Finanzierung des Davidsterns gesichert

Finanzierung des Davidsterns gesichertGörlitz, 22. Mai 2021. Wie Radio Erzgebirge meldet, ist die Finanzierung des Davidsterns für den Turm der Neuen Synagoge Görlitz, die im Juni als Kulturforum eröffnet werden soll, gesichert.

Abb.: Die Neue Synagoge zu Görlitz soll im Juni als Kulturforum eröffnet werden
Foto: © BeierMedia.de
Anzeige

Wofür steht der Davidstern?

Wofür steht der Davidstern?
An der Fassade sind über dem Eingang zwei Elemente bislang nicht wieder hergestellt worden: oben der Davidstern, unten die Inschrift
Foto: © BeierMedia.de

Thema: Jüdisch

Jüdisch

Juden hatten und haben einen großartigen Anteil an der Entwicklung Deutschlands in Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft. Leben ist undenkbar ohne die Erinnerung an die Zeit, als es in Deutschland ausreichte, Jude zu sein, um verhaftet, deportiert und umgebracht zu werden, wenn man nicht rechtzeitig geflohen war.

Der originale Davidstern, der die gewaltige Kuppel der Synagoge krönte, war im Zuge des Novemberpogroms von 1938, als die Synagoge angezündet und gelöscht wurde, am nächsten Tag abgeschlagen worden und zerschellte auf der Straße. Nun also ein neuer Stern, die bislang bekannten Hintergründe für die überraschend gesicherte Finanzierung schildert Radio Erzgebirge.

Der Davidstern, ein Hexagramm aus zwei Dreiecken, ist uralt – aber ursprünglich kein ausschließliches Symbol des Judentums. Als solches taucht er erst auf, als das Spätmittelalter in die Neuzeit übergeht. Bezug der Juden zum Stern besteht darin, dass König David dieses Hexagramm, das in allen Religionen böse Dämonen abschrecken sollte, auf seinem Schild getragen hat – deshalb wird der Davidstern im Hebräischen "Schild Davids" genannt. Nach und nach entwickelte sich der Davidstern vom Identitätszeichen zum Religionszeichen und schließlich zu dem des Staates Israel. Die deutschen Nationalsozialisten mitbrauchten den Davidstern als "Judenstern", um die jüdische Bevölkerung auszugrenzen und zu stigmatisieren.

Ausgegrenzt – nicht sichtbar – ist die Neue Synagoge auf einem Bild, das im Görlitzer Ratssaal hängt. Gemalt hat es der Görlitzer Kunstmaler Arno Henschel, der sich von den Nazis nicht vereinnahmen ließ und sich seit 1934 weigerte, in die NSDAP einzutreten. Heschel erhielt dennoch öffentliche Aufträge, beispielsweise stammen die Wappen am Reichenbacher Turm, die 1937 entstanden, von ihm, andererseits wurde eines seiner Bilder in der Propagandaausstellung "Entartete Kunst" gezeigt. 1937 erhielt Henschel den Schlesischen Kunstpreis. Ob er die Synagoge auf Vorgabe oder aus eigenem Willen aus der Görlitzer Stadtansicht verschwinden ließ, ist bis heute unklar.

Der Davidstern hat eine hohe Symbolkraft. Die Dreiecke in seinen Zacken symbolisieren die sechs Schöpfungstage, seine Mitte den siebenten. Das nach unten gerichtete Dreiecke steht für das von Gott gekommene Leben des Menschen, das nach oben zeigende für die Rückkehr des Menschen zu Gott. An die zwölf Stämme Israels erinnern die zwölf Ecken des Sterns.

Diskutiert wurde, ob die Sanierung der Görlitzer Synagoge mit einem neuen Davidstern zur Perfektion getrieben werden soll oder hier vielleicht ein Symbol geschaffen werden soll, dass beispielsweise durch einen amgebrochenen Stern an die Zerstörungen am Gebäude in der Pogromnacht und die nachfolgende Auslöschung der Jüdischen Gemeinde in Görlitz erinnert. Überhaupt kann die unter denkmalpflegerischen Gesichspunkten akribisch erfolgte Sanierung als das Verwischen von Spuren – nämlich von Spuren der Entartung der deutschen Gesellschaft durch den Nationalsozialismus – gesehen werden. Aus dieser Sicht jedoch verbietet es sich, das wichtigste jüdische Zeichen in Form eines Kunstwerks als zerstört darzustellen, während die wahren Spuren des judenfeindlichen Ungeistes wegrestauriert wurden.

Selbst wenn der Davidstern die Synagoge wieder krönt, sind bislang zwei weitere Symbole des einstigen Gotteshauses übersehen worden: Der Davidstern am Giebel und die offensichtlich überputzte Inschrift über dem Haupteingang, die auf die Funktion als Gotteshaus verweist. Würden nicht auch sie wiederhergestellt, bliebe der Versuch, jüdische Symbolik aus dem Stadtbild zu verdrängen, an dieser Stelle von Erfolg gekrönt. Mögliche Gründe der Nazis, die Synagoge, in der 1940 der letzte Gottesdienst stattfand, als Bauwerk nach der Entfernung der jüdischen Symbole zu tolerieren, werden in einem im Sommer erscheinenden umfassenden Buch von Alex Jacobowitz über die Neue Synagoge zu Görlitz beleuchtet.





Kommentare Lesermeinungen (0)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: red | Fotos: © BeierMedia.de
  • Erstellt am 22.05.2021 - 07:19Uhr | Zuletzt geändert am 22.05.2021 - 10:36Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige