Stadträte in der Verantwortung
Görlitz-Zgorzelec. Der Arbeitsgruppe Haushalt (AG Haushalt), eine der Arbeitsplattformen der Görlitzer Stadträte, wurde zuletzt nur noch von der Fraktion zur Sache/SPD genutzt. Oberbürgermeister Joachim Paulick sah sich daher veranlasst, an das Verantwortungsgefühl der Volksvertreter, die sich erst zur Kommunalwahl am 7. Juni 2009 hatten wählen lassen, zu appellieren. Im demokratischen Wahlverfahren hatten die Görlitzer jenen Kandidaten ihre Stimmen gegeben, denen sie an ehesten zutrauten, als Stadtrat ihre Interessen zu vertreten. Der Stadtrat ist gemäß Sächsischer Gemeindeordnung das Hauptorgan der Gemeinde (Satz redaktionell geändert am 4. November 2009).
Mehr Mitarbeit, mehr Einsparungen, mehr Sponsoren, mehr Konsolidierung
„Die Stadträte müssen ihrer Verantwortung als gewählte Vertreter gerecht werden. In der Arbeitsgruppe Haushalt können alle von den Bürgern an die Stadträte herangetragenen konstruktiven Vorschläge eingebracht werden, wie wir die von der Rechtsaufsicht geforderte Nettoinvestitionsrate von drei Prozent erwirtschaften können, um künftige Investitionen überhaupt zu ermöglichen. Eine offene Debatte zur Haushaltskonsolidierung wird es im Stadtrat geben“, schilderte Oberbürgermeister Joachim Paulick die Situation.
Mitarbeit zeugt von Interesse - und das geht offenbar zurück
Das Interesse der Stadtratsfraktionen, Konsolidierungsvorschläge gemeinsam mit der Verwaltung zu besprechen, ist durchaus an der Teilnahme an der AG Haushalt ablesbar. Während die Vertreter der Linkspartei schon beim vorletzten Treffen nicht mehr teilnahmen, blieben diese Woche außer Stadträten der Fraktion zur Sache/SPD auch alle anderen der Sitzung der Arbeitsgruppe Haushalt fern, war aus der Stadtverwaltung zu erfahren.
Immerhin waren einige Teilnehmer der Runde jedoch sehr bemüht, interne Arbeitspapiere der Verwaltung mit der Auflistung der freiwilligen Aufgaben einschließlich Protokolle ebenso wie die unüberlegten Vorschläge der Fraktionen CDU/FDP und BfG/Grüne über einzelne Medien an die Öffentlichkeit zu geben, so die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung. Desweiteren hätte die Teilnahme der Städträte an den AG-Sitzungen zumindest Klarheit darüber verschaffen können, wo der Stadtrat keine Abstriche machen will.
Will der Stadtrat einen sogenannten Bürgerhaushalt?
„Ein Bürgerhaushalt macht insbesondere dort Sinn, wo freie Haushaltsmittel für Investitionen zur Verfügung stehen. Wenn der Stadtrat eine stärkere Partizipation der Bürger an Entscheidungen über den Einsatz finanzieller Mittel und damit auch teilweise eine Aufgabenübertragung vom Stadtrat auf den Bürger wünscht, müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Ich begrüße diese Möglichkeit der direkten Demokratie, welche auch das Interesse der Bürger an ihrer Stadt sichtbar machen soll und zugleich kommunale Entscheidungen transparenter macht. Es ist ein wirksames Mittel, um der auch in Görlitz bei den Wahlen sichtbar gewordenen Politikverdrossenheit der Bürger entgegenzuwirken. Dies ist jedoch ein Prozess, der nicht von heute auf morgen in Gang gesetzt werden kann. Bisher gibt es zirka zehn Beispiele in Deutschland“, erläuterte Oberbürgermeister Paulick und reagierte damit auf die vom Vorsitzenden des Linkspartei-Ortsverbands Görlitz Mirko Schultze erhobene Forderung nach einem Bürgerhaushalt.
Kein Görlitz-spezifisches Problem
Wie der Oberbürgermeister weiter ausführte, beträfe die Notsituation, wie sie Herr Schultze bezeichnet, nicht nur die Kommune, sondern gleichermaßen auch den Landkreis und den Freistaat Sachsen: „Wir dürfen deshalb hier nicht nur auf Hilfe von oben hoffen, sondern müssen selbst - auch wenn wir der Aufforderung zur Haushaltssicherung voraussichtlich nicht in vollem Umfang gerecht werden können - unseren Willen zur Ausgabensenkung und das Bemühen um die Verbesserung der Einnahmesituation explizit nachweisen."
So müssten laut Paulick noch viel stärker weitere Einnahmequellen akquiriert werden, um kommunale Zuschüsse für freiwillige Leistungen verringern zu können und den Haushalt dadurch zu entlasten. Paulick weiter: „Wenn Herr Schultze schon selbst das Beispiel Tippelmarkt anspricht, sollte er wissen, dass die Organisatoren vom Schlesischen Tippelmarkt e. V. keine finanzielle, sondern lediglich logistische Unterstützung von der Stadt erhalten. Als Mitglied des Fördervereins ViaThea könnte er aktiv um Sponsoren werben.“ Die Kosten der Unterkunft der Arbeitslosengeld-2-Bezieher allerdings ist nicht Sache der Stadt, hier ist der Landkreis Görlitz zuständig.
Kindergartencop am 01.11.2009
Von Hermann Schwiebert am 09.11.2009 - 18:33Uhr
Dem Kommentar vom "Kindergartencop" ist nichts hinzuzufügen. Ich bin ohne Einschränkung der gleichen Auffassung:
Der Stadtrat wurde nicht dazu gewählt, sich gegenseitig zu zerfleischen. Er wurde gewählt, damit er für Görlitz etwas bewegt, Görlitz voran bringt. Dazu gehört eben gegenseitiger Respekt, auch vor unterschiedlichen Meinungen.
Also, tut etwas gegen die Politikverdrossenheit, helft Görlitz.
Es ist unerheblich, ob jemand den OB mag. Es geht auch nicht um Parteienzugehörigkeit.
Es geht nur darum, Vorschläge, die gut sind für Görlitz, aufzugreifen und eine gemeinsame Lösung zu suchen.
Wer das nicht kann, nicht will, hat meines Erachtens ein falsches Verständnis von Demokratie.
Und Herrn "Kindergartencop" möchte ich sagen, warum versteckt er sich hinter einem Pseudonym, wenn er seine demokratischen Rechte wahrnimmt und seinen Standpunkt kundtut.
"Wir trauen zu wenig dem Nebenuns.
Wir träumen zu wenig im Wachen.
Und könnten so leicht das Leben uns
Einander leichter machen."
Joachim Ringelnatz
In diesem Sinne viel Erfolg beim "Trauen dem Nebenuns" wünscht
Hermann Schwiebert
Zum Beitrag "Stadträte in der Verantwortung"
Von Paul am 04.11.2009 - 21:53Uhr
Wenn der Görlitzer Anzeiger schon den Eindruck erweckt, Sprachrohr von Herrn Paulick zu sein (hoffentlich fließen hier nicht öffentliche Mittel an die Redaktion), müssen sich die Redakteure schon an die Wahrheit halten.
Deshalb stimmt es nicht, dass der Oberbürgermeister ein Hauptorgan sei. Die Sächsische Gemeindeordnung definiert im § 27 eindeutig: "Der Gemeinderat ist die Vertretung der Bürger und der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten und das Hauptorgan der Gemeinde. In Städten führt der Gemeinderat die Bezeichnung Stadtrat." Es gibt also nur ein Hauptorgan. Als solches bestimmt der Stadtrat die Grundsätze der Stadtpolitik und nicht der Oberbürgermeister. Der Stadtrat kontrolliert die Verwaltung und den Vollzug der Beschlüsse durch den Bürgermeister.
Die Rechtsstellung des Bürgermeisters ist in § 51 geregelt. Da steht nichts von Hauptorgan.
Die Sächsische Gemeindeordnung kann jeder nachlesen. Sie ist Gesetz und nicht nach Gutdünken auslegbar. Wenn redaktionell schon der Fehler begangen wird, irgend etwas zu behaupten, was nicht stimmt, braucht man sich über polemische Kommentare zu den verschiedenen Themen nicht wundern, denn die allerwenigsten sind mit nachprüfbaren Fakten untermauert.
Anmerkung der Redaktion:
Danke für den Hinweis - es stimmt: In der Sächsischen Gemeindeordnung ist der Begriff Hauptorgan nur im Zusammenhang mit dem Gemeinde- bzw. Stadtrat erwähnt. Wir haben im entsprechenden Beitrag einen Korrekturvermerk gemacht.
Leider war dieser Hinweis auch das einzig Sachliche an der Leserzuschrift. Denn: Wir sind weder Sprachrohr einer politischen Interessengruppe noch fließen öffentliche Mittel an die Redaktion.
Auch halten wir uns an das, was wir als Wahrheit empfinden - wir behaupten nicht "irgend etwas". Die Kommentare unserer Leser sind willkommene Meinungen - und die sind - zum Glück - zu bekannten wie auch unbekannten Fakten unterschiedlich.
Wir geben die Möglichkeit, Meinungen publik zu machen und zu diskutieren - so entsteht ein durchaus vielsagendes Meinungs- und Stimmungsbild der Nutzer unserer Seiten.
Wir freuen uns vor allem über sachliche, kritische, lösungsorientierte, standpunktfundamentierte, hinter- und erleuchtende, geistreiche, humorvolle und wertschätzende Zuschriften!
Muss das sein?
Von Kindergartencop am 01.11.2009 - 21:54Uhr
Wie man sich hier und im Stadtrat zu Sachthemen auseinandersetzt, erinnert mich an Streit zwischen meinen Kindern - "der hat mir den Buddeleimer weggenommen...".
Kann man nicht mal ernsthaft im Sinne einer Lösungsfindung für die Bürger der Stadt diskutieren und die persönlichen Ressentiments bei Seite lassen? Und damit sind alle Beteiligten gemeint!
Niemand kann mit Engstirnigkeit bei den Bürgern punkten. Aufeinander zugehen und gemeinsam die Probleme lösen - das würde weitaus mehr ankommen.
AG Haushalt und Bürgerhaushalt
Von Brand am 29.10.2009 - 16:16Uhr
Werter Herr Ahrens,
ich gebe hier Herrn Eigner vollkommen Recht: Die Art und Weise, wie sie sich hier über den Oberbürgermeister Paulick äußern, ist eines Stadtrates vollkommen unwürdig.
Sie wollen eine konstruktive Diskussion? Herr Ahrens, bevor ich mit Ihnen diskutiere erklären Sie mir erst mal, warum Ihre Fraktion nicht teilgenommen hat?
Nun zu Ihren beiden Links. Hier geht es um Mannheim, mit 312.000 Einwohnern. Anwesend waren 200 Einwohner, es waren 311800 nicht anwesend. Ich gehe mal davon aus, dass in Mannheim das Interesse auch nicht so hoch liegt, am Haushalt mitzuwirken. Herr Ahrens, das gleiche befürchte ich für unsere Stadt. Viele Bürger haben kein Interesse, Ihre Hausaufgaben zu machen, da ist die Politikverdrossenheit schon zu hoch und auch Sie haben mit solchen Artikeln wie diesen Ihre Aktie dran.
Sie sind gewählt. Machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben und verschwenden Sie Ihre Zeit nicht damit, ständig auf dem Oberbürgermeister der Stadt Görlitz rumzuhacken.
Mit freundlichen Grüssen
B. Brand
Linke konstruktiv
Von Weber am 29.10.2009 - 13:34Uhr
Werter Manfred Eigner,
die Annahme, dass Herr Ahrens qua Parteizugehörigkeit Menschen mag bzw. nicht mag, fällt auf Sie selbst zurück. Ich weiß nicht, ob Sie ihn persönlich kennen, ich habe ihn während des Wahlkampfes zum Bundestag kennen gelernt und auch schätzen. Sie liegen, das kann ich versichern, mit Ihrer Einschätzung zur Persönlichkeit von Herrn Ahrens deutlich daneben.
Zum "Inhalt" Ihres Anwurfes:
1. Sie negieren die Erstellung eines Bürgerhaushaltes mit dem Argument, es gäbe in Deutschland eine konstitutionelle Demokratie, d.h. die Bürger wählten ihre Vertreter in die Räte und Parlamente. Damit sei die Vertretung der unterschiedlichen Interessen ausreichend gewährleistet.
Niemand leugnet dies, allein, die Entwicklung zeigt - und eben auch die Demokratie muss weiterentwickelt werden - das plebiszitäre Elemente immer weiter an Bedeutung gewinnen. Und dies eben auch, ohne die Demokratie zu schwächen, sondern um sie zu stärken. Bürgerhaushalte sind hierbei eines der möglichen und probaten Mittel.
Im übrigen geht auch Ihre Interpretation, der Stadtrat fühle sich der Aufgaben nicht gewachsen, fehl. Ich hatte ein Gespräch mit Herrn Ahrens, wie auch mit einem Stadtrat der CDU und konnte bei beiden ein großes Verantwortungsgefühl erkennen.
Zum 2. bitte ich Sie inständig, ihre globale Anschuldigung "Es gibt schon genug Stadträte, die mehr ihren eigenen Interessen als den Interessen der Allgemeinheit folgen." zu unterlegen. Nennen Sie, wenn Sie es denn können, Namen dieser sich bereichernden Stadträte und deren "Bereicherung". Ansonsten ist dies nur eine schäbige allgemeine Diskreditierung.
Weber
Bürgerhaushalt
Von Manfred Eigner am 29.10.2009 - 11:09Uhr
Herr Ahrens, dass SIe als Linker Ihren Oberbürgermeister nicht leiden können ist normal, aber wie Sie mit ihm umgehen ist nicht normal, das disqualifiziert Sie als Stadtrat und als Mensch! Achtung vor dem Amt und der Person heißt ja nicht, dass man jemanden lieben muss.
Wir haben in Deutschland eine konstitutionelle Demokratie, d.h. die Bürger wählen ihre Vertreter in die Räte und Parlamente. Damit ist die Vertretung der unterschiedlichen Interessen gewährleistet.
Haushaltshoheit ist eine der wichtigesten Aufgaben z.B. des Stadtrates. Wenn er sich das nicht mehr zutraut, dann sollte er geschlossen zurücktreten. Es gibt schon genug Stadträte, die mehr ihren eigenen Interessen als den Interessen der Allgemeinheit folgen. Die Bürger sollten denen endlich mal die Leviten lesen!
AG Haushalt und Bürgerhaushalt
Von Thorsten Ahrens am 28.10.2009 - 21:49Uhr
Zur Absurdität der Arbeitsgruppe Haushalt (AG Haushalt) des OB Paulick erklärt Thorsten Ahrens, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE.:
„Nicht die Stadträte, sondern Herr Paulick hat sich entschlossen die Arbeit der Haushaltsgruppe de fakto einzustellen. Durch seine Positionierung, Vorschläge aus dem Stadtrat in der Gruppe gar nicht erst ernsthaft zu diskutieren, hat er selbst die alleinige Verantwortung für das Scheitern konstruktiver Gespräche. Darüber hinaus ist Paulicks Verhalten kaum anders zu interpretieren, als dass er dies bewusst und bereits im Vorfeld so plante.“
Überrascht, aber mit Freude, nimmt die Linksfraktion dagegen Paulicks Zustimmung zum erneuten Vorschlag der Sozialisten zur Kenntnis, einen Bürgerhaushalt für Görlitz zu unterstützen. Hatte Paulick doch bisher auf Anträge der Linksfraktion eben hierzu stets angelehnt.
Nun kann Paulick zeigen, ob es sich hierbei um einen echten Sinneswandel oder eine weitere Schizophrenie seines politischen Agierens handelt. „Wir werden ihn an diesen Worten messen“, so Ahrens dazu."Und wir werden ihm dieses, für die Stadt schädliche Verhalten, nicht durchgehen lassen."
Thorsten Ahrens
Vorsitzender Linksfraktion Stadtrat Görlitz
Anbei einige interessante Links, die so manche Äußerung von Oberbürgermeister Paulick als falsch überführen:
www.buergerhaushalt.org/neuigkeiten/zitat-der-woche-helft-eurer-armen-stadt/
www.welt.de/die-welt/politik/article4885033/Helft-eurer-armen-Stadt.html
Ich freue mich auf die weitere, hoffentlich konstruktive Diskussion.
Ahrens
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- Quelle: /red | Foto: /BeierMedia.de | Erstveröffentlichung 28.10.2009 - 16:58 Uhr
- Erstellt am 28.10.2009 - 16:26Uhr | Zuletzt geändert am 05.11.2009 - 08:42Uhr
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