Rückspiegel
Görlitz-Zgorzelec. Was für eine Woche! Krieg auf allen Schauplätzen! Zum Terror-Krieg (auch ein „Krieg gegen den Terror“ ändert nichts am Zustand), der Görlitzer Klinikum-Krieg, der Kampf der Kassenärztlichen Vereinigung gegen ihre patientenfreundlichen Mitglieder und das untergegangene Abendland veranlassten Irina Tellus zur Wortmeldung. Tellus: „Man sagt, 97 Prozent unserer Weltsicht würden durch die Medien geprägt. Deshalb ist es nötig, auch andere Sichten als die von den großen Medien endlos reproduzierten zugänglich zu machen. Damit das Denken befördert wird.“
Andere Sichten
Stellen Sie sich die verzückten Gesichter vor, mit denen sich ehemalige Stasi-Plüschohren über die Vorrats-Datenspeicherung unterhalten? Kein mühsames Mithören, Notieren, Bänderverwalten mehr. Alles vollautomatisch ordentlich gespeichert, Per Knopfdruck abrufbar. Stasi 2.0 ist der etablierte Fachbegriff dafür und zum Synonym für einen Bundesinnenminister geworden, der seine Menschenfreundlichkeit im Umgang mit Untertanen erst unlängst entblättert hat.
Das Argument des Kampfes gegen die „Organisierte Kriminalität“, mit dem die Speicherung aller elektronischen Kommunikationsdaten auf Vorrat gerechtfertigt werden soll, ist abzuwägen gegen die Gefahren daraus. So kann der unbescholtene Bürger ohne weiteres in das Visier erfolgsgenötigter Ermittler geraten – unter dem Motto: Haben wir ihn erst einmal, finden wir auch was gegen ihn, schließlich müssen wir unser Dasein rechtfertigen. Verhindern lässt sich mit Vorratsdatenspeicherung - da sind sich die Experten einig - eh nichts.
Eher entsteht der Eindruck, dass sich eine Art Anti-Terror-Industrie etabliert hat. Ist es nicht hanebüchen oder gar erschröcklich, welche Reaktionen ein zum Test der Sicherheitsmaßnahmen in Umlauf gebrachtes Placebo-Bömbchen auslöst? Die Terror(be)kämpfer sind wohl längst in der selbst- und gegenseitigen Beschäftigung angekommen.
Ist wirklich anzunehmen, dass bei seit Jahren bestehenden großen El-Kaida-Ausbildungslagern mit vielbeschworenen Netzwerken nur wenige Anschläge, abzählbar an den Fingern einer Hand, in Europa realisiert wurden? Eher scheint gewissen Kreisen eine diffuse Bedrohung von außen hochwillkommen, um eigene Interessen durchzusetzen. Notfalls muss ein nationales Symbol wie das Brandenburger Tor oder der Reichstag herhalten, vgl. van der Luppe.
Vom Kampf um (nicht etwa für) die Gesundheit
Einen ganz eigenen Kampfplatz entwickeln die großen Gesundheitseinrichtungen in Ostsachsen. Es geht dabei nicht etwa um das Wohl der Kranken, sondern um Einfluss und Macht durch einen Verteilungskampf um die Ressource Patient.
Nur hat ein Görlitzer Feldherr den Fehler gemacht, ohne die Masse seiner Offiziere in den Kampf gezogen zu sein. Merke: Ohne das Wohlwollen seiner Chefärzte ist ein Klinikum-Geschäftsführer noch nirgends durchgekommen. Jedoch bekommt man die Chefärzte weder durch PR-Parolen noch durch die Bevorzugung einzelner hinter sich. Allein hausintern dürften die Probleme nicht lösbar sein, durch die Nicht-Experten von Aufsichts- und Stadtrat allerdings gleich gar nicht - spezialisierte Organisationsentwickler hatten schon vor Jahren hinzugezogen werden sollen.
Dann wäre längst mehr Akzeptanz dafür geschaffen worden, Krankenhäuser und Klinika als Produktionsstätten und Patienten als Kunden einzustufen: Hier sind die Wurzeln für Wirtschaftlichkeit als Voraussetzung für die Leistungserbringung zum Wohle der Patienten.
Während Krankenhäuser durchaus mit Geld gesegnet sind, ist das bei niedergelassenen Kollegen anders. Hier wird bewiesen, dass unwirtschaftliches Verhalten die Leistungserbringung verhindert: Wer hohe Kosten erzeugt, beispielsweise durch hohe Medikamentenverschreibungen an die alternde Klientel, wird von der Kassenärztlichen Vereinigung, der zentralen Verrechnungsstelle für die gesetzliche Krankenversicherung, abgewatscht bis hin zum Zulassungsentzug.
Ein höchst perverses Vorgehen, solange der gesetzlich versicherte Patient nicht einmal erfährt, welche Leistungen ein Arzt auf ihn abrechnet und die gesetzlichen Versicherungen in besten Citylagen statt im Gewerbegebiet angesiedelt sind. Wie viel Prozent der Krankenversicherungsbeiträge kommen eigentlich beim Arzt an? Die Krankenkassen müssten im eigenen Interesse aufschreien, wenn ihre Versicherten monatlich enorme Beiträge zahlen müssen, im Bedarfsfalle aber beim Arzt abgewiesen werden oder Wochen und Monate auf einen Termin warten müssen.
Abendland adé
Es ist Wohl das Schicksal des Abendlandes, dass seine Werte vergehen und durch neue Prioritäten ersetzt werden. Ein kritischer Blick in die abendländische Kultur des vergangenen Jahrhunderts zeigt millionenfaches Morden im Krieg, millionenfaches Morden im Rassenwahn, Gewalt und Deformierung von Menschen in den Diktaturen und das Konsumpostulat um jeden Preis in den Industriestaaten - allesamt schlechte Argumente in der Diskussion um den Vormarsch des Morgenlands.
Längst ist der Islam in Deutschland angekommen. Als letztes Aufgebot werden nun die „christlich-jüdischen Wurzeln unserer Kultur“ aufgeboten. Ein politisch korrekter und aalglatter Begriff, der übertüncht, dass die Wurzeln der Kultur der Europäer und der Menschheit weit weiter zurück reichen.
Schon mal darüber nachgedacht, dass sich die großen kriegerischen Auseinandersetzungen der Gegenwart, die von Einfluss- und Machtstreben getrieben sind (wovon sonst?) und sich stets religiöser Aspekte bedienen, um die Menschen aufeinander zu hetzen und Töten zu rechtfertigen?
Ein schönes Wochenende,
Ihre Irina Tellus
Görlitzer Ärzte-Karussell
Von Thomas am 18.12.2010 - 11:34Uhr
Ist es der Kampf um die knapper werdende Ressource Arzt, der zu einem Bewerbungs-Hin-und-Her der Ärzte zwischen dem städtischen Görlitzer Klinikum und dem Carolus-Krankenhaus der Malteser führt?
Weil dabei die Gelder der Krankenversicherten verbrannt werden (deren Beiträge in Kürze wieder steigen werden), ist es die erste Bürgerpflicht der Geschäftsleitungen, aufeinander zu zu gehen, um einen gemeinsamen "Masterplan" für den Standort Görlitz zu entwicken.
Wer wirklich an das Wohl des eigenen Hauses denkt, kooperiert mit seinen Nachbarn!
Kampf um die Gesundheit
Von Udo am 20.11.2010 - 19:31Uhr
Sehr geehrte Frau Tellus,
dem Teil mit den niedergelassenen Ärzten kann ich durchaus zustimmen, wenn die Verwaltungskosten der Kassen und vor allem die unzähligen Vorstände und Aufsichts- und Beiräte nicht so viel Geld verschlingen würden, hätten die praktizierenden Ärzte und vor allem deren Patienten ein besseres Auskommen.
Aber woher nehmen Sie die Gewissheit, dass der Klinikumgeschäftsführer seine Führungscrew (Chefärzte) nicht hinter sich hat. Man hört aus dem Klinikum außer dem herumnörgelnden Betriebsratsvorsitzenden nichts derartiges. Wenn Sie aber die in der heutigen Tageszeitung sich äußernden "Görlitzer Ärzte" meinen, da kann man eigentlich nur müde lächeln. Mindestens 90% dieser Damen und Herren befinden sich im wohlverdienten Ruhestand und erfreuen sich teilweise eines beachtlich hohen Alters.
Ich wundere mich, dass sie sich dieser, offensichtlich vom Chefredakteur der hiesigen Tageszeitung betriebenen Hetzkampagne anschließen. So ist doch bei verschiedenen Ereignissen der letzten Wochen von eben diesem Chefredakteur immer wieder gefordert worden, dass einer die Verantwortung zu übernehmen hat, ein Kopf rollen müsse, und zwar der des Oberbürgermeisters.
Ist es Neid oder vielleicht die doch schon weite Entfernung von der heutigen Realität (den Gehaltsforderungen, die Spitzenkräfte heute stellen und auch durchsetzen können), warum sie das perfide Spiel dieses (...) nicht durchschauen?
Übrigens stand in ebender Tageszeitung vor einigen Tagen ein Leserbrief zweier hiesiger Unternehmer, die es sehr bedauerten, dass einem anderen Chefarzt (Prof. Bräuer), der das Carolus verlässt, kein solches Angebot vom Klinikum gemacht worden ist, damit er in Görlitz bleibt und nur in das andere Krankenhaus wechselt.
Wer hier nicht durchschaut, dass dieser ganze "Skandal" durch gezielte Indiskretion verursacht und nun mit aller Macht am Leben gehalten wird, um dem Klinikum zu schaden und um es zu schwächen, damit dann der "große Retter, der weiße Ritter" in Persona des Landrates Lange kommt und das Görlitzer Klinikum mit in seinen "Holding-Einheitsbrei" mit aufnimmt.
Offenbar haben es einige CDU-Leute nicht verkraftet, dass die Görlitzer Einwohner mit dem Bürgerbegehren ihnen einen Strich durch diese Rechnung gemacht hatten. Nun wird versucht, die Uhr zurückzudrehen und gleich noch ein paar ihnen (den CDU-Leuten Kretschmer, Beutler, Lange, Ursu u.a.) nicht hörige Leute zu Entfernen.
Nehmen Sie es mir nicht übel, Frau Tellus, mich erinnert das alles hier immer mehr an süditalienische Verhältnisse.
Viel Spaß beim Nachdenken.
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- Quelle: Irina Tellus | Erstveröffentlichung am 20.11.2010 - 12:58 Uhr
- Erstellt am 20.11.2010 - 12:52Uhr | Zuletzt geändert am 21.11.2010 - 01:51Uhr
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