Görlitz-Tourismus verharrt 2018 auf hohem Niveau

Görlitz-Tourismus verharrt 2018 auf hohem NiveauGörlitz, 21. Februar 2019. Zahlen lügen nicht – auch wenn man sie durchaus unterschiedlich interpretieren kann. Die Zahlen des Statistischen Landesamtes in Kamenz sprechen jedenfalls eine klare Sprache: Der Touristen-Zustrom nach Görlitz konnte erstmals nicht mit dem landesweiten Wachstum mithalten. 2018 kamen 135.761 Gäste in die Neißestadt, wo sie insgesamt 277.811 Übernachtungen buchten. Das ist gegenüber dem bislang erfolgreichsten Jahr 2017 ein Rückgang um 1,4 Prozent bei den sogenannten "gewerblichen Ankünften" und um 6,3 Prozent bei der Anzahl der Übernachtungen. Geblieben in Görlitz sind die Besucher im Schnitt genau zwei Tage lang.
Abbildung oben: Ausgehend vom Obermarkt (im Hintergrund) führt die brüderstraße als teil der Via Regia schnurstracks in die Altstadt, das weltbekannte Görlitzer Kleinod mit knapp 4.000 Baudenkmälern

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Nachfrage im Campingsegment wächst

Nachfrage im Campingsegment wächst

Ganz besonders in den Saisonmonaten von Juni bis Oktober 2018 gab es deutliche Rückgänge bei den Übernachtungszahlen, wähend die letzten Monate des Jahres wieder das Vorjahresniveau erreichten. Insgesamt aber sind die Zahlen im Vergleich zu 2017 negativ. Der Verlauf der Ankünfte hingegen zeigte sich etwas stabiler.

Touristen aus dem Ausland

Aus dem Ausland kamen im Jahr 2018 mehr Besucher nach Görlitz. Weil diese jedoch mit insgesamt nur 6,7 Prozent zu den Übernachtungszahlen beitragen, bleibt der Einfluss auf die Gesamtstatistik gering.

Neu: Erstmals ist Polen nach dem deutschen Binnenmarkt das Land, das den stärksten Wirtschaftseffekt im Görlitz-Tourismus bringt. Immerhin 2.792 Übernachtungen polnischer Gäste warenn zu verzeichnen, was gegenüber 2017 ein Wachstum um 8,6 Prozent bedeutet. Nach den Polen kommen die Schweizer, die 2018 ihre Häupter 2.132 mal in Görlitz betteten und damit im Vorjahresvergleich ein Wachstum um 6,9 Prozent im wahrsten Sinne des Wortes hinlegten. zu 2017). Tschechien zeigte einen enormen Zuwachs um 63,1 Prozent, was sich in absolut in 1.638 Übernachtungen ausdrückt. Hinter Tschechien folgen die Niederlande mit 1.274 Übernachtungen, was 5,8 Prozent mehr sind als 2017. Nur die Österreicher müssen anderes im Kopf gehabt haben, wie der Rückgang um 31,6 Prozent auf 1.815 Übernachtungen belegt.

Ursachen und neue Herausforderungen

"Nach über zehn Jahren kontinuierlichem Wachstum können wir mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein", fasste Andrea Behr, Geschäftsführerin der Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH, zusammen. Eindeutige Gründe für den leichten Rückgang lassen sich aus ihrer Sicht nicht benennen. Fakt sei aber, dass ein Rückgang bei den Geschäftsreisenden, aber auch der heiße Sommer, bei dem sich die Gäste eher Badeziele suchten, sicher dazu beigetragen haben. Hier will Behr nun ansetzen und verweistauf die Marketing-Gesellschaft Oberlausitz-Niederschlesien mbH, nach deren Darstellung es 2018 in der Oberlausitz zweistellige Zuwachsraten im Campingbereich gab: "In diesem deutschlandweit schnell wachsenden Marktsegment müssen wir es schaffen, zeitnah Kapazitäten aufzubauen in Görlitz."

Zukunftsstrategie

Wer Aktionismus vermeiden, dafür aber zum Zwecke der Zielerreichung koordiniertes Handeln basierend auf effizientem Ressourceneinsatz ermöglichen will, braucht eine Strategie. Das weiß auch Behr: "Zusammen mit dem Tourismusverein Görlitz e.V. sowie weiteren Leistungsträgern haben wir letztes Jahr begonnen, eine Zukunftsstrategie für den Görlitzer Tourismus zu erarbeiten. Ziel ist die Stabilisierung beziwhungsweise ein weiteres Wachstum."

Neben den Markenwerten sei dabei auch die Konzentration auf Zielgruppen, Themen und Märkte wichtiger Eckpfeiler. "Wir haben starke und attraktive Angebote in Görlitz, die durch die weitere touristische Erschließung des Berzdorfer Sees, die Eröffnung des Kulturforums Görlitzer Synagoge sowie die weitere Verfolgung einer Bewerbung zum Unesco-Weltkulturerbe entscheidende Wachstumsimpulse erhalten werden. Das ist wichtig, um auch die Aufenthaltsdauer der Gäste in unserer Stadt zu erhöhen", so Behr. Auch die Zielgruppe der Familien rückt stärker in den Blickpunkt.

Die Konzeption basiere auf den Strategien von Sachsen, der Oberlausitz sowie den touristischen Regionen im Landkreis Görlitz und soll im ersten Halbjahr 2019 fertig werden.

Update vom 6. Mai 2020

Die Corona-Pandemie hat die besonders seit dem Rekordjahr 2017 erfolgreiche Entwicklung des Görlitz-Tourismus unvermittelt abreißen lassen. Wird die Welt des Tourismus nach der Pandemie eine andere sein? Der Görlitzer Anzeiger sieht Chancen in der Digitalisierung und im Geschäftstourismus.


Kommentar:

Was Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH als Wirtschaftsfördergesellschaft für den Tourismussektor in der Stadt leistet, ist enorm – welche andere Branche profitiert in Görlitz so sehr von der stadteigenen Gesellschaft?

Der leichte Tourismus-Rückgang im Jahr 2018 ist angesichts des Ultra-Sommers zu verknusen – da wurden den Städten per sé glühende Fassaden unterstellt und so richtig Lust auf lange Autobahnfahrten hatte wohl auch kaum jemand.

Aufpassen muss man nur bei den Zielsetzungen, denn ist das Ziel falsch, sind schnell auch die Maßnahmen, die zum Ziel führen sollen, falsch. So erstrebenswert Zuwächse wie ein längerer Aufenthalt von Touristen in Görlitz für die örtliche Wirtschaft sein mögen: Es ist zu befürchten, dass jede auch noch so geringe Steigerung der Verweildauer einen überproportionalen Aufwand bedeutet. Auch wenn der Inlandstourismus insgesamt gute Karten hat, so verfügt Deutschland doch über unermesslich viele attraktive Reiseziele, die von den Binnentouristen oft mit einem "Da war ich schon!" abgehakt werden.

Nun wollen wir aber keinen Pessimismus verbreiten, sondern nur die Herausforderung verdeutlichen, vor der die Görlitzer Tourismuswirtschaft und die Wirtschaftsförderung, die sich den Hut aufgesetzt hat, stehen. Schöne Häuser und ein See reichen als Alleinstellung nicht aus, von der Filmstadt ist nicht viel zu spüren, wenn nicht grad' ein Aufnahme-Team die Straße versperrt...

Görlitz/Zgorzelec als Zentrum einer grenzenlosen deutsch-polnischen Ferienregion Oberlausitz, das wär' was,

meint Ihr Thomas Beier

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  • Quelle: red | Kommentar: Thomas Beier | Foto: © Görlitzer Anzeiger, Grafik: DIE PARTNER GmbH
  • Erstellt am 21.02.2019 - 10:11Uhr | Zuletzt geändert am 06.05.2020 - 12:31Uhr
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