Stadthallensanierung bleibt vage, kann aber teuer und wirtschaftlich riskant werden
Görlitz-Zgorzelec. Wie die Görlitzer Stadtverwaltung mitteilt, nahmen am Gespräch zur Stadthalle am 17. Dezember 2010 sowohl der Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick als auch Bürgermeister Dr. Michael Wieler teil - nicht aber, wie in der Ausgabe vom 23. Dezember 2010 in der Sächsichen Zeitung der Eindruck erweckt wird, auch der sächsische Innenminister Markus Ulbig. Das Gespräch sei in einer sehr konstruktiven Atmosphäre verlaufen und und lasse die Hoffnung auf die Sanierung der Stadthalle wachsen. Eine mündliche Aussage dazu, dass das Sächsische Kabinett kürzlich beschlossen hat, zusätzliches EFRE-Geld für Projekte wie beispielsweise die Stadthalle zur Verfügung zu stellen, wurde zwar von den anwesenden Mitarbeitern des Innenministeriums und der Landesdirektion verkündet. Das bedeute allerdings keinesfalls, so die Stadtverwaltung weiter, dass das Geld für das Görlitzer Projekt bereits bewilligt wurde.
Baubeginn noch nicht gesichert
Thema: Stadthalle Görlitz
Die Stadthalle Görlitz wurde 1910 als Veranstaltungsort des Schlesischen Musikfestes eröffnet. Hoher Sanierungsbedarf und die ungenügende Selbstfinanzierung führten im Jahr 2005 zur Einstellung des Betriebs und zu Verkaufsbestrebungen seitens der Stadt Görlitz. Die Ende Januar 2010 vom Stadtrat beschlossene Sanierung wurde, ohne dass Arbeiten am Gebäude begonnen hätten, im Oktober 2012 gestoppt, weil Fristen für Fördermittel zu kurz waren. Erst 2018 stellten Bund und Land Geld für eine über die Sicherung hinausgehende Sanierung bereit. Eine große Herausforderung stellen die Betriebskosten für die Stadthalle Görlitz dar.
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Avisiert wurde lediglich ein Schreiben der Landesdirektion, in dem die Aussage vom Oktober 2010, nach dem im EFRE-Topf kein Geld für die Stadthalle vorhanden sei und daher der Förderantrag nicht bearbeitet werden könne, relativiert wird. Dieses Schreiben soll noch bis Ende 2010 der Görlitzer Stadtverwaltung zugehen.
Teure Planung ist keine Garantie für Baubeginn
Damit das Geld dann überhaupt fließt, was laut Stadtverwaltung frühestens Mitte 2012 der Fall sein kann, muss die Stadt nun weitere Hausaufgaben machen: Der jetzt schon sehr enge Zeitplan für die Baumaßnahme soll nochmals optimiert und die Ausschreibung für die Planungsleistungen unverzüglich auf den Weg gebracht werden.
Gerade hier sieht Oberbürgermeister Paulick eine der großen Schwierigkeiten bei diesem Vorhaben, denn allein die Planung des Projektes kostet ca. 1,7 Millionen Euro. Erst wenn diese Planung vorliegt, wird der Förderantrag bei der Oberfinanzdirektion und der Landesdirektion bearbeitet. Das bedeutet, dass, falls bei der Bewilligung des Antrages neue Förderrisiken auftreten, im Ernstfall fast 2 Millionen Euro umsonst ausgegeben worden wären. „Ich begrüße es sehr, dass der Freistaat sich endlich zu einem unserer wichtigsten Zukunftsprojekte bekennt. Bei der kurzfristigen Entscheidung des Stadtrates zu einem Planungsbeschluss, ohne eine verbindliche Förderzusage 1,7 Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt zur Verfügung zu stellen, muss aber allen klar sein, dass Ausgaben ungewissen Ausgangs andere, risikoärmere Maßnahmen verdrängen“, gibt deshalb Oberbürgermeister Paulick zu bedenken.
Bedenklich: Öffentliche Hand investiert, wo Private zögern
Ausgangspunkt für die Entscheidung der Stadt Görlitz, die Sanierung der Stadthalle mit einem sehr hohen finanziellen Eigenanteil und Zuschüssen zur Betreibung in Höhe von mehreren hunderttausend Euro jährlich, möglich zu machen, war die abgebrochene Suche nach einem privaten Investor. Oberbürgermeister Paulick mahnt weiter den sorgsamen Umgang mit den Steuermitteln der Bürger an: „Fraglich ist, wie lange diese Praxis noch funktioniert, Geschäfte, die aus Sicht privater Investoren in der Regel als unattraktiv, weil unrentabel bewertet werden, der Kommune zuzumuten. Diese arbeitet schließlich treuhänderisch mit dem Geld ihrer Steuerzahler. Und diese Mittel werden umso knapper, je mehr langfristige Zuschussgeschäfte die Stadt eingeht. Die Steuerkraft unserer Einwohner und Unternehmen setzt uns da letztlich natürlichen Grenzen. Dass selbst die Fördermittelgeber große Bedenken dabei haben, zeigt das monatelange zögerliche Verhalten der Rechtsaufsichtsbehörde und der Landesregierung.“
Stadthallenbetrieb geht zu Lasten anderer Projekte
Bei der Görlitzer Stadthalle scheint diese Vorgehensweise aber gerade noch aufzugehen. Das beweist, dass dieses Projekt nicht nur von den Görlitzern, sondern auch von den Landespolitikern als Chance für die Weiterentwicklung der Stadt angesehen wird. So stimmt der Oberbürgermeister grundsätzlich den Gedanken zu, die Innenminister Ulbig gegenüber der Sächsischen Zeitung äußerte und auf die er bereits selbst mehrmals hingewiesen hat: Der künftige politische und damit finanzielle Gestaltungsspielraum der Stadt in den Bereichen Kultur, Sport, Wirtschaftförderung und anderen mehr wird durch den Betrieb der Stadthalle extrem eingeschränkt. Dies wurde aber von der Mehrheit der Görlitzer Stadträte durch Grundsatzbeschlüsse so akzeptiert.
Vertrauen in die Landesregierung
Mit Blick auf die mit dem Bekenntnis zur Stadthalle auf die Stadt zukommenden Herausforderungen nimmt Oberbürgermeister Paulick die Landesregierung beim Wort: „Ich setze großes Vertrauen in die Landesregierung, dass sie uns bei der Sanierung der Görlitzer Stadthalle nach Kräften unterstützt. Die Stadt hat in den letzten Monaten deutlich gemacht, dass die Stadthalle sowohl als politischer Wille als auch finanziell leistbar ist. Wir brauchen Investitionssicherheit, um die abschnittsweise Sanierung in enger Zusammenarbeit mit der Landesdirektion Dresden und dem Sächsischen Ministerium des Innern voranzubringen. Die Eigenmittel sind so knapp, dass wir uns keine Fehlentscheidungen leisten können."
Kommentar:
Der Erfolg hat viele Väter, ist eine alte Weisheit. Allerdings ist der Erfolg des Stadthallenprojekts noch immer nicht sicher, insbesondere nicht der Baubeginn und auch nicht später der "wirtschaftliche" Betrieb der Stadthalle mit überschaubaren und konstanten Zuschüssen.
Deswegen ist vorzeitiges gegenseitiges Schulterklopfen fehl am Platz: Wer sich schon vor der Schlussabrechnung in Siegerpose sieht erinnert fatal an Regierungsoberhäupter, die sich bereits vor der vollständigen Stimmenauszählung zum "Sieger" ausrufen.
Nein, Görlitz liegt weder in Südamerika noch in Weißrussland. Deshalb sollte in Stadt und Land soviel Grips vorhanden sein, nicht von "Siegern" (die "Verlierer" mit sich bringen) zu sprechen, sondern nach dem Gewinn für die Stadt und ihre Bürger zu streben.
Wenn Stadtverwaltung und Landesregierung sowie der Stadtrat vom gemeinsamen Ziel einer sanierten Görlitzer Stadthalle beseelt sind, sollte alles möglich sein.
Ihr Fritz R. Stänker
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- Quelle: red | Fritz Rudolph Stänker | Erstveröffentlichung am 23.12.2010 - 19:31 Uhr
- Erstellt am 23.12.2010 - 18:20Uhr | Zuletzt geändert am 24.12.2010 - 08:33Uhr
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