Gewerbeimmobilien - Last oder Lust?

Görlitz, 9. April 2014. Die Stadthalle Görlitz ist ein Beispiel dafür, dass eine Gewerbeimmobilie an den aufzubringenden Betriebskosten scheitern kann. Aber auch an anderer Stelle will gut überlegt sein, ob eine Investition, die dauerhaft Geld bindet und Folgekosten verursacht, sinnvoll ist.

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Flexible Lösungen werden für Unternehmen immer interessanter

So verfügt Löbau seit der 6. Sächsischen Landesgartenschau im Jahr 2012 über eine rund 4.000 Quadratmeter große Messe- und Veranstaltungshalle mit Platz für 4.000 Gäste, die benachbarte Blumenhalle kann weitere 200 Gäste empfangen. Damit ist beispielsweise die ursprünglich in der Görlitzer Stadthalle beheimatete Modell-und Bahn-Ausstellung über die Zwischenstation Rosenhof ins nicht mal 16.000 Einwohner zählende Städtchen Löbau abgewandert, für manch weitere Veranstaltung hatte die seit 2005 geschlossene und baulich dahinsiechende Stadthalle Görlitz nie die Chance, eine Alternative sein.

Das Programm des Messe- und Veranstaltungsparks Löbau erscheint ambitioniert, ob es auf Dauer den nötigen Besucherstrom generieren kann, bleibt abzuwarten. Zwar wurde die erfolgreiche Gewerbemesse Konvent´a hier angesiedelt, doch vor allem bei kulturellen Veranstaltungen steht die Einrichtung im Wettbewerb beispielsweise mit dem City-Center-Löbau, den Theaterspielsstätten in Bautzen, Görlitz und Zittau, mit der Landskron-KULTurBRAUEREI in Görlitz oder der Schützenplatzhalle Bautzen.

Zelt versus Palast

Bestimmte Veranstalter lassen sich auf die festen Häuser gar nicht erst ein - entweder weil sie deren Fixkosten fürchten, weil sie wie das Steinitzer Pfingstfest im Landkreis Bautzen an einen bestimmten Ort gebunden sind oder einfach nur die Zeltatmosphäre schätzen. Selbst Handelseinrichtungen wie beispielsweise seit Jahren die Möbel Aktions-Halle in Großkoschen am Senftenberger See fühlen sich im Sommer wie im Winter in Zelten wohl. In der Unternehmensorganisation spricht man sogar sinnbildlich von flexiblen und anpassungsfähigen "Zeltorganisationen" im Unterschied zu "Palastorganisationen", die an Standorte und Positionen festgenagelt scheinen.

Kein Wunder also, dass sich Anbieter wie die RÖDER Zelt- und Veranstaltungsservice GmbH auf Zelte und Hallensysteme spezialisiert haben. Solche mobilen Raumlösungen machen zeitlich befristete Bauwerke für jeden Anlass möglich: Konferenzen, Sportveranstaltungen, Messen, Kulturevents, Serviceeinsätze, aber auch Industrie- und Lagerhallen bis hin zum Flugzeughangar. Wer solche Objekte anlassbezogen mietet, braucht weder die Investition zu tätigen noch sich Sorgen um die spätere Auslastung oder ausufernde Betriebskosten zu machen. Auch organisatorisch kann man Ballast abwerfen: Fußboden, Möblierung, Technik und sogar das vorgegebene Corporate Design werden gleich mitgeliefert.

So gesehen mag die für die Landesgartenschau in Löbau hergerichtete Blumenhalle eine nachhaltige Investition für den Standort sein, die große Messe- und Veranstaltungshalle aber, die in Konkurrenz zu vorhandenen Einrichtungen tritt, wird sich wirtschaftlich beweisen müssen. Möglicherweise wäre ein temporäres Bauwerk für die Dauer der Landesgartenausstellung und dann jeweils zur Konvent´a-Messe die wirtschaftlich bessere Lösung gewesen.

Flexibilität bewahren

Überlegungen, die bei Immobilien manchem noch ungewohnt scheinen mögen, haben sich an anderer Stelle in der Wirtschaft längst durchgesetzt. Ob bei Maschinen, Fahrzeugen oder Geräten - bei allem, was nicht ständig kurzfristig verfügbar sein muss oder gut ausgelastet werden kann, heißt es "Das kaufe ich nicht, wenn ich es mal brauche, miete ich es!" Damit werden Unternehmen dem ständig steigenden Anspruch an ihre Flexibilität einerseits wie andererseits auch den aus der wachsenden Multioptionalität resultierenden Bedingungen gerecht.

Welches Unternehmen investiert guten Gewissens in eine Montagehalle, wenn es nicht weiß, wie die Auftragslage drei Jahre später aussieht? In der Realität kann so mancher Manager kaum noch über den Halbjahreshorizont hinaus einigermaßen präzise planen. Diese Unsicherheit führt dazu, dass neue Geschäfsfelder erst einmal bei möglichst geringem Investitionsrisiko getestet werden. Erst wenn sich ein sogenanntes Starprodukt abzeichnet, wird investiert - wenn dann nicht schon wieder die Zeit dafür zu kurz ist.

So gesehen sind Unternehmen in betroffenen Branchen gut beraten, sich auch in Bezug auf die Immobiliennutzung ein hohes Maß an Flexibilität zu bewahren.

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  • Quelle: Thomas Beier | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 09.04.2014 - 14:23Uhr | Zuletzt geändert am 09.04.2014 - 16:35Uhr
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