15.6%)
 
Übernachtungssteuer (5.6%)
 
Tourismusabgabe (5.6%)
 
gar nicht (73.3%)
 
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  • Quelle: red / Kommentar: Thomas Beier | Foto:
  • Erstellt am 03.05.2021 - 13:13Uhr | Zuletzt geändert am 03.05.2021 - 14:02Uhr
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