Es ist Tippelmarkt in Görlitz!
Görlitz, 19. Juli 2020. Kunsthandwerkermärkte gibt es viele, doch wenn sich die traditionsreiche Zunft der Töpfer trifft, dann kann man sich auf eines verlassen: Qualität. Der Schlesische Tippelmarkt zu Görlitz, der am heutigen Sonntag noch einmal von 9 bis 18 Uhr öffnet und zu dem diesmal nur Hersteller zugelassen sind, ist ein Spiegelbild der Töpferkunst.
Bissel Geld einstecken und hingehen!
Der diesjährige Tippelmarkt kommt mit einer ganzen Reihe an Besonderheiten daher, mann muss sagen: wohltuenden Besonderheiten. Neben dem Charakter des reinen Erzeugermarktes – diesmal also ohne Marktgastronomie und Kulturprogramm – hat sich das Marktgeschehen weg vom Obermarkt, von dem nur der östliche Teil am Heroldbrunnen genutzt wird, auf die Brüderstraße und den gesamten Untermarkt verlagert, was dem Markt mehr Raum und eine abwechslungsreichere Kulisse gibt.
Zum Schutz vor einer ausufernden Coronapandemie hat der Veranstalter, die Görlitzer Kulturservicegesellschaft mbH, ein klares, aber unaufdringliches Hygienekonzept entwickelt und umgesetzt. Neben den üblichen Abstandsregeln und dem Aufruf zur Mund-Nase-Abdeckung, wenn diese nicht eingehalten werden können, sind insbesondere große Schilder auffällig, mit denen die Besucherströme gelenkt werden. Auf diese Weise kommen die Tippelinteressierten zu einem Rundgang ganz ohne jedes Gedränge. Der ebenfalls coronabedingte Verzicht auf Imbissstände und Begleitprogramm hat dem Markt eine heiter-beschwingliche Atmosphäre verpasst, in der im Mittelpunkt steht, worum es geht: die irdenen Waren und die Töpfer selbst. Wer aber ein bisschen Brimborium mag, dem wird besonders der Einzug der Töpfer zur Markteröffnung gefehlt haben. Aber Ministerpräsident Michael Kretschmar und Oberbürgermeister Octyvian Ursu waren zur Eröffnung da und haben so unterstrichen: Der Schlesische Tippelmarkt zu Görlitz ein ganz besonderer.
Dieser 22. Schlesische Tippelmarkt ist vermutlich bislang der hochwertigste, was die angebotenen Sortimente betrifft. Zwischen traditionell, modern, praktisch und lustig ist alles in Form und Farbe zu finden, was das Herz begehrt – nicht allein Gebrauchsgut, sondern auch Kunstobjekte. Allein das Gucken ist ein Genuss und wer ein paar Geldscheine einsteckt, die er nicht mehr nach Hause mitnehmen will, kann nicht nur wirklich schöne Stücke erwerben, sondern damit zugleich der Töpferzunft was Gutes tun: Die hat es nämlich wie so viele, die auf die Begegnung mit anderen angewiesen sind, nicht einfach.
Kommentar:
In Sachsen fehlt etwas. Es sind die Kunstgewerbeschulen, die ab ungefähr Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1945 bestanden. Sie sorgten als höhere Fachschulen für eine innige Verbindung von Kunst und Handwerk, die zu Kunsthandwerk auf hohem Niveau führte. Heute scheint das zu weiten Teilen getrennt: Handwerker verstehen sich als Gewerbetreibende meist als technische Fachleute und haben von künstlerischen Ansprüchen – Pardon! – oftmals kaum Ahnung, so mancher Künstler hingegen scheut in seiner Freiberuflichkeit die Niederungen der handwerklich orientierten Tätigkeit.
Görlitz hat mit dem Schlesischen Museum das Glück, zumindest gelegentlich an die untergegangenen Kunstgewebeschulen in Breslau und Bad Warmbrunn erinnern zu können. So gab es 2013/14 eine Sonderausstellung zur 1902 gegründeten Holzschnitzschule in Bad Warmbrunn, die 1945 an Polen fiel. Die bedeutende Staatliche Akademie für Kunst und Kunstgewerbe Breslau existierte von 1791 bis 1932, sie wurde infolge der zweiten Preußischen Notverordnung – vermutlich als nicht systemrelevant – geschlossen.
In Sachsen erwähnenswert ist die 1875 gegründete Königlich Sächsische Kunstgewerbeschule, die später der Dresdner Kunstakademie gleichgestellt wurde und schließlich in der heutigen Hochschule für Bildende Künste aufging. Der 1915 errichtete Neubau der Dresdner Kunstgewerbeschule auf der Güntzstraße in der Nähe des Sachsenplatzes steht noch.
Was das mit dem Schlesischen Tippelmarkt zu Görlitz zu tun hat? Im Grunde gar nichts,
beteuert Ihr Thomas Beier
Update vom 21. Juli 2020:
Ursprünglich war in Bezug auf den Erzeugermarkt im Beitrag vom "Verzicht auf Zwischenhändler" die Rede. Das stimmte so nicht, denn am Markt haben stets nur Hersteller teilgenommen. Der Erzeugermarkt bezieht sich vielmehr darauf, dass es im Coronajahr 2020 keine Gastronomiestände und kein Begleitprogramm gegeben hat. Danke an Gerd Weise für den Hinweis.
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- Quelle: TEB | Kommentar: Thomas Beier | Fotos: © BeierMedia.de
- Erstellt am 19.07.2020 - 06:28Uhr | Zuletzt geändert am 21.07.2020 - 00:29Uhr
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