Motor Görlitz kocht Sporthallenbenennung neu auf

Bild zu Motor Görlitz kocht Sporthallenbenennung neu aufGörlitz, 6. April 2019. Unterhalb der für Verwaltungszwecke genutzten Jägerkaserne entsteht eine moderne Zweifeld-Sporthalle. Auch bei der Stadtbewegung Motor Görlitz freut man sich, dass sich pünktlich zum neuen Schuljahr die Bedingungen für den Schul- und Vereinssport verbessern. Es ist mittlerweile die fünfte neugebaute Sporthalle in Görlitz seit der deutschen Wiedervereinigung. "Das ist den Entscheidern im Rat und der Verwaltung sehr hoch anzurechnen", meint Motor-Sprecher Mike Altmann.

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Die Görlitzer sollen entscheiden

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Archivbilder: Die neue Halle im Jahr 2018

Ein Makel des ansonsten so schönen Projekts ist für viele Görlitzer die Namensgebung: Im Jahr 2017 hatte der Stadtrat auf Vorschlag der CDU und des Bürger für Görlitz e.V. entschieden, die Halle nach einem gewissen Emil von Schenckendorff zu benennen. Das wurde schon in der damaligen Stadtratsitzung von den Linken und der FDP kritisiert.

Dieser Kritik schließt sich Altmann nun an: "Wir sollten über den Namen nochmal in Ruhe nachdenken. Es ist kein sonderliches Zukunftszeichen, das wir damit aussenden. Müssen wir wirklich einem preußischen Offizier huldigen, der Ende des 19. Jahrhunderts den Drill bei Sport und Spiel einführte und das Buch 'Wehrkraft durch Erziehung' schrieb?“ 1910 floss aus von Schenckendorffs Feder "Über nationale Erziehung durch Leibesübungen".

Für Altmann ist die Namensgebung ein Fall für die Bürgerbeteiligung: "Wir können in Görlitz nicht immer nur Bürgerbeteiligung als Losung vor uns hertragen. Sie muss praktisch angewendet werden." Damit es praktisch wird, schlägt Altmann in Namen von Motor Görlitz folgenden Ablauf vor:

  1. Der Stadtrat macht den Beschluss zur Namensgebung "Emil von Schenckendorff" rückgängig.
  2. Die Görlitzer können Namensvorschläge einreichen.
  3. Die meistgenannten Vorschläge kommen auf eine Liste, über die die Görlitzer abstimmen.

Kommentar:

Man darf Bürgerbeteiligung durchaus kritisch sehen, leben wir doch in einer repräsentativen Demokratie, in der man den Abgeordneten ein gewisses Maß an Sachverstand zutrauen darf. Ein Übermaß an Bürgerbeteiligung birgt immer wieder das Risiko, dass eine Mehrheit einem propagandistischen Stimmungsbild aufsitzt, siehe Brexit.

Andererseits ist Bürgerbeteiligung hilfreich, wenn es um eine möglichste breite Akzeptanz für eine Sache oder um Identitätsstiftung geht, wie bei der Benennung der Görlitzer Sporthalle. Mit "Emil von Schenckendorff" wird einem Zeitgeist gehuldigt, der zum Glück überwunden ist – oder wünscht sich jemand Handgranatenweitwurf als schulische Sportdisziplin und militärische Rituale im Sportunterricht (wer in der "DDR" aufgewachsen ist, kennt das) zurück?

Für die Stadtoberen sollte zudem eine Rolle spielen, dass eine Bürgerbeteiligung bei der Stadthallenbenennung kein sonderliches Risiko darstellt. Im schlimmsten Fall bekommt Görlitz eine "Hase-und-Igel-Halle", was immer noch sympathischer ist als die militärische Entartung des Sports, meint Ihr

Thomas Beier



Seit 2014 berichtet der Görlitzer Anzeiger über die neue Sporthalle:




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  • Quelle: red | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 06.04.2019 - 07:08Uhr | Zuletzt geändert am 06.04.2019 - 13:17Uhr
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