Görlitzer werden lohnt sich wieder!
Görlitz, 6. November 2012. Dieses Foto lügt: Die unten abgebildeten Herren sind gar keine Neu-Görlitzer! Jedoch repräsentieren Sie die Stadt Görlitz bzw. städtisches (Mit)Eigentum in Form von Unternehmen. Mit in einem Begrüßungspaket verpackten Geschenken wollen diese Unternehmen Leuten, die ihren Wohnsitz nach Görlitz verlegen, diese Entscheidung dafür unter bestimmten Bedingungen versüßen.
Begrüßungspaket ab sofort bis vorerst Ende 2013
Das Begrüßungspaket wird geschnürt von der WBG Sanierungs- und Entwicklungsgesellschaft Görlitz mbH (WBG), der Stadtwerke Görlitz AG (SWG) und der wie SWG ebenfalls zum Veolia-Konzern gehörenden Verkehrsgesellschaft Görlitz (VGG) und soll den Zuzug in die Neißestadt unterstützen.
Vorteile nur für zugezogene Kunden
Wer das Begrüßungspaket erhalten will, muss erst einmal bei WBG und zugleich bei SWG Kunde werden, konkret: Wahl-Görlitzer, die mindestens einen 18-monatigen Mietvertrag bei der WBG abschließen und gleichzeitig Stromkunden bei der SWG werden, brauchen bestimmte Kosten nicht selbst zu tragen.
Wohnen, Strom und Nahverkehr für lau
Die WBG verzichtet für die Einrichtung der neuen Wohnung in den ersten drei Monaten auf die Kaltmiete und finanziert in der Umzugsphase zwei Übernachtungen für zwei Personen in der "Alten herberge", einer Tochtergesellschaft der WBG. Von SWG kommt ein Energiesparpaket hinzu, außerdem erhalten die Neukunden nach Ablauf des ersten Jahres als SWG-Stromkunde eine Gutschrift über einen durchschnittlichen Monatsverbrauch. Und die VGG lässt die Neu-Görlitzer-WBG-und-SWFG-Kunden satte drei Monate lang mit Bus und Bahn durch ihre neue Heimat fahren, ohne auch nur einen einzigen Cent dafür zu nehmen. Um nicht als Neu-Görlitzer-Schwarzfahrer eingestuft zu werden, gibt es für die Zugezogenen bei Übergabe der WBG-Wohnung eine ganz persönliche "NEUGÖRLITZER-CARD".
Die Begrüßungspaket-Aktion wurde am 6. November 2012 auf einer Pressekonferenz bei der WBG bekanntgegeben und gilt ab sofort bis vorerst bis Ende 2013. Dann soll über eine Verlängerung entschieden werden.
OB Deinege: "Eine wunderbare Initiative!"
Nach Angaben der WBG sind weitere Görlitzer Dienstleister bereit, sich in das Begrüßungspaket einzubringen. Oberbürgermeister Siegfried Deinege begrüßte die Aktivitäten der drei Gesellschaften: “Das ist eine wunderbare Initiative und ich bin sehr froh, dass WBG, SWG und VGG hier zusammenarbeiten und dieses Begrüßungspaket für Neugörlitzer initiieren. Wir wollen Neugörlitzern den Start in unserer Stadt so leicht und so attraktiv wie möglich machen, denn wir haben nicht nur eine wundervolle Stadt zum Leben, sondern auch freundliche und hilfsbereite Bürgerinnen und Bürger. Und für weitere kreative Ideen, wie wir Neugörlitzer willkommen heißen können, ist immer Platz. Das ist auch Wunsch der Initiatoren."
Schrumpfende Stadt freut sich über jeden neuen Bürger
Erstmals im Jahr 2008 überschritt die Zahl der Zuzüge nach Görlitz die Zahl der Wegzüge, jedoch bleibt die Geburtenzahl noch immer hinter der Sterberate zurück. Der reale Bevölkerungsrückgang verlief in den letzten zehn Jahren nicht ganz so dramatisch, wie ihn die Bertelsmann Stiftung in ihrem "Wegweiser Demografischer Wandel" vorhergesagt hatte. Ausgehend von 58.518 Einwohnern mit Hauptwohnsitz in Görlitz per 31. Dezember 2003 hatte die Stiftung zum Jahresende 2010 nur noch 52.278 Einwohner erwartet, in der Tat waren es jedoch immerhin noch 55.596 (Quelle: wikipedia).
Laut Bertelsmann Stiftung könnte in Görlitz die Zahl der 19- bis 24-Jährigen zwischen 2009 und 2030 um 41,6 Prozent zurückgehen, während die Anzahl der ab 80-Jährigen in der gleichen Zeitspanne möglicherweise um 62,8 Prozent anwächst.
Unabhängig von aller Statistik wollen die drei Begrüßungspaket-Partner der ersten Stunde allen Neu-Görlitzern signalisieren: "Schön, dass Sie da sind!“
Die der Aktion "Probewohnen“ soll übrigens im Frühjahr 2013 fortgeführt werden und könnte sich mit dem Begrüßungspaket ergänzen.
Kommentar:
Eigentlich fragt man ja, wenn es nicht so gut läuft, "Was ist das Gute am Schlechten?", beim auf den ersten Blick so positiven Begrüßungspaket für Neu-Görlitzer allerdings müsste man fragen: "Was ist das Schlechte am Guten?"
Wer ist die Zielgruppe dieser Marketingaktion? Die "Neu-Görlitzer" wären dafür nicht sonderlich pfiffig ausgewählt, denn die sind als solche ja dann schon mal da. Ernsthaft: Wer macht die Entscheidung, in welche Stadt er umzieht, davon abhängig, ob drei Monate Kaltmiete, drei Monate Nahverkehr und ein Monat Stromrechnung für lau zu haben sind?
Zu befürchten ist, dass hier auf Einnahmen zugunsten von Mitnahmeeffekten verzichtet wird, ausgerechnet auch noch von Gesellschaften, an denen die Stadt wirtschaftliches Interesse hat.
Und hoffentlich haben sich die Justiziare der beteiligten Gesellschaften das Begrüßungspaket vorab angesehen - unabhängig von einer rechtlichen Würdigung dürfte es dem Görlitzer, der in der Stadt in eine WBG-Wohnung umzieht, schwer zu vermitteln sein, warum ein "Auswärtiger" ein Quartal lang die Nettokaltmiete spart und er nicht. Vielleicht guckt sich der verwunderte Görlitzer dann mal in anderen Städten um, wie die Begrüßungspakete dort aussehen,
fürchtet Ihr Fritz R. Stänker
Mehr:
http://wegweiser-kommune.de/datenprognosen/prognose/Prognose.action
Ergebnis: Ist das "Begrüßungspaket für Neu-Görlitzer" sinnvoll?
Umfrage seit dem 06.11.2012
Teilnahme: 237 Stimmen
Warum so voller Neid?
Von Hermann Schwiebert am 29.11.2012 - 03:27Uhr
Ich als Wessi war gerne NEU-Görlitzer Bürger. Dass ich Görlitz wieder verlassen habe, hatte aber auch rein gar nichts mit den Görlitzer Bürgern zu tun. Ich fühlte mich gut aufgenommen und fand schnell Freunde, besonders im Görlitzer Shanty-Chor. Ich musste Görlitz wegen der hohen Feinstaubbelastung wieder verlassen. Das bedauere ich bis heute, denn ich habe mich bei Euch heimisch gefühlt. Es liegt ja auch nicht zuletzt an einem selbst, wie man in einer fremden Stadt aufgenommen wird.
Dennoch - ich bin ein Freund der offenen Worte - muss ich einmal sagen, dass viele Görlitzer so sehr mit sich selbst beschäftigt sind, dass sie keine Neubürger brauchen, dass sie vielleicht auch keine Altbürger brauchen. Ich habe immer wieder erlebt, dass Görlitzer gerne von sich selbst berichten, was sie in der DDR erlebt haben, wie sie gelebt haben. Stundenlang habe ich zugehört, wirklich interessiert zugehört. Aber ich habe nicht einmal erlebt, dass sich ein Görlitzer für meine Herkunft, meine Vergangenheit interessiert hat. Niemand hat jemals gefragt, wie ich im Westen groß geworden bin, welche Werte ich kennen gelernt habe. Schade.
Und nun lese ich hier mit Erstaunen wieder, wie manche Leser neidisch auf Neuzugänge schauen. Warum das? Was kostet die Straßenbahnkarte der Stadt Görlitz denn für Geld? Es ist doch nicht einmal gesagt, dass die Karte überhaupt genutzt wird. Oder das Thema mit den Freimieten. Gibt es in vielen Städten auch, Leipzig hatte viel Erfolg damit. Das Klientel der WBG ist nicht unbedingt das Klientel der freien Immobilienbesitzer. Der eine nimmt dem anderen doch nichts weg. Also, lieber Fritz Stänker, die Stadt verzichtet auf keine Einnahmen, die sie sonst ohnehin nicht hätte. Wenn jemand auf die Idee käme nach Görlitz zu ziehen, um drei Mieten zu sparen, hätte die Stadt einen Neubürger, der ab 4. Monat Miete zahlt, der Steuern zahlt, der konsumiert.
Ich persönlich sehe das Paket mehr als Werbegag. Es kostet nichts, weil niemand es in Anspruch nimmt. Aber man wird auf Görlitz wieder aufmerksam. Und das ist doch der Knackpunkt. Liebe Görlitzer, tut doch auch mal was für Eure Stadt. Trommelt, trommelt, trommelt und hört auf zu mäkeln. Ihr seht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Ihr seht nicht, was Ihr alles schon geschafft habt, Ihr tollen Bürger einer tollen Stadt da ganz weit im Osten.
Euer Mitbürger Daniel Breutmann, der weiß, wie man für Görlitz trommelt.
Liebe Grüße aus Bremerhaven
Hermann Schwiebert
Spende den Besen
Von kobold am 28.11.2012 - 20:38Uhr
@Maxi - Ihr Engagement ist wirklich schon im Ansatz lobenswert. Nehmen Sie doch den Besen, Handfeger und Schaufel, und beheben das " Desaster".
Ich freue mich, endlich einen "Neugörlitzer" gefunden zu haben, der hier auch etwas Sinnvolles anstellen will außer Rente zu beziehen oder kein Deutsch lernen zu wollen.
Neue Bürger für Görlitz
Von Maxi am 28.11.2012 - 14:01Uhr
Waren Sie mal zwischen 12 und 13 Uhr auf der Berliner Straße, wenn vor den Geschäften, z.B. Straßburgpassage etc., ganze Gruppen stehen, die rauchen und dann die Kippen auf das neue Pflaster werfen?
Das macht auf Touristen und Neubürger keinen guten Eindruck von der Stadt.
Kreativität und Engagement sichtbar
Von Aniko am 28.11.2012 - 08:57Uhr
Ich finde es sehr gut, wenn OB und weitere Akteure Ideen schmieden und versuchen, die Stadt attraktiver zu machen. Und wenn die Sachen mal nicht die Wirkung entfalten, die sie ursprünglich sollten, kann ja immer noch revidiert, angepasst oder abgebrochen werden.
In diesesm Sinne lade ich die Kommentierer von dieser Seite dazu ein, selbst kreative, zügig umsetzbare Vorschläge auszuarbeiten und am besten gleich selbst umzusetzen (oder der Stadt mitzuteilen).
Meckerer gibt es ja gut.
An Maxi: Guter Beitrag. Das Klima/die Stimmung in Görlitz, gerade auch gegenüber Neuen (egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, egal, ob aus Sachsen oder westlicher davon), muss geändert werden!
Begrüßungspaket für NEU Görlitzer
Von Maxi am 21.11.2012 - 14:41Uhr
Ich bin ein NEU Görlitzer seit 2007 und brauche KEIN Begrüßungspaket - viel wichtiger ist es, von den ALT- Görlitzerbürgern hier willkommen zu sein und akzeptiert zu werden.
Wir haben oft genug den Spruch gehört:Was wollen SIe denn hier aus dem GOLDENEN Westen, denn die meisten der Neu-Görlitzer sind aus den alten Bundesländern. Wir suchen gerade eine NEUE Heimat und wollen weg aus Görlitz.
Eine Schulung oder Aufklärung der Alt-Görlitzer halte ich für sinnvoll denn WIR nehmen keinem etwas weg, im Gegenteil, wir sorgen für Umsatz in den Geschäften.
Wir könnten uns hier wohlfühlen, wenn ...
Bevorteilung
Von Görlitzer am 09.11.2012 - 20:46Uhr
Ja gut, die alteingesessenen bekommen dann für den Rest ihres Görlitzer Daseins alles umsonst, damit diese nicht wegziehen. Oder wann ist der "Neugörlitzer Bürger" als Alteingesessen zu bezeichnen?
Die Politik glaubt nicht im Ernst, dass das eine Maßnahme ist, um junge Menschen in Görlitz sesshaft zu machen?
Das nimmt schon eigenartige Blüten an, je je je.
Sparen?
Von Frank am 08.11.2012 - 02:22Uhr
Hallo,
das angebliche Schnäppchen kann schnell durchgerechnet werden.
Wer nicht bei den Stadtwerken seinen Strom bestellt, sondern bei Veri.... vergleicht, wer gerade der günstigste Anbieter ist, derjenige hat doch am Strom viel mehr als einen Monatsbeitrag gespart. (...)
Die VGG wird den Verlust der drei Monate Nahverkehr (wenn ich oder in der Gastronomie tätige Bekannte nach 0:00 Uhr von der Arbeit kommen, ist eh kein Nahverkehr mehr unterwegs) sicher (...) erstattet bekommen (...).
MfG Frank!
Subventionen?
Von Jens am 07.11.2012 - 10:30Uhr
Nicht nur das Thema unlauterer Wettebewerb spielt hier eine Rolle, Herr Jäschke, ich meine, es geht noch etwas weiter.
Wenn ich zum Beispiel daran denke, dass die ziemlich klamme Stadt Görlitz jedes Jahr reichlich 2 (Zwei) Millionen Euro aus Steuermitteln an die Stadtwerke Görlitz, ein Unternehmen, welches zu 74,9 % dem französischen VEOLIA-Konzern gehört, zahlt, um die Verluste der Verkehrsgesellschaft Görlitz (welche in dieser Höhe anfallen sollen) auszugleichen, da kommen schon Fragen auf.
Woher nimmt die Verkehrsgesellschaft denn nun plötzlich den Spielraum, um solche Geschenke zu machen? Sie verzichtet also auf Einnahmen, weil sie weiß, dass die Verluste sowieso von der Stadt ausgeglichen werden, oder wie? Vielleicht ist der zusätzliche Gewinn von VEOLIA (denn der nicht gebrauchte "Verlustausgleich" der Stadt wird als "Sonderdividende" direkt an VEOLIA ausgeschüttet, wie im Stadtrat vorgetragen wurde und man den Bilanzen entnehmen kann) auch dermaßen hoch, dass die ein schlechtes Gewissen bekommen haben?
Wie kann es der Oberbürgermeister zulassen bzw. sogar noch gutheißen, dass ein Unternehmen, welches mit über 2 Millionen Euro im Jahr aus Steuermitteln bezuschusst wird, Geschenke an einzelne Personen macht? Müsste er da nicht darauf drängen, dass der Zuschuss auf das unbedingt (und vor allem nachgewiesene) Maß reduziert wird und damit alle Einwohner entlastet werden? Auch ist fraglch, ob es sich hier nicht um eine nach EU-Recht unzulässige Subventionierung eines Privatunternehmens handelt,
fragt sich besorgt Jens
Kollegiales Verhalten zu städtischen Gesellschaften - prima!
Von Jens Jäschke am 06.11.2012 - 21:25Uhr
Das nenne ich nicht Unterstützung, sondern unlauterer Wettbewerb gegenüber Privatvermietern. Da ist er wieder einmal mehr abgefahren, der Zug von und für Herrn Deinege.
So macht man sich keine Freunde und die, die sich in der Stadt um sanierungsbedürftige Denkmale gekümmert- sprich: saniert - haben, werden jetzt total verarscht!
Danke schön im Namen derer, die es betrifft.
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- Quelle: Fritz Rudolph Stänker | Fotos: WBG
- Erstellt am 06.11.2012 - 18:50Uhr | Zuletzt geändert am 07.11.2012 - 10:52Uhr
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