Alles anders beim Online Shopping

Bild zu Alles anders beim Online ShoppingGörlitz, 4. November 2019. Im Grunde steht Deutschland erst an der Türschwelle zur Digitalisierung, insbesondere was die Nutzung des Internets betrifft. Andererseits hat das Internet bereits heute unser Verhalten verändert – sowohl offline wie auch online.

Seit Jahren sehnen die Görlitzer die Wiedereröffnung ihres historischen Kaufhauses zurück. Doch auch der neue Eigentümer muss sich einer veränderten Welt des Einzelhandels stellen.
Archivbild 2005: © Görlitzer Anzeiger
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Preisaktionen und Gutscheine sorgen für Aufmerksamkeit beim Kunden

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Noch ein Blick zurück ins Jahr 2005: Längst sind inzwischen die Berliner Straße und nun endlich auch der Postplatz saniert, hoffentlich auch zum Wohle der Einzelhändler in der Görlitzer Innenstadt.
Archivbild 2005: © Görlitzer Anzeiger

Einkäufe von Endverbrauchern verlagern sich zunehmend aus der realen Einzelhandelswelt ins Internet. Dort, im World Wide Web, preschen einzelne Plattformen wie zum Beispiel amazon.de und groupon.de vor und ziehen das Interesse der Kaufinteressierten auf sich. Folge: Wer sich als lokaler Einzelhändler einen Online Shop einrichtet, kommt möglicherweise nicht gegen diese Marktmacht an und nie über “ferner liefen” hinaus, erreicht also auf dem eigenen Online Vertriebskanal nicht die erwarteten bzw. nötigen Umsätze.

Die Geschäftsmodelle der großen Online Handelsplattformen unterscheiden sich teils deutlich voneinander: Während manche den Servicegedanken in den Vordergrund rücken, setzen andere auf Rabatte, die dann als Deals, Aktionen oder Gutscheine daherkommen. Gutscheine? In der Tat: Während man privat zu Geburtstagen gern einen Einkaufsgutschein eines bestimmten Anbieters verschenkt, vermitteln professionelle Gutschein-Portale den Eindruck, sie würden Gutscheine an ihre Internet-Besucher verschenken. Dabei setzen Smartshopping-Portale wie Gutscheinsammler auf Aktionsangebote, die als Gutscheine aus Angeboten einer Vielzahl von Online Shops zusammengestellt werden.

Schaut man sich Plattformen wie die als Beispiel genannte gutscheinsammler.de näher an, so gewinnt man den Eindruck, dass hier nicht nur jene, die gezielt ein Produkt zum günstigen Preis suchen, unterwegs sind, sondern der Shopping-Spaziergang durch die Innenstadt in die virtuelle Welt verlagert wird. Eine gewisse Schnäppchenmentalität lockt dabei sicherlich ganz wie in der realen Welt zu Impulskäufen, was von den Besuchern der Online Portale als Erlebnis wohl sogar gewollt ist. Dieses Kauferlebnis setzt voraus, dass sich die Verbraucher auf einer Plattform sicher und gut informiert fühlen. Das renommierte Deutsche Institut für Service-Qualität (DISQ) aus Hamburg hat im Jahr 2017 zehn Online Rabattportale untersucht, das genannte Gutscheinsammler-Portal wurde damals als einziges mit “gut” bewertet und damit Testsieger.

Für Verbraucher ist es gut, wenn wie beim Testsieger von 2017 auf Versandkosten generell verzichtet wird, das erleichtert den Vergleich dessen, was der Besteller auf seiner Rechnung als zu zahlender Gesamtbetrag wiederfindet, ungemein. Allerdings: Ganz ohne das Einmaleins geht es nicht, muss man doch bei den einzelnen Angeboten schauen, ob es einen Mindestbestellwert gibt und ob eine feste Summe vom Kaufpreis abgezogen wird oder ein prozentualer Abzug erfolgt. Manche Angebote richten sich zudem nur an Neukunden.

Auswirkungen auf die Wirtschaft

Im Handel wird das Prinzip, wonach der Kunde König ist, dem Kunden zwar gern suggeriert, aber es stimmt nicht, denn letztlich entscheidet der Anbieter, zu welchen Konditionen er etwas, was der Kunde haben möchte, verkauft; der Kunde kann dann kaufen oder eben nicht. “König im Markt ist der, der den Zugang zu den Kunden hat”, so der Markersdorfer Unternehmensberater Thomas Beier, der sich frühzeitig mit dem Kundenverhalten in gesättigten Märkten beschäftigt hat. Wer nicht nur anbietet, sondern tatsächlich verkauft, kann oft genug die gesamte Lieferkette bis hin zum Erzeuger oder Hersteller hinsichtlich der Preise und Lieferbedingungen unter Druck setzen.

Natürlich ist der Verkauf über einen für Verbraucher möglichst geringen Preis ein einfacher Weg, Kunden zu gewinnen. Hier spielt der Online Handel seine Kostenvorteile aus, die meist aus geringeren Logistik- und Personalkosten resultieren. Große Händler werfen zudem ihre Marktmacht in die Waagschale. Es ist also nicht so, dass der Online Handel einfach nur ein zusätzlicher Vertriebskanal für den lokalen Einzelhandel ist, sondern er hat das Potenzial, diesen – ob nun offline oder online – großenteils zu ersetzen. Stadtentwicklern und City-Managern kann das nicht gefallen, doch hier entscheidet tatsächlich der Kunde mit seinem Einkaufsverhalten und das ist durchaus egoistisch geprägt.

Einzig tröstlich ist, wenn sich die Marktanteile der einzelnen Vertriebskanäle verschieben, dass sich immer wieder neue Nischen auftun. Manche der Gutscheinanbieter haben auch lokale Deals im Programm, aber eine gewaltige Herausforderung für den örtlichen Einzelhandel wie in Görlitz bleibt es allemal, wenn Kunden die Vorzüge großer Online Handelsplattformen nutzen. Für die Entwicklung der Innenstädte sind die Konsequenzen nicht abzusehen, aber vielleicht müssen sie auch in 1A-Lagen künftig mit Attraktionen punkten, die mit dem klassischen Handel kaum noch etwas zu tun haben.

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  • Erstellt am 04.11.2019 - 13:34Uhr | Zuletzt geändert am 04.11.2019 - 13:47Uhr
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