Ein Glücksfall für Görlitz

Ein Glücksfall für GörlitzGörlitz, 4. Februar 2011. Die Wandmalereien, die im Oktober des Jahres 2010 im Haus Obermarkt 34 in Görlitz im Zuge der durch die Denkmalschutzbehörde angeordneten Befunduntersuchung entdeckt wurden, werden zur Zeit von Restauratoren freigelegt. Der Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde Peter Mitsching freut sich: „Dass diese Gemälde so gut erhalten sind, ist ein Glücksfall für uns als Denkmalschützer, für die Stadtgeschichte und auch für den Bauherrn“. Seit Dezember arbeiten Fachleute an den Gemälden in diesem Raum. In der Zwischenzeit wurden mehrere Motive auch auf der gegenüberliegenden Wand unter den Bögen und zwischen den Fenstern sichtbar gemacht. Die hintere fensterseitige Raumhälfte ist in der gesamten Raumhöhe bemalt. Dabei sind die Fensternischen mit Gemälden und die Wand- und Fensterpfeiler mit Ornamentmalerei (Kandelabermalerei) versehen.

Foto: Stadtverwaltung Görlitz
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Mitsching: „Spannende Geschichte mit vielen Rätseln“

Mitsching: „Spannende Geschichte mit vielen Rätseln“
Datiert werden die Görlitzer Wandgemälde, die jetzt restauriert werden, auf die Zeit kurz vor Mitte des 16. Jahrhunderts
Foto: Stadtverwaltung Görlitz

Ein Gemälde, das sich in einer Wandnische befindet, lässt eine Ähnlichkeit mit dem Bild „Gesetz und Gnade“ von Lucas Cranach d. Ä. erkennen. Es zeigt im oberen Bereich Figurengruppen mit den typischen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament: Die Hölle, Tod und Teufel, die Propheten mit Moses, den bußfertigen Sünder und Johannes den Täufer, Jesus bezwingt den Tod. Im oberen Teil des Bildes sind Teile von Motiven, wie Adam und Eva am Baum der Erkenntnis, Gott Vater im Wolkenkranz, das Lamm, das die Sünde der Welt trägt und möglicherweise eine Kreuzigung und die Himmelfahrt schon im Ansatz erkennbar.

Unter diesem Gemälde sind ein Fries mit Landschaftsmalerei sowie eine Architekturdarstellung im Hintergrund und vorn fünf Portraits in einer Architekturumrahmung zu erkennen. Die linke Nische zeigt einen ebensolchen Figurenfries.

Die eindrucksvollen Wandmalereien werden zurzeit weiter freigelegt, gereinigt, gefestigt und anschließend retuschiert.

Der Stil lässt vermuten, dass verschiedene Maler am Werk gewesen sind. Welche Künstler sich zur damaligen Zeit im Haus Obermarkt 34 verewigten, dafür sind keine Spuren gefunden worden. Vermutlich entstanden diese Wandgemälde zwischen 1540 und 1550, denn kurz davor malte Lucas Cranach d. Ä. das erwähnte „Gesetz und Gnade“. Mitsching ist wieder einmal von einem vielen Görlitzer baulichen Kleinode fasziniert: „Es ist eine spannende Geschichte, die noch viele Rätsel aufgeben wird.“

Die Altstadtstiftung und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligen sich an der Rettung der Wandmalereien.

Das Haus Obermarkt 34 soll neben der im Erdgeschoss befindlichen Gaststätte ein Hotel und Wohnungen beherbergen. Eröffnet werden soll voraussichtlich im Mai 2011. Vorgesehen ist, den ausgemalten Raum als Frühstücksraum des Hotels zu nutzen. Vorher werden jedoch die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen und die Malereien vor Beschädigung gesichert.

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  • Quelle: red | Fotos: Stadtverwaltung Görlitz
  • Erstellt am 04.02.2011 - 11:07Uhr | Zuletzt geändert am 23.05.2022 - 14:21Uhr
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