Preis für Görlitzer Wissenschaftler

Preis für Görlitzer WissenschaftlerGörlitz | Zittau, 10. Juli 2014. Prof. Dr. rer. nat. Matthias Schmidt vom Studiengang Kommunikationspsychologie der Hochschule Zittau/Görlitz hat gemeinsam mit Ina Zwingmann, Jürgen Wegge, Matthias Rudolf und Peter Richter vom Institut für Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologie der TU Dresden und Sandra Wolf von einer Unternehmensberatung für Ihre Forschungen, die den Zusammenhang zwischen Führungsverhalten und psychischer sowie physischer Gesundheit der Geführten auch im internationalen Vergleich belegen, einen Preis erhalten. Grundlage dafür war ihre bei der vom 24. bis 26. Juni 2014 stattgefundenen International Conference of Work, Wellbeing and Performance des Institute of Work Psychology (IWP) in Sheffield, Großbritannien, vorgestellte Studie, die einen Zusammenhang zwischen Führungsverhalten und psychischer wie physischer Gesundheit von Mitarbeitern auch im internationalen Vergleich belegt.

Foto: © Hochschule Zittau/Görlitz
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Wie wichtig gutes Geführtwerden für Mitarbeiter ist

Der eingereichte Beitrag mit dem Titel: „Is transformational leadership healthy for employees? A multilevel analysis in 16 nations“ (Ist transformationale Führung gesund für die Beschäftigten? Eine Analyse auf mehreren Ebenen in 16 Ländern) wurde mit dem "Best Paper Award" der international renommierten Konferenz ausgezeichnet.

Die hier vorgestellten neuen Erkenntnisse könnern dazu beitragen, bessere Trainingsmethoden für Führungskräfte in international agierenden Unternehmen zu entwickeln.

In der Studie wurde nachgewiesen, dass tranformationale Führung - ein Führungsverhalten, bei dem die Mitarbeiter mit Vertrauen, Loyalität und Respekt behandelt werden - die Gesundheit der Mitarbeiter fördern kann. demnach sind gemeinsame Visionen im Unternehmen oder in der Organisation, klare Ziele, Aufgaben und Belohnungen durch die Führungskraft wichtige Faktoren zur Gesundheitsförderung von Mitarbeitern weltweit.

Um das herauszufinden, haben die Forscher in 16 Ländern 93.576 Mitarbeiter in 11.177 Teams eines großen international agierenden Unternehmens untersucht. Außerdem wurden interkulturelle Unterschiede betrachtet, wie beispielsweise, wie die Hochschule Zittau/Görlitz mitteilt, " nationale Unterschiede in erlebter Machtdistanz, die den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Führung moderieren". Die Mehrebenen Analyse zeige sehr deutlich, heißt es weiter, dass transformationale Führung und angemessene Belohnungen gesundheitsförderlich wirken können.

Die Wissenschaftler hätten zudem erwartete negative Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Laissez-faire-Führung, bei der weitgehend auf das Eingreifen des Vorgesetzten in die Arbeitsabläufe verzichtet wird, gefunden. Ohne jegliche Rückmeldung zur eigenen Arbeit nehme die Motivation daher schnell ab, was häufig auch zum Verlust von Eigeninitiative und zu Konflikten in Teams führen könne. Es werde unter solch einer Führung nur das Nötigste gemacht, denn alles was darüber hinaus geht, werde nicht 'belohnt'.

"In Teams mit hohem Krankenstand, resignierten Mitarbeitern, die nur Dienst nach Vorschrift tun, sind auch keine Motivationstrainings mehr sinnvoll. Daher wird in der Ausbildung von Führungskräften umgedacht, denn kranke und unmotivierte Mitarbeiter sind ein immenser Kostenfaktor für die Allgemeinheit und die Privatwirtschaft. So werden die Auswirkungen der sogenannten weichen Faktoren wie Führungsverhalten und Kommunikation plötzlich doch recht hart, wenn sie hohe finanzielle Verluste in Milliardenhöhe zur Folge haben. Neben organisationalen Fähigkeiten steigen bei Führungskräften die Anforderungen an kommunikativen Kompetenzen im Umgang mit der Belegschaft. Der Studiengang Kommunikationspsychologie entwickelt Methoden und Werkzeuge, um Verständigungsprozesse in Organisationen zu optimieren", so die Hochschule abschließend.

Kommentar:

Gerade, wenn es um die Führungswissenschaften geht, hinkt die öffentliche Forschung in Deutschland schnell mal Jahrzehnte hinterher. Prima also und Glückwunsch, wenn Sachsen hier einen Preis gewinnen.

Gute Führungskräfte zeichnen sich dadurch aus, dass sie möglichst alle Führungsstile beherrschen und personen- wie auch situationsgerecht anwenden können. Nicht nur die Mitarbeiter sind durch unterschiedliche Erfahrungen geprägt und haben unterschiedliche Erwartungen und Verhaltensmotive, auch die Führungskräfte unterscheiden sich - wie alle Menschen - in ihrer psycho-genetischen Prägung und ihren bevorzugten Führungsmethoden. Selbst Laissez-faire - was streng genommen gar nicht zu den klassischen Führungsstilen gehört - kann in einer Phase richtig sein, beispielsweise wenn ein hochkreatives Team sich "zusammendiskutieren" muss. Richtig angewendetes Führungswissen ist ausschlaggebend für das Betriebsklima und hat hohen Einfluss auf Wohlbefinden und Gesundheit der Mitarbeiter, das ist ein alter Hut.

Aber wann bitte sind denn "Motivationstrainings" sinnvoll? Man kann Mitarbeiter nicht motivieren, von sich aus (intrinsisch) die Ziele eines anderen, so auch der Führungskraft, zu erfüllen - aber mangels Führungswissen und -erfahrung und ungeeigneter Rahmenbedingungen (Stichwort: Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg) ist es sehr einfach, Menschen zu demotivieren. Übrigens auch durch mangelnde Kontrolle, denn erst die macht dem Mitarbeiter klar, dass sein Job wichtig ist, und durch falsches Loben, das - obwohl gut gemeint - oft genug als Zurücksetzung ankommt.

Innerlich demotivierte Mitarbeiter kann man aber nur noch "von außen" (extrinsich) motivieren: Mit Belohnungen oder Bedrohungen, die übrigens in der Führungspraxis sehr schnell funktionieren, zum Beispiel: "Lieber Kommunikationspsychologe, Du jätest heute das Gärtchen Deines Profs, ansonsten sehe ich schwarz für Deine nächste Prüfung!" Und ganz plötzlich hat der Studiosus ein glänzendes Motiv für die ungeliebte Gartenarbeit (dieses Beispiel ist selbstredend völlig aus der Luft gegriffen).

Aber all das ist nicht zwangsläufig Hochschulwissen, sondern gehört zur Grundbesohlung jeder guten Führungskraft und wird von einer Vielzahl von Personal- und Organisationsberatern vermittelt. Wenn dies jedoch von den Forschern nun in einen interkulturellen Kontext gestellt und belegt wurde, ist das spannend. Denn schon allein in Deutschland entwickeln internationale Konzerne unterschiedliche Unternehmenskulturen und Führungsrituale,

so die Erfahrung von Thomas Beier


Der freiberuflich tätige Unternehmensberater Thomas Beier betreut seit zwanzig Jahren im Verbund der Saxon Consulting Group, deren Knowledge Center das im Jahr 2001 ins Leben gerufene IWN Institut für Wirtschaftsführung und angewandte Neuro-Ökonomie ist, mittelständische Unternehmen u.a. bei der Entwicklung von Dominanz und Faszination im Markt sowie in der Personal- und Organisationsentwicklung und bei Führungsproblemen.

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  • Quelle: red | Foto: © Hochschule Zittau/Görlitz
  • Erstellt am 10.07.2014 - 18:16Uhr | Zuletzt geändert am 13.10.2022 - 09:52Uhr
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