Fliesen und die Görlitzer Industrie

Fliesen und die Görlitzer IndustrieGörlitz, 5. Februar 2022. Das Leben kann sehr gemein sein: Zum Beispiel, wenn man in Görlitz wohnt, sich 1989 mit Müh’ und Not ein Bad eingebaut hat und nun auf der Webseite eines "DDR"-Museums das Foto eines typischen Ossi-Bads findet, das Eins zu Eins aussieht wie das eigene – so, wie es noch heute ist.

Abb.: Keramikmaschinen aus Görlitz – wo die KEMA einst zu Hause war
Foto: © BeierMedia.de
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Blaue Fliesen

Blaue Fliesen
Das Foto täuscht: Die KEMA-Hallen machen keinen Bogen, sondern stehen schnurstracks geradeaus
Foto: © BeierMedia.de

Während Badewanne und Badeofen – der gute Wittigsthaler – damals durchaus beschaffbar waren, haperte es an den Fliesen. Was heute unvorstellbar ist: Nur über "Beziehungen" gelang es, an das begehrte Baumaterial heranzukommen. Allerdings ging es nicht, wie man meinen könnte, um eine Auswahl, sondern es stand allein die Frage im Raum: Kaufen oder nicht.

Eine gewichtige Rolle spielten vor der deutschen Einheit und Währungsunion allerdings die blauen Fliesen. Wer diese hatte, für den vergrößerte sich die Auswahl beim Fliesenkauf schlagartig. Was blaue Fliesen sind? So nannte man im Osten die Hundert-D-Mark-Scheine. Da ist natürlich der alte Witz vom Handwerkergruß in der "DDR" nicht weit: "Forum geht’s denn?" Forum-Schecks waren in der "DDR" das Äquivalent zur D-Mark, mit dem in speziellen Läden wie etwa Intershop eingekauft werden konnte – und viele Handwerker arbeiteten bevorzugt für jene, die mit D-Mark zahlen konnten. Manche Kunden, die nicht über das “Westgeld” verfügten, haben das den betreffenden Unternehmen bis heute nicht vergessen.

Görlitzer Keramikmaschinenindustrie

Dabei hat doch gerade Görlitz einen ganz besonderen Bezug zu Fliesen: Im KEMA Keramikmaschinenbau wurden einst die Strangpressen – sogenannte Extruder – für die keramische Masse hergestellt und weltweit erfolgreich verkauft. So wurden damals beispielsweise alle Strangpressen, die in Skandinavien im Einsatz waren, aus Görlitz geliefert – bis auf eine einzige, die von einem westdeutschen Konkurrenten kam, wenn die Geschichte stimmt.

Das Knowhow des Görlitzer Keramikmaschinenbaus bewahrt heute die ECT-KEMA GmbH in Schöpstal bei Görlitz. Mit den Spezial-Extrudern, die hier vertrieben werden, entstehen unter anderem Produkte, die dem Umweltschutz dienen. Dazu zählen etwa Rußpartikel-Filter für Lkw- und Schiffsmotore, Wabenkörperfilter für Pkw-Katalysatoren sowie Wabenkörper und Filtergranulat für die Abgasreinigung in Kohlekraftwerken und Müllverbrennungsanlagen.

Und die Fliesen? Ach was, die kauft man im Baumarkt oder man bestellt die ausgesuchten Fliesen online. Woher die Ware kommt, wie und mit welchen Maschinen sie hergestellt wurde, danach fragt heutzutage kaum Jemand.

Fliesen heute

Fliesen bestehen immer aus Ton, Sand und Feldspat. Eine Sonderstellung nehmen die Glasfliesen ein: Diese sind von Natur aus nicht porös. Ihr Vorzug sind die vielen Farbschattierungen, einer der wesentlichen Nachteile die Bruchgefahr.

Steinzeug- und Feinsteinzeug-Fliesen hingegen sind strapazierfähig und frostsicher und unglasiert wue auch glasiert erhältlich. Steingut-Fliesen hingegen sind nicht frostsicher wegen ihrer Wasseraufnahmebereitschaft eher als Wandfliese geeignet.

Natursteinfliesen aus Granit, Marmor, Sandstein, Quarzit, Travertin, Basalt oder Schiefer sind wegen ihrer natürlichen Maserung und Einschlüsse beliebt. Manche Fliesen greifen diese Natursteinoptik auf.

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  • Quelle: TEB | Fotos: © BeierMedia.de
  • Erstellt am 05.02.2022 - 02:21Uhr | Zuletzt geändert am 21.03.2022 - 13:47Uhr
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