Total salopp: Anna Mateur in der Saloppe
Dresden, 31. August 2015. Von Thomas Beier. Als Altstadtfest-Flüchtlinge aus Görlitz waren wir am vergangenen Sonnabend in der Saloppe in Dresden willkommen: Fritz R. Stänker und ich vom Görlitzer Anzeiger. Da hatten wir uns ein treffliches Asyl gesucht, nicht ganz zufällig standen die Universalkünstlerin Anna Mateur, der auf der selben Uranhalde wie ich geborene Max Rademann von der Görlitzer Lesebühne GRubenhund, der Quotenspanier David Campesino, der Dresdner Gnadenchor und Katharina Franck auf der Bühne. Piet Klocke, Musiker und Kabarettist, hatte es schon vorher erwischt, so dass er nicht dabei sein konnte.
Total heiter und der Ernst des Lebens

Thema: Woanders

"Woanders" – das ist das Stichwort, wenn der Görlitzer Anzeiger auf Reisen geht und von Erlebnissen und Begegnungen "im Lande anderswo" berichtet. Vorbildliches, Beispielhaftes und Beeindruckendes erhält so auch im Regional Magazin seine Bühne.
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Die putzmuntere Anna Mateur hatte ihr "Büro für Ordnung und Chaos" auf der Bühne aufgeschlagen und ließ keine Sekunde lang irgendwelche Zweifel aufkommen, wer hier die Peitsche schwingt.
Dem konnten sich David Campesino, der mit der Livecam die Leinwand bediente um zu zeigen, was auf dem Büroschreibtisch passierte, und Rademann als Mateurs Blitzableiter nicht entziehen. Wenigstens brauchten die beiden, die locker auch eigene Bühnenshows zustande bringen, keine Ärmelschoner überzuziehen.
Was da zwischen Orakel, Plem Plem Slam, dem Dresdner Gnadenchor (Markenzeichen: Bierflasche in der Hand) und dem überragenden Gastauftritt der Sängerin, Songwriterin und Hörspielautorin Katharina Franck (ja, Ex-Rainbirds!) passierte war vor allem eine Satire auf den Sud aus Dresdner Kulturhegemoniestreben, PEGIDA und dem weltabgewandten "Land von Welt", dessen Ruf, wie die Freie Presse aus Chemnitz heute auf Seite 3 schreibt, mittlerweile "im Arsch" ist. Das Interview mit dem aus Dresden stammenden Schriftsteller Peter Richter, der die schleichende Nazifizierung Sachsens aus New Yorker Sicht analysiert, ist unbedingt lesenswert.
Das sind Sternstunden fürs Publikum: Intelligente Unterhaltung, die ohne Anstrengung konsumiert werden kann und dennoch klare Ansage macht gegen das schlichte Gesocks vom braunen Ufer und diejenigen, denen dieser Duft gefällt.
Bleiben wir beim Thema
Gestern Abend hatte wir eine Liveschaltung nach Heidenau zum Filmbus: "Wir müssen jetzt hier weg. Da kommen fünf Naziautos, dann vielleicht zwei normale und dann drei Polizeiautos. So geht das ständig." So sieht die Welt inzwischen Sachsen: Das sich beweihräuchernde Kulturland, das den Nährboden für nationale Überheblichkeit und Ausländerfeindlichkeit bietet, weil die konservative Regierung bislang mehr duldete als unternahm und so den Eindruck erzeugt, der demokratische Staat sei nicht sonderlich wehrhaft.
Kein Wunder also, dass national-konservative Kreise sich bestätigt fühlen und immer frecher argumentieren. Wenn ein AfD-Landtagsabgordneter aus dem Landkreis Görlitz aktuell zu einem Bürgergespräch "Ist die Innenpolitik noch reformierbar" einlädt, so schließt das doch die Option der Nichtreformierbarkeit des demokratischen Staates ein, oder?
Die Bewohner Deutschlands haben sich schon einmal willig in eine braune Diktatur führen lassen, weil ihnen die als "Systemzeit" verunglimpfte Demokratie der Weimarer Republik zu schwierig wurde. Wer heute den Wegbereitern einer national und sozialistisch orientierten Machtübernahme folgt, kann sich allerdings nicht mehr auf Unwissenheit á la "das haben wir doch nicht gewollt" berufen.
Beim Schlangestehen an der Saloppe war Heidenau Thema unter den Wartenden. "Erst geht es gegen die Ausländer, dann gegen die 'unnützen Esser' und die Andersdenkenden", zieht ein Mann hinter mir die Parallele zur Naziherrschaft.
Was wir brauchen ist, dass die Anständigen lauter werden, die öffentliche Kommunikation und die Sozialen Netzwerke nicht denen überlassen, die nicht damit Leben wollen, dass Menschlichkeit und Hilfe für Flüchtlinge eben nicht ohne Probleme zu realisieren ist. Was wäre, würden wir uns gegen alles wehren, was Probleme macht oder machen könnte?
Wenn ich in Aleppo leben würde und einen Sohn Anfang Zwanzig hätte - ich würde alles geben, um ihn nach Europa zu bringen.



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- Quelle: Thomas Beier | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
- Erstellt am 31.08.2015 - 10:30Uhr | Zuletzt geändert am 12.11.2020 - 13:37Uhr
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