Monopolisierte Pressefreiheit?
Görlitz, 22. Oktober 2009. Wem nützt die Pressefreiheit, wenn lokale Monopole - wie das einer einzigen Tageszeitung in Görlitz - bestehen? Die ehemaligen Organe der Bezirksparteileitungen der SED gehörten dank hoher Abonnentenzahlen zu den wirtschaftlichen Filetstücken der Nachwende-DDR und haben sich, von Medienkonzernen einverleibt, schnell darauf besonnen, alles so zu belassen wie es immer war: In Südwestsachsen regiert die Freie Presse, in Nordwestsachen die Leipziger Volkszeitung und in Ostsachsen die Sächsische Zeitung, die sich nur im äußersten Nordosten, dort, wo aus dem ehemaligen Bezirk Cottbus ein Stückchen Sachsen wurde, mit der Lausitzer Rundschau den Markt teilen muss. Der Landkreis Görlitz stärkt die Position der Sächsischen Zeitung noch, indem er sein Amtsblatt, das "Landkreis Journal" hinsichtlich der Anzeigen und Sonderveröffentlichungen von der RuV Redaktions- und Verlagsgesellschaft Neiße mbH betreuen lässt - der gleichen Gesellschaft, die auch für den Görlitzer Lokalteil der Sächsischen Zeitung - genannt Görlitzer Nachrichten - zuständig ist.
Stadtverwaltung Görlitz äußert sich zur Pressearbeit
Nun sollte man von einem Printmedium, das ohne Zweifel über eine marktbeherrschende Macht verfügt, eine besonders sorgfältig ausgewogene Berichterstattung erwarten können - doch genau da hapert es möglicherweise.
Jedenfalls scheint nun der Görlitzer Stadtverwaltung der Kragen geplatzt zu sein. In einer Pressemitteilung setzt sie die Aufgabe der Presse gemäß Sächsischem Pressegesetz in Kontrast zu Beispielen aus einer Tageszeitung, die sich einen Görlitzer Lokalteil leistet.
Gemäß dem Sächsischen Gesetz über die Presse (Pressegesetz) erfüllt die Presse „eine öffentliche Aufgabe, indem sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt", wird zitiert, um dann aus dem Görlitzer Ortsblatt zu zitieren.
Geneigte Entscheidung?
„Nach SZ-Informationen neigt die Landesdirektion Dresden dazu, der Auffassung des Kreises beim Zuschuss für den Nahverkehr und bei der Altschuldenregelung zu folgen“, heißt es im Beitrag „Im Finanzstreit droht der Stadt Niederlage“ von Redakteur Sebastian Beutler in der Sächsischen Zeitung vom 22. Oktober 2009. Auf die direkte Nachfrage der Stadt Görlitz zu dieser Aussage reagierten der Pressesprecher der Landesdirektion Dresden, Dr. Holm Felber, und der zuständige Bearbeiter, Udo Bauschke, jedoch mit großer Verwunderung. Wie sie gegenüber der Stadt versicherten, hat es eine solche Auskunft der Landesdirektion an Herrn Beutler nicht gegeben.Richtig ist: Im Rahmen der Anhörung zum Vorbescheid war die Stadt bis zum 19. Oktober 2009 zu einer Stellungnahme aufgefordert, welche fristgerecht eingereicht wurde. Diese wird nun in der Landesdirektion in Dresden bearbeitet. Eine Entscheidung zur Höhe der anteiligen Finanzierung des ÖPNV durch den Landkreis sowie zur Regelung der teilweisen Übernahme von Altschulden der Stadt durch den Landkreis wurde noch nicht getroffen. Doch werde üblicherweise die Stadt darüber zuerst informiert, so die Görlitzer Stadtverwaltung.
Allermeiste Widersprüche zu recht
Die am 21. Oktober 2009 in der Sächsischen Zeitung geäußerte Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt soll dem Leser den Eindruck vermitteln, dass die Rechtsaufsicht über Widersprüche des Oberbürgermeisters in gleicher Anzahl zustimmend wie ablehnend entschieden hat. Richtig ist: Im Zeitraum 2005 bis 2007 konnte die damalige Rechtsaufsicht, das Regierungspräsidium Dresden, bei den vom Oberbürgermeister als rechtswidrig beanstandeten Beschlüssen keine Entscheidung zugunsten des Stadtrates treffen. Auch 2008 hat die Rechtsaufsicht überwiegend den Widersprüchen des Oberbürgermeisters stattgegeben.Stadträte werden unabhängig von der Presse informiert
Durch Pressemitteilungen, Amtsblatt und Internet informiert die Stadt Görlitz die Bürger über öffentlichkeitsrelevante Themen. Dazu gehören auch Inhalte von Bescheiden der Rechtsaufsicht. Wenn jedoch des Landratsamt die Presse über seine Entscheidungen zu Themen der Stadt Görlitz direkt informiert, ergäbe es keinen Sinn, wenn die Stadt die gleiche Nachricht nochmals verteilen würde. „Über die jüngsten Entscheidungen der Rechtsaufsicht, des Landkreises Görlitz, zum Stadtreinigungs-Vergleich hat die Pressestelle des Landratsamtes Görlitz per Pressemitteilung informiert. Mitunter wurden diese bereits verschickt, bevor die Stadt überhaupt Kenntnis von der Entscheidung bzw. dem jeweiligen Bescheid hatte“, zeigt sich der Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick verwundert. Er habe jedenfalls deshalb keine Veranlassung gesehen, eigens eine Pressemitteilung der Stadt Görlitz herauszugeben. Die Stadträte erhalten Kenntnis von allen Entscheidungen der Rechtsaufsicht, sie werden durch den Oberbürgermeister informiert.Stadtverwaltung hat Fraktionsbrief nicht weitergegeben
Klarstellen will Oberbürgermeister Paulick auch noch einmal, dass der mit dem Eingangsstempel seines Büros versehene Brief der CDU/FDP- und Bürger-für-Görlitz/Grünen-Fraktion zu Einsparmöglichkeiten im Haushalt nicht von Mitarbeitern der Stadtverwaltung an die Öffentlichkeit gegeben wurde. Vielmehr ist es so, dass der Fraktionsvorsitzende der Bürger-für-Görlitz/Grünen-Fraktion, Dr. Rolf Weidle, in der öffentlichen Sitzung des Verwaltungsausschusses am 21. Oktober 2009 unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ darüber informiert hat, Fraktionsgeschäftsführer Frank Schubert habe das Schreiben entgegen der Absprache nicht nur an die im Verteiler benannten Personen, sondern auch an Stadträte per eMail verschickt.Ehrenrat
Von Herrmann am 25.10.2009 - 13:01Uhr
Was haben die Damen und Herren Stadträte zu verbergen, dass die Abschaffung des Ehrenrates gefordert wird?
Ist es Angst vor Neuen Erkenntnissen aus dem Rosenholzarchiv oder das bei den 20 "Neuen" Stadträten eine Blüte bei ist? Will man sich die Möglichkeit offenhalten, andere Stadträte durch Grüchte zu diffamieren ohne den Schutz des Ehrenrates, welcher für Klarheit sorgen könnte?
Warum baut dieser Stadtrat immer mehr Fragen auf, wann will dieses Gremium denn mal seine Tagesgeschäfte erledigen?
Liebe Stadträte, bitte lasst uns Bürger nicht doof sterben, gebt mal Eure Geheimnisse preis!
SRG
Von Herrmann am 25.10.2009 - 12:55Uhr
Warum haben die betroffenen Aufsichtsräte und der ehemalige Geschäftsführer, wenn sie so unschuldig sind wie sie tun und dargestellt werden, nie den rechtlichen Widerspruch eingelegt, der jedem Verurteilten zusteht?
Warum wurde vom damaligen Geschäftsführer ein per Gericht angebotener Vergleich abgelehnt? Warum hatte bis zur Wahl die Stadt recht und die Stadträte unrecht? Warum ist dies nach den Wahlen anders? Seit wann darf die Politik Gerichtsurteile ungültig machen?
Darf ich als Hartz IV-Empfänger (ich bin auch ohne Urteil schuldig) auch einen Vergleich in Anspruch nehmen? Gilt das auch für die Verkäuferin, die versehentlich ein Minus von 10 Euro am Abend in der Kasse hat? Wer möchte mir das alles erklären?
Pressevielfalt
Von rhizin am 23.10.2009 - 20:58Uhr
Was immer gerne vergessen wird: Auch "Die Medien" müssen von irgendwas ihre Miete bezahlen. Vermieter und Brötchenverkäufer lassen sich selten mit Idealen bezahlen. Ergo wird die Branche solange monopolisiert, bis nur noch die übrig sind, die sich am besten finanzieren können. Und die werden - mehr oder weniger - immer ein Auge darauf haben, wer ihre Brötchen zahlt und wohin der Konzern steuert, dem sie angehören.
Das Problem ist systemimmanent und nicht von der SZ erzeugt, sondern von der Abhängigkeit der Medien von privaten Geldern. Wo sollen denn all die unabhängigen Zeitungen herkommen, und wie will man die Unabhängikeit finanzieren in einem System, das sich über den Dienst am (Werbe-)Kunden definiert.
Monopolisierte Pressefreiheit?
Von Hermann Schwiebert am 23.10.2009 - 15:09Uhr
Ich lebe erst kurz in Görlitz, möchte daher obigen Artikel nicht direkt beurteilen. Aber ich habe trotzdem eine Meinung: Die Pressefreiheit ist ein Grundrecht.
Grundrechte beinhalten aber auch Pflichten, insbesondere wenn es, wie wohl hier in Görlitz bzw. Sachsen, nur wenige oder nur eine Tageszeitung gibt. Dann haben die Verantwortlichen ganz besondere Pflichten darüber zu wachen, dass in den Berichterstattungen und auch in den Leserbriefen ein breiter Querschnitt der Meinungen der Bevölkerung vertreten wird. Keinesfalls sollten die Verantwortlichen die Zeitung für eigene Zwecke missbrauchen.
Mag sein, dass es historisch begründet ist, dass besonders im sächsischen Raum es nur wenige Printmedien gibt. Nach meinen Beobachtungen ist das aber mittlerweile in vielen anderen Regionen auch so.
Durch Fusionen hat die Vielfalt der Tageszeitungen sehr abgenommen. Alles konzentriert sich nur noch auf eine Zeitung, die dann den ganzen Landkreis bedient. Ich habe bisher im Landkreis Stade gelebt. Dort haben die gleichen Entwicklungen stattgefunden. Auch dort haben viele das Gefühl, von den Verantwortlichen der Tageszeitung benachteiligt zu werden.
Es haben sich aber Anzeigenblätter entwickelt, die in der regionalen Berichterstattung sehr stark geworden sind. Die auch Themen aufgreifen, über die das Tageblatt aus vielfältigen Gründen nicht berichten möchte.
Vielleicht ist jemand dem Chefredakteur auf die Füße getreten, ein Chefredakteur läßt sich bei seiner Entscheidungsfindung, wer oder was in "seiner Zeitung" einen Platz findet, von vielen Faktoren leiten. Er hat aber immer die Pflicht, keine Partei zu ergreifen. Und Anzeigenblätter sollten es sich zur Aufgabe machen, den Finger "in die Wunde zu legen", und zwar immer dort, wo die Tageszeitung ihre Aufgaben nicht erfüllt.
Hermann Schwiebert, Görlitz
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- Quelle: /red | Foto: /BeierMedia
- Erstellt am 22.10.2009 - 22:08Uhr | Zuletzt geändert am 10.06.2022 - 23:27Uhr
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