Förderverein Stadthalle Görlitz spricht von Trauerspiel
Görlitz, 7. Oktober 2017. Für den Außenstehenden mag das seltsam anmuten: Die Stadt Görlitz ist stolz auf ihre fast 4.000 Baudenkmäler und gibt via Wirtschaftsförderungsgesellschaft viel Geld fürs Tuten und Blasen aus, damit die schönen Fassaden Touristen anlocken, doch bei der Sanierung der Stadthalle schleift es. Das stört auch den Förderverein Stadthalle Görlitz e.V., dessen Vorsitzender Thomas Leder dem Görlitzer Anzeiger die nachstehend wiedergegebene Mitteilung (ohne Bilder und Bildunterschriften) zugeleitet hat.
Abbildung oben: Die Stadthalle Görlitz ist seit 2005 geschlossen und dient nach Meinung des Fördervereins nur noch als Kulisse für ein Trauerspiel.
Verhinderungsbaustelle Stadthalle - jetzt neu mit Tageslichtsaal
Thema: Stadthalle Görlitz
Die Stadthalle Görlitz wurde 1910 als Veranstaltungsort des Schlesischen Musikfestes eröffnet. Hoher Sanierungsbedarf und die ungenügende Selbstfinanzierung führten im Jahr 2005 zur Einstellung des Betriebs und zu Verkaufsbestrebungen seitens der Stadt Görlitz. Die Ende Januar 2010 vom Stadtrat beschlossene Sanierung wurde, ohne dass Arbeiten am Gebäude begonnen hätten, im Oktober 2012 gestoppt, weil Fristen für Fördermittel zu kurz waren. Erst 2018 stellten Bund und Land Geld für eine über die Sicherung hinausgehende Sanierung bereit. Eine große Herausforderung stellen die Betriebskosten für die Stadthalle Görlitz dar.
- Wird die Stadthalle Görlitz ein Kostengrab? [05.05.2022]
- Finanzierungsloch bei Sanierung der Görlitzer Stadthalle [09.03.2022]
- Görlitzer Unternehmerverband zur Stadthalle Görlitz [27.01.2022]
Das Trauerspiel um die Stadthalle geht weiter.
- Der Baubeschluss wurde nicht gefasst.
- Der Stadthallengarten und Parkplätze an der Stadthalle bleiben nach wie vor unberücksichtigt.
- Der kleine Saal ist nur bei Tageslicht nutzbar.
In der selben Stadtratssitzung wird eine Parksanierung im Gebiet des Neißeufers, die wünschenswert ist, aber keine Eile hat, mit über 700.000 Euro beschlossen und der Stadthallengarten mit über 10.000 Besuchern im Jahr bekommt 5.000 Euro. Jakob Böhme wird im Park versteckt. Neben dem Meridian an der Stadthalle wäre er besser aufgehoben. Parksanierungen sind immer eine gute Sache, aber warum diese Reihenfolge? Warum ohne Stadthallengarten und Parkplätze?
Der kleine Saal der Stadthalle sollte ab 2019 unbeheizt vom Mai bis September nutzbar sein. Eine Unverschämtheit ist es, wie jetzt erst durch diese Vorlage bekannt wird, dass der kleine Saal nur bei Tageslicht genutzt werden darf und ein Caterer im Vorraum keine elektrischen Geräte betreiben darf. Das Catering kann zwar außen bewerkstelligt werden, dies aber nur mit einem beträchtlichen Mehraufwand, der manchen Nutzer abschrecken wird. Aber letztlich können im kleinen Saal Veranstaltungen nur bis zum späten Nachmittag stattfinden, denn wer weiß denn vorab, ob um 19 oder 20 Uhr wolkiges Wetter herrscht und eine Beleuchtung erforderlich wird.
Bei uns fragen Firmen und Privatpersonen an, die den kleinen Saal nutzen möchten. Immer wieder wird gefragt, ob man in der Stadthalle eine Hochzeitsfeier ausrichten kann. In einem TAGESLICHTSAAL nun nicht, denn eine solche Feier wird man kaum um 20 Uhr beenden!
Sind unter diesem Gesichtspunkt alle jetzt geplanten Umbauten im Erd- und Kellergeschoss und eine sehr aufwändige Bauwerksabdichtung wirklich erforderlich, bevor im kleinen Saal eine Nutzung auch abends erfolgen kann? Das hätten wir schon im Jahr 2015 hinterfragt, wenn diese Tageslicht-Einschränkung bekannt geworden wäre. Es gilt nun nachzubessern und Lösungen aufzuzeigen, damit der kleine Saal auch abends genutzt werden kann.
So viel "ES GEHT NICHT" wie bei der Stadthalle ist nicht hinnehmbar. Vier Millionen ausgeben und einen Tageslichtsaal noch als Erfolg verbuchen – dafür haben wir kein Verständnis!
Kommentar:
Klar steht ein Betreiberkonzept für die Stadthalle Görlitz den Sternen. Klar könnte man gucken, wie das anderenorts funktioniert. Klar könnte die Görlitzer Stadthalle nicht nur wegen ihrer Lage an der Nahtstelle ein kultureller Schmelztiegel für den deutschen und den polnischen Stadtteil sein. Alles klar, nur der Termin für eine Wiedereröffnung nicht.
Dabei arbeitet die Zeit gegen die Görlitzer Stadthalle. In Löbau ist eine zweckmäßige, aber seelenlose Messe- und Veranstaltungshalle entstanden, in Görlitz selbst sind traditionell in der Stadthalle angesiedelte Veranstaltungen gar in eine Brauerei abgewandert. Inzwischen schafft das Kulturforum Neue Synagoge in der Neißestadt neue Kapazitäten für Veranstaltungen im kleineren Rahmen. Das alles und die Tatsache, dass ein Stadthallenbetrieb wohl stets defizitär sein wird, stärkt Stimmen, die hinterfragen, ob die Stadthalle denn überhaupt noch gebraucht wird oder ihre Bewirtschaftung sinnvoll ist.
Ganz egal, wie man sich positioniert, ob man eher geneigt ist, in ein paar Kilogramm TNT oder in eine baldige Wiedereröffnung zu investieren: Eine aus einer "Ja, aber"- und "geht nicht"-Politik resultierende zögerliche Sanierung ist der schlechteste Weg, weil die Aufwendungen sich auf unabsehbare Zeit nicht als Nutzen für den Bürger niederschlagen.
Warum muss ich jetzt an einen Berliner Flughafen denken? Der Vergleich hinkt, aber die Wirkung ist dieselbe, meint Ihr
Thomas Beier
Stadthalle Görlitz
Von Siegmund Menzel am 31.03.2018 - 13:35Uhr
Während des Lebens in meiner Geburtsstadt Görlitz waren Besuche der Stadthalle, besonders Konzertbesuche, immer besonderere Höhepunkte. Die Stadthalle ist ein Juwel der Stadt Görlitz.
Endlich konnte man nun nach der langen Schließung und dem Verfallsbeginn dank des Wirkens des Fördervereins und tausender Unterstützer auf eine baldige Wiederbelebung und Wiedereröffnung hoffen. Die Förderung des Projektes durch höchste Instanzen konnte erwirkt werden.
Nun muss ich venehmen, dass der Stadtrat den fälligen Baubeschluss für die weitere Sanierung nicht gefasst hat. Das ist nicht zu begreifen. Welche Gründe sprechen denn bei der Obrigkeit gegen dieses Vorhaben? Was verschweigt man der Öffentlichkeit?
Stadthalle Görlitz
Von Wolfgang Georgi am 13.03.2018 - 18:46Uhr
Als gebürtiger Görlitzer empfinde ich es als eine Schande, wie man mit der Stadthalle umgegangen ist und umgeht. Die Stadthalle könnte ein Treffpunkt und Kulturaustausch zwischen Görlitzern und den Nachbarn sein. Holen Sie die polnischen Mitbürger ins Boot zum Wiederaufbau und zur friedlichen Nutzung!
Es werden dann internationale Künstler und auch das Fernsehen sich die Klinke in die Hand geben. Zu DDR-Zeiten hat das auch funktioniert!
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- Quelle: red | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
- Erstellt am 07.10.2017 - 10:33Uhr | Zuletzt geändert am 07.10.2017 - 11:28Uhr
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