Mitarbeiter als Manager

Mitarbeiter als ManagerGörlitz, 19. April 2021. Von Thomas Beier. Mitarbeiterentwicklung in kleineren Unternehmen ist ein Thema – und zwar in vielen Fällen ein unterbelichtetes. Eine solche Aussage muss freilich erläutert werden.

Abb.: Ein Manager im Blaumann? Tatsächlich werden Mitarbeiter, die Mitdenken und dadurch Verantwortung übernehmen, zugleich Teil eines innerbetrieblichen Beziehungsnetzwerks und damit zu Managern in eigener Sache
Foto: Michal Jarmoluk, Pixabay License
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Mitarbeiterentwicklung macht Arbeitgeber attraktiv

Ohne Zweifel gibt es auch im Landkreis Görlitz viele gut geführte kleine und mittlere Unternehmen. Andererseits ist die Situation besonders in inhabergeführten Betrieben diese: Fachkurse zur Mitarbeiterqualifikation werden von allen Beteiligten als Übel, allenfalls notwendiges, angesehen, die Lust auf Lernen – Pädagogen mögen verzeihen – wurde seit der Grundschule bei jenen systematisch kaputtgemacht, denen das Mitkommen nicht so leicht fiel, weil ihre Begabungen nicht den schulischen Anforderungen entsprachen.

Unternehmer wünschen sich gut ausgebildete Fachleute, die sich jedoch auch gut in die betrieblichen Abläufe einfügen und motiviert ihren Job machen sollen. Über Motivation könnte man viel schreiben, aber zwei Aspekte sind im betrieblichen Miteinander besonders wesentlich:


    • Niemand ist motiviert, sich für die Ziele eines Anderen – eben auch des Unternehmers – zu engagieren, wenn nicht auch im weitesten Sinne der Eigennutz angemessen befriedigt wird.

    • Motivation lässt sich nur beschränkt aufbauen, aber schnell und nachhaltig zerstören.

Wenn die Motivation nicht stimmt, ist das oft am "Dienst nach Vorschrift" zu erkennen: Gearbeitet wird nur genau nach Anweisung, selbst dann, wenn dadurch aufgrund besonderer Umstände Schaden entsteht; typisch dann die Aussage: "Hat der Chef so gesagt, nicht mein Problem!" Steigt der Frust weiter, ist Sabotage nicht mehr weit. Zu den Hintergründen zählen meist unzureichende Mitarbeiterführung, mangelnde Anerkennung und fehlende Informationen.

Manche Unternehmer scheuen Mitarbeiterentwicklung, weil es unbequem ist, wenn sich die Beschäftigten über die unmittelbare Arbeitserledigung hinaus einbringen möchten oder empfinden es als Herabsetzung, wenn ein Mitarbeiter auf einem Fachgebiet mehr Durchblick hat als der Chef. In der Tat ist es nicht so einfach, die fachlich Besten um sich zu scharen, bedeutet es doch, Verantwortung abzugeben – doch die arbeitsrechtliche Haftung eines Angestellten ist eben weit weniger dramatisch als etwa die Haftung eines Einzelunternehmers, der persönlich und unbeschränkt auch mit seinem Privatvermögen einstehen muss. Sich in Abhängigkeit von Mitarbeitern, auf deren Qualifikation man nicht verzichten kann, zu begeben ist deshalb auch ein mentales Problem.

Dennoch ist es immer gut, "das Unternehmen mit den besten Mitarbeitern" zu sein. Doch gute Leute zu finden, die nicht nur nach Anleitung arbeiten können, ist längst nicht nur im Landkreis Görlitz zum Problem geworden. Selbst wem es gelingt, sich gute Mitarbeiter aufzubauen, der ist nicht davor gefeit, nur als Karrieresprungbrett benutzt zu werden. Wer etwa einen Azubi ausbildet, anschließend weiterqualifiziert und dann zusehen muss, wie dieser von der Konkurrenz oder einem öffentlichen Arbeitgeber abgeworben wird, muss seinen Aufwand als Fehlinvestition zugunsten anderer verbuchen.

Wie Mitarbeiter zu treuen Mitarbeitern werden

Was also kann man tun, damit Mitarbeiter bleiben? Obgleich längst nicht mehr auf dem Stand der Führungswissenschaft bietet die Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg einen guten Ansatz, sich dem Thema der Mitarbeiterbindung zu nähern. Vereinfacht gesagt erkannte Frederick Herzberg Motivatoren, die Mitarbeitern geboten werden müssen, etwa gute Arbeitsbedingungen, angemessene Bezahlung, angenehmes Betriebsklima, Wertschätzung und Zukunftssicherheit, um nur einige Beispiele herauszugreifen. Sind diese Bedingungen nicht gegeben, werden Mitarbeiter unzufrieden, engagieren sich nicht mehr und suchen latent nach einem anderen Arbeitgeber, der diese Bedingungen erfüllt..

Andere Faktoren hingegen, so laut Herzberg, werden nicht vermisst, steigern aber die Arbeitszufriedenheit, wenn sie gegeben sind: hohe Anforderungen in Verbindung mit Anerkennung, wenn sie gemeistert wurden, sowie persönliche Weiterentwicklung durch die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen. Aus heutiger Sicht muss man in Bezug auf diese und weitere von Herzberg genannte Faktoren sagen, dass Arbeitszufriedenheit nicht ausreicht, das eigentliche Ziel ist Arbeitsbegeisterung! Doch wie sieht die Praxis aus? Die Ansicht, Arbeit sei ein notwendiges Übel, um Geld für den Lebensunterhalt zu bekommen, ist mit allen daraus resultierenden Konsequenzen weit verbreitet.

Für Arbeitgeber, die an motivierten Arbeitnehmern interessiert sind, bedeutet das, die Aufgaben der einzelnen Mitarbeiter aufzudecken – nicht jene formalen aus der Stellenbeschreibung, sondern jene, in die viele hineingewachsen sind, um einfach einen guten und befriedigenden Job zu machen. Was damit gemeint ist, zeigt eine im Web verfügbare Tätigkeitsbeschreibung: Viele Unternehmen benötigen eigene Fahrzeuge, vom Transporter des Handwerkers bis zum Pkw des Außendienstlers. Der Aufgabenbereich desjenigen, der sich um diesen kleinen oder größeren Fuhrpark kümmern – in größeren Unternehmen oft Fuhrparkleiter genannt – muss, wird als Flottenmanagement bezeichnet. Hier wird anschaulich, was alles – auf den ersten Blick nicht erkennbar – geleistet werden muss. Und es zeigt sich: Wer Aufgaben nur auf organisatorische Aspekte reduziert, der vergisst, dass immer dann, wenn Menschen einbezogen werden müssen, Führungseigenschaften nötig. Gute Führung senkt den organisatorischen Aufwand, weil mehr Engagement, verantwortungsvolle Entscheidungen durch den Mitarbeiter ohne Rückfragen und ein höheres Qualitätsbewusstsein erst dadurch ermöglicht werden.

Oft ist dieses Hineinwachsen eines Mitarbeiters in ein Aufgabengebiet der Prozess, der auf den ersten Blick zu gering Qualifizierte zu Höchstform auflaufen lässt. Anders gesagt: Anstelle formaler Qualifikationen können Grundkompetenzen wie Zielstrebigkeit, geistige Flexibilität, partnerschaftliche Arbeitsweise und Ausdauer wichtiger sein. Formale Qualifikationen lassen sich durch dazulernen nachholen, Grundkompetenzen auszuprägen, das ist hingegen ein langer Prozess. Wer als Arbeitgeber hier die richtige Mitarbeiterauswahl triff, indem zusätzlich zu den fachlichen Anforderungen stärker auch auf die Grundkompetenzen fokussiert und entsprechende Entwicklungschancen eröffnet, erhält damit eine gute Grundlage, auf Dauer die besten Teams zu haben.

Der Autor ist Digitalunternehmer und arbeitet als Unternehmensberater im Bereich Führung und Strategie.

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  • Quelle: Thomas Beier | Foto: jarmoluk / Michal Jarmoluk, Pixabay License
  • Erstellt am 19.04.2021 - 08:04Uhr | Zuletzt geändert am 19.04.2021 - 08:49Uhr
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