Lesebühne Hospitalstraße schmeißt Lokalrunde
Görlitz, 6. September 2016. Was eigentlich unterscheidet die sogenannte Hochkultur von der - ja, was: der Niederkultur, gar Prekärkultur? Nein, etwa von der Soziokultur oder der Kleinkunst, die sich wiederum sehr wohl bei der Hochkultur bedienen kann? Nennen wir es Normalkultur und beschreiben damit den Bereich, in dem wie in der Hochkultur ebenfalls starke Talente wirken, allerdings ohne es je zu höheren Weihen oder gar zu einem Künstleranstellungsvertrag zu bringen. Ein schönes Beispiel für einen in der Wahrnehmung des Publikums begründeten Unterschied zwischen Hoch- und Normalkultur liefert im September die auch überorts bekannte Görlitzer Lesebühne Hospitalstraße mit Ihrer "Lokalrunde".
Abbildung oben: Götterdämmerung? Nein, die Görlitzer Popliteraten Mike Altmann (links) und Axel Krüger, zugleich Veranstalter der Lesebühne Hospitalstraße.
Alles Neißewasser oder was?!
Thema: Lesebühnen
Lesebühnen sind in Görlitz fester Kulturbestandteil - teils musikalisch unterlegt, teils mit Autoren von vor Ort, teils mit weitgereisten Schreib- und Lesenden.
Die beiden Lesebühnler Mike Altmann und Axel Krüger laden in ihr Stammhaus APOLLO nach Görlitz ein und kündigen für ihren ersten Auftritt im deutschen Herbst besagte "Lokalrunde" an.
Proletarisch geprägten Kulturfreunden wie unsereins erhellt sich bei solcherlei Ankündigung das Herz, heißt doch Lokalrunde, dass in der Lieblingskneipe das Glöckchen klingt, weil jemand für jeden Gast einen ausgibt, weil ihm so wohl ist oder weil ein Fremder (eine zum Glück aussterbende Bezeichnung, früher gab es sogar spezielle "Fremdenzimmer") in Unkenntnis der ortsüblichen Sitten und Gebräche (das würde man heute als nicht integriert bezeichnen) nur mal hören wollte, wie das Glöckchen wohl klingen mag. Egal, welcher Anlass: So eine Lokalrunde ist ein wichtiger Schritt, um integriert zu werden oder seine Integration zu untermauern.
Ganz anders sehen das die der Hochkultur zuzurechnenden Kulturfreunde. Bei Ihnen führt das Wort Lokalrunde zu unwillkürlichen Äußerungen der Körpersprache, meist einem irritierten, leichten Hochziehen der Augenbrauen in Kombination mit einem angedeuteten Naserümpfen. In ihr Gesicht tritt erst dann milder Glanz, wenn sie zu begreifen beginnen, dass Lokalrunde - wie im Falle der angekündigten Bühnenveranstaltung der Lesebühne Hospitalstraße - nur allein einen hochintensiven Bezug zu lokalen Themen zum Ausdruck bringen will.
Das nun wiederum verleitet die Kulturnormalos zur Frage: Ja, was, zu trinken gibt es da gar nichts? Doch, liebe Freunde, seid voller Hoffnung und Vorfreude, denn es wird Euch gegeben werden.
Kakao, ungesüßt
Doch lassen wir, nach diesem durchaus missglückten Versuch der Einordnung dieses speziellen Lesebühnengeschehens in eine der Kulturebenen, die Protagonisten selbst zu Wort kommen. "Alle Texte und alle Hits sind diesmal mit reinem Neißewasser gewaschen", so der Versprecher von Autor und Zeremonienmeister Axel Krüger - längst ist doch bekannt, dass er nur mit Wein arbeitet. Und wenn sich das Wasser im Rhein noch auf Wein reimt, macht man sich auf Neiße doch eben einen ganz anderen Vers.
Da kann man froh sein, dass Krüger und die kongeniale zweite Stammkraft Mike Altmann das aktuelle Zeitgeschehen und dazugehörige Protagonisten textlich nicht durchs Neißewasser, sondern durch den ungesüßten Kakao ziehen wollen.
Schön ist's, wenn Gäste kommen...
Trotz alledem könnte der Abend schön werden. Die Hoffnung dafür ruht auf den Gästen. "Die sorgen traditionell dafür", verlassen sich Krüger & Altmann auf ihre bewährten Show-Retter.
Lesegästin ist Eva Mutscher aus dem Neißeaue-Ortsteil Zodel. Sie bringt märchenhafte Erzählungen, Kurzgeschichten und Gedichte in Buchstabenform. So schafft sie sich einen Ausgleich zur Arbeit im Möbelrestaurierungsbetrieb ihres Mannes. Im Jahr 2013 erschien ihr erstes Buch "Vom Geheimnis der kleinen Traurigkeit".
Zu ihren fantasievollen Geschichten passt großartig die Musik von Pakolbi. Pakolbi, das sind zwei junge Leute aus Görlitz, die - was hier immer mehr in Mode kommt - zu träumen wagen, anzuregen und zu hinterfragen. "Ihre handgemachte Musik wird das Publikum in den Palast der großen Gefühle entführen und ist durch Instrumente wie Geige, Mandoline oder Akkordeon wunderbar abwechslungsreich", finden Krüger & Altmann beschreibende Worte, wie sie passender nicht sein können.
Prädikat: Unbedingt hingehen!
Lesebühne Hospitalstraße "Lokalrunde"
Sonntag, 25. September 2016, 19 Uhr,
APOLLO Theater, Hospitalstraße 2, 02826 Görlitz.
Zur Lage an der Ticket-Front:
Die Ticket-Preise gehen in eine Nullrunde: Auch in der Spielzeit 2016-2017 erleichtern sie pro Stück um zwölf Euro. Wer den Vorverkauf nutzt, lebt ruhiger. Möglich ist das über all dort, wo man die Tickets kaufen kann (die berühmten "bekannten Stellen"), beispielsweise an der Theaterkasse des Gerhart-Hauptmann-Theaters Görlitz/Zittau auf dem Demianiplatz und sogar online unter www.g-h-t.de. Vollständg erhaltene Restexemplare der Tickets werden an der Abendkasse gegen Bargeld herausgegeben.
Von Thomas Beier unter Verwendung einer literarisch-propagandistischen Vorlage von Mike Altmann.
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- Quelle: Thomas Beier | Foto Altmann und Krüger: Paul Glaser, Foto Pakolbi: PR
- Erstellt am 06.09.2016 - 10:20Uhr | Zuletzt geändert am 06.09.2016 - 12:09Uhr
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