Hacksilberschätze des Oder-Neiße-Gebiets

Hacksilberschätze des Oder-Neiße-GebietsGörlitz | Göttingen | Heidelberg, 30. September 2016. Im kommenden Jahr geht es los: Dann erforschen die Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur gemeinsam mit dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Georg-August-Universität Göttingen und dem Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie an der Universität Heidelberg sogenannte Hacksilberschätze, die im Gebiet an Oder und Neiße gefunden wurden. Dieses heutige deutsche und polnische Oder-Neiße-Gebiet war im Frühmittelalter für Ostmitteleuropa ein zentraler Kommunikations- und Wirtschaftsraum. Möglich macht die Forschungen eine großzügige Förderung der VolkswagenStiftung, die damit Museen in ihrem Wirken als Forschungseinrichtungen unterstützt.

Foto: René Pech, © Kulturhistorisches Museum, Görlitz
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Archäologisch-analytische Forschungen sollen Herkunft des Silbers im frühmittelalterlichen Ostmitteleuropa klären

Im Kern geht es um rund 20 frühmittelalterliche Silberschätze, die auf die Zeit zwischen ungefähr 940 und 1070 datiert sind. Zwei davon befinden sich im Kulturhistorischen Museum zu Görlitz.

Weshalb Münzen und Schmuck zerhackt wurden

Hacksilberschätze haben ihren Namen erhalten, weil sie aus geteilten - zerhackten - Münzen und Schmuck, dem das gleiche Schicksal zuteil wurde, bestehen. Sie geben Zeugnis von der im östlichen und nördlichen Europa vom 9. bis 11. Jahrhundert üblichen Gewichtsgeldwirtschaft.

Die Silbermünzen besaßen - im Gegensatz zum heutigen Geld - keinen Nominalwert, der Wert der Währung bestand allein in der Menge des gemünzten oder als Schmuck verarbeiteten Edelmetalls; so war die Währung stets vollständig gedeckt. Genau deshalb aber war es ziemlich egal, ob der oft aufwendig erzeugte Schmuck beschädigt wurde: Je nach Bedarf wurden Münzen und Schmuck zerstückelt und mittels Feinwaage in ihrem Wert bestimmt.

Islamische Münzen dominierten im Oder-Neiße-Gebiet

Die Orte, an denen die Münzen geprägt wurden, lassen auf ausgedehnte Fernhandelsbeziehungen schließen. Bis etwa 970 lassen sich in den slawischen Schätzen vor allem silberne Dirhem aus dem asiatisch-arabischen Raum, bevorzugt aus dem sassanidischen Emirat im heutigen Usbekistan nachweisen. Danach wurden die Münzen aus islamischeen Regionen nach und nach durch westeuropäische Silberdenare, die hauptsächlich aus dem ostfränkischen Reich stammen, abgelöst.

Parallel dazu wurde immer weniger zerhackter Schmuck als Zahlungsmittel verwendet, zirka ab dem Jahr 1050 gar nicht mehr.

Was soll erforscht werden?

Silberbergbau wurde in dieser frühmittelalterlichen Periode in Buchara und Samarkand sowie seit ungefährt 960 auch im Harz betrieben. Für die Wissenschaft ist jedoch offen, woher das Silber für die Münzprägung und den Schmuck kam und wo der Schmuck hergestellt wurde.

Genau hier setzt jetzt das Görlitzer Forschungsprojekt an. Mit archäologischen und naturwissenschaftlichen Methoden soll bis zum Jahr 2019 ein Erkenntnisgewinn generiert werden, der auch in einer Sonderausstellung im Görlitzer Kulturhistorischen Museum zu sehen sein wird.

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  • Quelle: red | Foto: René Pech, © Kulturhistorisches Museum, Görlitz
  • Erstellt am 30.09.2016 - 07:22Uhr | Zuletzt geändert am 14.10.2022 - 07:54Uhr
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