Mitarbeitergespräche wirksam führen: Tipps aus der Praxis

Mitarbeitergespräche wirksam führen: Tipps aus der PraxisGörlitz, 15. Dezember 2021. In den meisten Unternehmen wird es pro Jahr mindestens einmal abgehalten – die Rede ist vom Mitarbeitergespräch. Freude bereitet dieses jedoch in vielen Fällen weder den Mitarbeitern noch den Führungskräften. Dies ist kaum verwunderlich, da das Personalgespräch, welches auch als Jahres-, Feedback- oder Zielvereinbarungsgespräch bezeichnet wird, eine umfassende Vorbereitung voraussetzt, mit gewissen Anstrengungen einhergeht und zudem durchaus unangenehme Themen beinhalten kann.

Abb.: Erfolgreiche Mitarbeitergespräche setzen gegenseitiges Vertrauen in die persönliche Integrität voraus
Symbolfoto/Montage: Gerd Altmann, Pixabay License
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Professionelle Mitarbeitergespräche – darauf kommt es an

Allerdings muss dieser negative Blick auf das Mitarbeitergespräch gar nicht zwingend sein. Werden Mitarbeitergespräche richtig eingesetzt, beispielsweise in Form eines 360 Grad Feedback Gesprächs, stellen sie eine wertvolle Maßnahme dar, welche die Weiterentwicklung der Mitarbeiter unterstützt und die gemeinsame Arbeit optimiert.

Eingesetzt werden Mitarbeitergespräche als Instrument der Mitarbeiterführung. Was in manchen Betrieben oder Organisation, in denen gemeinsam gearbeitet wird, manchmal in den Hintergrund tritt, ist: Mitarbeiter haben Anspruch darauf, gut geführt zu werden – und gute oder eben schlechte Mitarbeiterführung als einer der weichen Faktoren schlägt sich in den harten Fakten des Betriebsergebnisses nieder, weil die Führungsqualität direkten Einfluss etwa auf die Leistungsbereitschaft, den Krankenstand und die Fluktuation hat.

Grundsätzlich können sich Vorgesetzte und Mitarbeiter zwar jederzeit austauschen, Mitarbeitergespräche aber haben bestimmte Inhalte und gehen über die Tagesaufgaben hinaus. Sie sind in gewisser Weise Höhepunkte im Berufsleben des Mitarbeiters und berücksichtigen neben den betrieblichen Erfordernissen unter anderem seine Entwicklungsinteressen. Durchgeführt werden solch strukturierte Mitarbeitergespräche nur die in größeren Zeitabständen, beispielsweise als Jahres-, Halbjahres- oder Quartalsgespräche.

Im Rahmen des Mitarbeitergespräches werden dann zahlreiche Themen besprochen wie etwa die Arbeitsleistungen des Mitarbeiters. Daneben werden zukünftige Ziele und mögliche Entwicklungen im Unternehmen behandelt. Zu seiner aktuellen Arbeit erhält der Mitarbeiter somit ein Feedback und bekommt Perspektiven für die Zukunft aufgezeigt. Daneben bildet das Mitarbeitergespräch den idealen Rahmen, um persönliche Anliegen und Fragen des Mitarbeiters zu klären.

Führungskräfte profitieren von den Mitarbeitergesprächen, weil in beide Richtungen Feedback ausgetauscht werden kann – und das in einer angenehmen Atmosphäre. Idealerweise sieht die Personalentwicklung im Unternehmen vor, Mitarbeitergespräche gezielt abzuhalten und ihre Durchführung voranzutreiben. Dennoch besteht ein Problem: Viele Menschen sehen ihre Mitarbeitergespräche nicht als Chance, sondern vielmehr als lästige Verpflichtung, die "abzuhaken" ist. Tatsächlich sind mehrere Faktoren dafür entscheidend, ob die Beteiligten ein Gespräch als hilfreich oder unnötig empfinden.

Wichtigste Voraussetzung für ein erfolgreiches Mitarbeitergespräch ist dessen umfassende Vorbereitung, wobei den Zielsetzungen des Vorgesetzten – aber auch den Erwartungen und den Informationsbedürfnissen des Mitarbeiters – besondere Bedeutung zukommt. Als besonders effektiv hat sich in der Praxis beispielsweise die Durchführung von einem 360 Grad Feedback erwiesen.

Mitarbeitergespräche optimieren – die wichtigsten Tipps

Es existieren viele typische Fehler, die im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs begangen werden können. Zu diesen zählen etwa unsachliche Äußerungen und persönliche Angriffe, unklare Gesprächsstrukturen sowie die Abwertung des Gesprächs durch eine unzureichende Vorbereitung. Diese und weitere Fehler sorgen auf beiden Seiten für Frustration. Dabei sollte in einem Mitarbeitergespräch doch der Fokus stets auf der Motivation des Angestellten liegen. Nach dem Gespräch sollte ein Mitarbeiter sich rundum informiert, fair behandelt und wertgeschätzt fühlen.

Dieses Ziel können Vorgesetzte erreichen, wenn sie die Gespräche mit ihren Mitarbeitern strukturiert vorbereiten, unabhängig davon, ob es sich etwa um ein Konflikt-, ein Ermahnungs- oder ein Anerkennungsgespräch handelt.

Im Vorfeld des Mitarbeitergesprächs

Zunächst sind organisatorische Fragen wie Ort, Zeitpunkt und Dauer des Gesprächs zu definieren. Sorge getragen werden muss für eine angenehme Atmosphäre und absolute Störungsfreiheit.

Natürlich sind vorab die Schwerpunkte des Gesprächs zu klären, vielleicht sind auch besondere Dokumente für das Meeting vorzubereiten. Vor dem Gespräch mit dem Mitarbeiter sollte sich der Vorgesetzte mit der Vorbereitung des Feedbacks, das er geben möchten, beschäftigen. Inhaltlich müssen Mitarbeitergespräche stets strukturiert und eingegrenzt werden, um ein Abschweifen auf irrelevante Themen zu vermeiden. Hilfreich ist die Anfertigung von Notizen, die im Zuge des Gesprächs als eine Art Leitfaden verwendet werden können.

Das Mitarbeitergespräch selbst

Es ist niemals ausgeschlossen, dass Mitarbeitergespräche unerwartete Wendungen nehmen. Eine mentale Vorbereitung auf derartige Situationen ist somit von großer Bedeutung – schließlich sollten Führungskräfte stets einen kühlen Kopf bewahren und sich ihren Führungsanspruch auch im Gespräch nicht nehmen lassen. Auch schwierige Situationen lassen sich mithilfe bestimmter, möglichst antrainierter Verhaltensweisen und Regeln meistern und Konflikte können so aufgelöst werden.

Im ersten Schritt geht es darum, mit einem lockeren und konfliktfreien Gesprächseinstieg eine positive Atmosphäre zu schaffen. So lässt sich die vielleicht anfänglich vorhandene Zurückhaltung und Verschlossenheit des Mitarbeiters überwinden und er kann das Feedback des Vorgesetzten besser annehmen. Wichtig ist es, das Gespräch auf die wesentlichen Punkte zu fokussieren. Zur sachbezogenen Diskussion gehört es, Verhalten und Person stets zu treffen; so beziehen sich Lob und Kritik stets auf das Verhalten, nicht aber auf die Person.

Tipp:
Bevor ein Verhalten beurteilt wird, sollten Vorgesetzte mit sogenannten Ich-Botschaften ihre Wahrnehmungen äußern und dem Mitarbeiter die Gelegenheit geben, dazu Stellung zu nehmen. Das verhindert, dass Vorgesetzte aus ihren Beobachtungen und Eindrücken falsche Schlussfolgerungen ziehen. Durch das Hinterfragen der eigenen Wahrnehmung wird vermieden, dass sich der Gegenüber angegriffen fühlt. So lassen sich Probleme klären, ohne, dass der Gesprächspartner sich verschließt oder abblockt.


Muss Kritik geübt werden, so muss stets die grundsätzliche Wertschätzung für den Mitarbeiter vom kritikwürdigen Verhalten in einer bestimmten Situation getrennt werden. Neben der Zuversicht, dass das kritisierte Verhalten in Zukunft abgestellt wird, müssen auch die Folgen aufgezeigt werden, wenn dem nicht so ist. Für konkrete Maßnahmen sind Zielvereinbarungen zu treffen, die neben dem Erfüllungstermin auch festlegen, woran das Maß der Zielerreichung gemessen wird. Wichtig: Klare Aussagen und Vereinbarungen unterstützen die Motivation der Mitarbeiter.

Auch Absolventen von Führungskräftetrainings müssen ein gutes Fingerspitzengefühl im Umgang mit ihren Mitarbeitern an den Tag zu legen. Gute Kenntnisse darüber, wie die einzelnen Gesprächsarten zu führen sind, werden im Laufe der Zeit mit Erfahrungen angereichert. Zur Kunst der Mitarbeiterführung gehört es zu unterscheiden, wann besser unter vier Augen und wann besser vor dem Team gelobt wird. Außerdem müssen Fehler im Arbeitsalltag so angesprochen und bearbeitet werden, dass das Arbeitsklima darunter nicht leidet, sondern im besten Fall verbessert wird.

Wer durch Motivation die Produktivität seiner Mitarbeiter steigern möchte, sollte bedenken: Motivation kann nur unter bestimmten Bedingungen und meist langsam aufgebaut, aber sehr schnell zerstört werden. Dazu trägt bei, wenn mit Lob gespart wird, aber Fehler und Schwächen ausgiebig vorgehalten werden. Grundsatz ist es, nebenbei bemerkt, Kritik nur unter vier Augen oder im kleinsten Kreis vorzubringen.

Tipp:
Muss ein bestimmtes Verhalten eines Mitarbeiters kritisiert werden, gilt für den Gesprächsverlauf die Sandwich-Methode: Positiver Gesprächseinstieg mit Würdigung der Verdienste des Mitarbeiters – Kritik des Verhaltens und Aufzeigen der Konsequenzen bei Wiederholung – positiver Gesprächsausstieg durch Ausdruck der Zuversicht, dass der Mitarbeiter das kritisierte Verhalten künftig meidet. Der positive Geprächsausstieg ist wichtig, weil er das Gefühl bestimmt, mit dem der Mitarbeiter aus dem Gespräch herausgeht, anders gesagt: Der Gesprächseinstieg ist Grundlage des Gesprächsverlaufs, das Gesprächsende wird erinnert.


Bei Kritik kommt es stets darauf an, gegebenenfalls nötige Hilfe zur Abstellung des kritisierten Verhaltens anzubieten. Gute Führungskräfte verdeutlichen dabei ihr Verantwortungsgefühl für den Mitarbeiter, müssen jedoch auch die Interessen ihrer Organisation wahren. Für den Mitarbeiter muss stets nachvollziehbar sein, auf welcher Grundlage eine Beurteilung seiner Leistungen und seines Verhaltens erfolgt ist. Kann der Mitarbeiter nachvollziehen, wie die jeweilige Einschätzung über ihn zustandegekommen ist, so ist es ihm wesentlich einfacher möglich, diese zu verstehen und zu akzeptieren.

Beim Mitarbeitergespräch sollte nicht darauf verzichtet werden, wichtige Gesprächsergebnisse schriftlich festzuhalten, beispielsweise, wenn es um die definierten Ziele oder anderweitige Vereinbarungen mit dem Mitarbeiter geht. Sollte es sich um ein Konfliktgespräch handeln, können erarbeitete Lösungsansätze und Kontrollmechanismen fixiert werden. Zum Zweck derartiger Dokumente gehört es, unterschiedliche Erinnerungen an die Gesprächsinhalte und Vereinbarungen zu vermeiden. Allerdings dürfen keine "Geheimakten" über Mitarbeiter angelegt werden, der Mitarbeiter erhält stets ein Exemplar des Gesprächprotokolls beziehungsweise der getroffenen Zielvereinbarung.

Im Nachgang des Gesprächs

Allerdings ist die Arbeit nach dem Ende des Mitarbeitergesprächs noch nicht getan: In bestimmten Abständen sollte überprüft werden, ob die getroffenen Vereinbarungen berücksichtigt und die festgelegten Ziele verfolgt werden. Gut geeignet dafür ist die Vereinbarung von Meilensteinen, wenn ein Ziel über mehrere Etappen erreicht werden soll.

Tipp:
Führungskräfte müssen dafür sorgen, dass Mitarbeiter an ihren Zielen arbeiten können. Bleibt dafür im Arbeitsalltag keine Zeit – etwa durch ständige Kundenrückfragen, Veränderungen im Arbeitsablauf oder ständig neue Projekte –, werden die vereinbarten Ziele wertlos mit allen negativen Folgen für die Motivation. Verliert ein Mitarbeiter die Erfüllung der vereinbarten Ziele aus den Augen, kann ein erneutes Mitarbeitergespräch den passenden Rahmen bieten, um auf die Vereinbarung zu reflektieren und deren Anliegen in Erinnerung zu rufen. Natürlich müssen dabei auch die störenden Rahmenbedingungen bearbeitet werden.


Zur Führung von Mitarbeitern gehört es, das richtige Maß zwischen Anreiz und Druck bei der Stimulierung des Leistungswillens zu finden. In der Praxis zeigt sich, dass konsequente, aber freundliche Führungskräfte besonders beliebt sind. In der Führungswissenschaft wird dafür das Bild der "eisernen Faust im Samthandschuh" verwendet. Wer als Führungskraftverantwortung für seine Mitarbeiter übernimmt und diesen die Rahmenbedingungen ermöglicht, unter denen sie ihr individuelles Leistungspotential voll entfalten können, wird gewöhnlich auch bei unangenehmen Anforderungen besser respektiert.

Mit Verunsicherung und Einschüchterung hingegen können Mitarbeiter auf Dauer nicht motiviert werden, im Gegenteil, dann ist die "innere Kündigung" nicht weit. Gute geführte Mitarbeitergespräche und nachvollziehbare Leistungsbeurteilungen dagegen sind Instrumente, Mitarbeiter "an den Ort ihrer höchsten Wirkung" zu führen.

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  • Quelle: red /TEB | Bildquelle: geralt / Gerd Altmann, Pixabay License
  • Erstellt am 15.12.2021 - 08:51Uhr | Zuletzt geändert am 15.12.2021 - 12:33Uhr
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