70. Jahrestag der Selbstbefreiung von den Nazis

Schwarzenberg/Erzgebirge, 19. Juni 2015. Der Krieg war aus und keiner kam... In der Tat: Als am 11. Mai 1945 die damalige Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, gelegen im Westerzgebirge, noch nicht besetzt ist, ergreift ein antifaschistischer Aktionsausschuss die Macht und versucht, das Überleben von Einwohnern und Flüchtlingen zu organisieren. Der noch immer im Amt befindliche parteilose Landrat bestätigt in den Abendstunden mit Dienstsiegel und Unterschrift die Revolution. Es ist die historisch verbürgte Geburtsstunde der Legende von der Freien Republik Schwarzenberg, die sich durch sechs Wochen unbesetzte Zeit hindurch selbst regierte. Nun wird am 20. Juni 2015 der 70. Jahrestag mit einem bunten Straßenfest gefeiert.

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Um die besatzungslose Zeit ranken sich noch immer viele Legenden

Thema: Woanders

Woanders

"Woanders" – das ist das Stichwort, wenn der Görlitzer Anzeiger auf Reisen geht und von Erlebnissen und Begegnungen "im Lande anderswo" berichtet. Vorbildliches, Beispielhaftes und Beeindruckendes erhält so auch im Regional Magazin seine Bühne.

Wobei Straßenfest das Geschehen nur unzureihend beschreibt: Die Stadt wird eingeteilt in vier Besatzungssektoren, in denen sich amerikanische, britische, französische und nicht zuletzt russische Kultur und Kulinarien finden - mittendrin aber: die unbesetzte Zone.

Deren Herz bildet Beier's Kunst & Kneipe mit dem Haus Kafka, der Ort, wo die Freie Republik Schwarzenberg weiterlebt.

Hier an der "Essensausgabe für Flüchtlinge" und an der "Pass- und Meldestelle", wo der nachweislich noch immer international akzeptierte Pass der Freien Republik Schwarzenberg ausgestellt wird (selbst der sächsische Ministerpräsident Tillich besitzt einen, man weiß ja nie...), wird auch der Görlitzer Anzeiger mit einem Korrespondentenbüro vertreten sein. Bei Interesse einfach nachfragen.

Allein den nicht ungefährlichen Recherchen des Görlitzer Anzeigers ist es zu verdanken, dass bis in die Gegenwart reichende Verbindungen aus dem Einmarsch der Roten Armee, die erst am 26. Juni 1945 in Schwarzenberg ankam, dem Dunkel der Geschichte entrissen wurden. Die Schlüsselrollen spielen offenbar Kneiper Beier, ein Mann mit Goldkette um den Hals und ein KGB-Mann.

Jedenfalls war ein ZIM-12, einst russisches Staats- und Bonzenfahrzeug, auf undurchsichtigen Wegen aus Moskau in Beiers Bände gelangt. Das Fahrzeug - ein historisches Beweismittel ersten Ranges - wird am 20. Juni an der Kneipe "Zur Freien Republik Schwarzenberg" zu sehen sein, zusammen mit einer Dokumentation des Görlitzer Anzeigers.

Der Görlitzer Anzeiger ist über die Jahre an dem Thema gebleiben und konnte - nicht nur zum Tag der Befreiung - stets neue Fragen aufwerfen: Warum wurde das vom Annaberger Eduard-von-Winterstein Theater inszenierte Stück "Schwarzenberg" (nach dem gleichnamigen Roman von Stephan Heym) nur ein einziges Mal am 9. Mai 2015 im Lokschuppen Schwarzenberg aufgeführt, um fürderhin auf Ewigkeit in Vergessenheit zu geraten?

Weitere Recherchen des Görlitzer Anzeigers bestätigen die Übernahme des Schwarzenberger Stadtwappens durch den sowjetischen Geheimdienst ebenso wie die naheliegende Verquickung des russischen Staatspräsidenten Wladimir Wladimirowitsch Putin und eines sächsischen Wirtschaftsministers.

Im Jahr 2014 schließlich konnte der Görlitzer Anzeiger den Zusammenhang seiner Recherchen mit dem Verbleib des Königsberger Bernsteinzimmers, dem Landkreis Görlitz und der russischen Invasion auf der Krim herstellen.



Wenn die Schwarzenberger und ihre Gäste am 20. Juni 2015 den 70. Jahrestag der antifaschistischen Machtergreifung beschwingt feiern, so sollten sie darüber nicht vergessen: Die Kräfte der Vergangenheit wirken fort, die Geschichte ist längst noch nicht vorbei.

Prädikat: Unbedingt hingehen!

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  • Quelle: FRS | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 18.06.2015 - 22:58Uhr | Zuletzt geändert am 19.06.2015 - 10:58Uhr
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