App-Entwicklung mit Reserven
Görlitz, 25. Juli 2022. Von Thomas Beier. Es gibt viele erfolgreiche Softwareunternehmen, doch wie gut sind sie wirklich? Gemeint mit dieser etwas ketzerischen Frage ist die Anwendererfahrung, auch User Experience oder kurz UX genannt, die sie mit ihren Apps erzeugen und manchmal verbunden mit unguten Gefühlen hinterlassen. Dazu will eine Geschichte erzählt sein.
Nutzerführung: Technisch perfekt reicht nicht
Vorab muss man erwähnen, dass wir bei BeierMedia.de gern darauf verweisen, dass wir nicht nur mit erstklassigen Programmierern und diplomierten Designern zusammenarbeiten, sondern außerdem das Wissen und die Erfahrungen aus der an den soft factors orientierten Unternehmensberatung einbringen. Mit diesem Hintergrund sieht man manche Erfahrungen, die man mit den unterschiedlichsten Apps macht, etwas kritischer als Anwender, die schon heilfroh sind, wenn’s einfach irgendwie funktioniert.
Hightech im Bus
Der Redaktionsbus des Görlitzer Anzeigers ist inzwischen technisch so weit aufgerüstet, dass wir täglich auf eine Anfrage aus China warten, ob der Bus als viertes Modul der im Bau befindlichen Raumstation hochgeschossen werden darf. Schon mal vorab: Falls wir zustimmen sollten, aber nur schweren Herzens, dann wird es richtig teuer…Aber Hightech hat manchmal seine Kehrseiten, vor allem wenn App Programmierer am Werke sind, die die heilige Trinität von Software, Design und Knowhow aus der Nutzerführung nicht zustande bekommen. Also, worum geht es?
Ein im Bus installiertes Modul hat eine Bluetooth-Schnittstelle. Das ist ausgesprochen praktisch, weil man alle Parameter am Handy kontrollieren und einstellen kann. Die notwendige App ist handwerklich sauber programmiert und auch das Design der Bedienoberfläche ist wirklich professionell. Aber der Reihe nach.
Der Teufel hat sich im Detail versteckt
Als Erstes die App herunterladen und installieren, das klappte tadellos. Dann zum Bus, um die Bluetooth-Verbindung aufzubauen. Gerät erkannt, prima! Aber dann erscheint auf dem Display: Um die Verbindung aufzubauen ist es zwingend erforderlich, ein Software-Update vorzunehmen.Urks, wir leben im Landkreis Görlitz, und auf dem Parkplatz des Busses liegt kein mobiles Internet an und auch das WLAN ist zu weit weg. Als erfahrener Landkreisbürger weiß man, was hilft: Einfach mal um die Hausecke gehen, dort ist das mobile Netz in Form von LTE schon da. Gesagt, getan, aber der Download legt eine Pause ein. Nach einer Viertelstunde war es mit der Geduld vorbei und es kam zum Neustart des Handys, übrigens entgegen eindringlichster Warnungen der App.
Zweiter Versuch, gleiches Ergebnis. Erst jetzt dämmerte es: Nicht die Software der App sollte aktualisiert werden, sondern die des Gerätes! Da muss man erst einmal darauf kommen. Logisch, dass dann also die Bluetooth-Verbindung zwischen Handy und Gerät ebenso gegeben sein muss wie jene des Handys zu einem Datennetz. Ein Hinweis in der App hätte genügt und mehr als eine halbe Stunde wäre nicht verschwendet worden.
Um die Ecke bringen hilft
Abhilfe versprach also, den Bus um die Hausecke zu fahren. Jetzt sollte es klappen! Allerdings hatte sich LTE, bekannt auch als 4G, inzwischen verabschiedet, es lag nur noch 3G in der H+ Variante an. Während LTE im Download bis zu 300 Mbit pro Sekunde schafft, sind des bei H+ 42. Was soll’s, dann dauert es eben ein wenig länger.Das erwies sich als eine reichlich naive Einstellung: Mitten im Download der begehrten Software wechselte das Handynetz automatisch von H+ auf LTE. Bingo! Allerdings nahm das der Downloader übel und brach den Download ab. Wenn der naheliegende Vergleich mit der Eisenbahn erlaubt ist: Verspätung mittlerweile rund eine Stunde.
Jetzt ein weiterer Download unter LTE-Bedingungen, verbunden mit der verzweifelten Hoffnung, es möge sich nicht wieder H+ durchsetzen… Und es klappte! Es gibt im Leben Minuten, da ist man vollends glücklich.
Auswertung der Geschehnisse
Dass der Download beim automatischen Netzwechsel aussteigt, unter diese Umstände werden wohl nur sehr wenige Nutzer geraten. Diesen Effekt kann man daher getrost unter "ferner liefen" verbuchen und hinnehmen. Was ganz im Sinne der UX zu beanstanden ist , das ist der fehlende verbraucherfreundliche Hinweis, dass die Bluetooth-Verbindung des Smartphones zum Gerät und eine Verbindung zum Internet gleichzeitig bestehen müssen.Nun mag mancher sagen, dass sei doch nur ein Kleinigkeit. Derjenige, der in der prallen Sonne eine Stunde lang am Verweifeln war, sieht das allerdings anders. Und weil man sich seine persönlichen Aufreger gern von der Seele redet, wird diese Story bei jeder Gelegenheit zum Besten gegeben: Stell’ dir mal vor, was mir passiert ist… Dass das Gerät und die Software allerbestens funktionieren, fällt dabei meist unter den Tisch.
Abschlussmecker und Verbesserungsvorschlag
Sogar bestes Appdesign von einer spezialisierten Agentur leidet – obwohl es damit rein gar nichts zu tun hat – unter einem weiteren Ärgernis: Bedienungsanleitungen, deren Schrift so klein ist, dass selbst Klein Adlerauge seine Lupe hervorkramen muss und dennoch Schwierigkeiten beim Lesen hat.Die sonst so verordnungsfreudige Bundesregierung sollte sich bei der regulierungsfreudigen Europäischen Union für eine Mindestschriftgröße einsetzen. Aber vielleicht ist es ja für die Bekanntheit des Görlitzer Anzeigers gut, wenn er sich in dieser Angelegenheit bis zum Bundesgerichtshof und zum Europäischen Gerichtshof durchklagt, das Anliegen: Schrift muss für den augengesunden Durchschnittsbürger lesbar sein, sonst wäre es ja unsinnig, etwas aufzuschreiben.
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- Quelle: Thomas Beier | Foto: JESHOOTS-com / Jan Vašek, Pixabay License
- Erstellt am 25.07.2022 - 15:28Uhr | Zuletzt geändert am 25.07.2022 - 16:35Uhr
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