Görlitz: Euroregion plant Initiative für „Silicon Saxony“
Görlitz, 5. Januar 2025. Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung kamen am 20. Dezember 2024 in Görlitz zusammen, um die Fachkräfteentwicklung in der Euroregion Neisse-Nisa-Nysa voranzubringen. Ziel des Treffens war es, die Region in die sächsische Halbleiterindustrie zu integrieren und Maßnahmen zur Unterstützung der Investition des taiwanesischen Unternehmens TSMC in Dresden zu entwickeln.
Treffen für Halbleiterindustrie
Foto @ Landratsamt Görlitz
Kooperation für Ausbildung und Wirtschaft
Zu den Teilnehmenden gehörten der Hejtman von Liberec, Martin Puta, der Görlitzer Landrat Dr. Stephan Meyer sowie die Rektoren der TU Liberec, Prof. Dr. Miroslav Brzezina, und der Hochschule Zittau-Görlitz, Prof. Dr. Alexander Kratzsch. Unterstützt wurden sie von weiteren Vertretern aus Wissenschaft und Politik, darunter Prof. Dr. Sophia Keil, Prorektorin für Bildung und Internationales, und die Oberbürgermeister von Liberec und Zittau.
Zentraler Bestandteil der Beratungen war die Entwicklung neuer Studiengänge mit Doppelabschlüssen, die gezielt auf die Halbleiterindustrie ausgerichtet sind. „Die Investition von TSMC in Dresden ist eine enorme Chance, die wir auch in unserer Region nutzen wollen“, erklärte Landrat Dr. Stephan Meyer. Ziel ist es, durch gezielte Ausbildungsangebote Fachkräfte für die gesamte Wertschöpfungskette der Branche auszubilden und gleichzeitig die Ansiedlung von Zulieferbetrieben in der Region zu fördern.
Trinationale Zusammenarbeit für den Erfolg
Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Vorbereitung einer tschechisch-taiwanesisch-sächsischen Konferenz im Frühjahr 2025, die Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammenbringen soll. Diese soll dazu beitragen, die Anforderungen der Industrie mit passgenauen Bildungsangeboten zu verknüpfen. Bereits in der Vergangenheit gab es auf Initiative von Dr. Stephan Meyer zwei Besuche des Repräsentanten der Republik Taiwan in Deutschland, Prof. Dr. Shieh, im Landkreis Görlitz. Dies verdeutlicht das Ziel, die trilaterale Zusammenarbeit mit Taiwan und Tschechien weiter zu vertiefen.
Perspektiven für die Euroregion
Mit dem Auftakttreffen wurde ein wichtiger Schritt gemacht, um die Euroregion Neisse-Nisa-Nysa aktiv in die dynamische Entwicklung der Halbleiterindustrie einzubinden und die Zukunft der Region als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort zu sichern.
Kommentar: Hightech-Träume mit Risiken und Nebenwirkungen
Der Landkreis Görlitz träumt von der Teilhabe am „Saxony Valley“, dem sächsischen Pendant zum berühmten Silicon Valley in Kalifornien. Die Vision: durch die Investition von TSMC in Dresden und innovative Ausbildungsangebote die Region als Standort für die Halbleiterindustrie zu etablieren. Doch bevor Görlitz sich an diesen Hightech-Träumen orientiert, lohnt ein Blick in die Realität des Silicon Valley – und auf die Schattenseiten, die auch für Sachsen zum Problem werden könnten.
Silicon Valley steht heute für Innovation und wirtschaftliche Macht, aber auch für explodierende Immobilienpreise, soziale Spaltung und eine Abwanderung traditioneller Berufszweige. Ähnliche Entwicklungen könnten auch das „Saxony Valley“ treffen, wenn der Fokus zu einseitig auf die Hightech-Industrie gelegt wird. Schon jetzt leidet der Landkreis Görlitz massiv unter dem Mangel an Handwerkern und Fachkräften in klassischen Berufen. Wenn öffentliche Gelder und politische Energie fast ausschließlich in die Halbleiterindustrie fließen, droht eine weitere Schwächung dieser Berufsgruppen – mit fatalen Folgen für die regionale Infrastruktur.
Denn ohne Handwerker wird es auch kein „Saxony Valley“ geben: Wer soll die Produktionshallen bauen, die Straßen instand halten und die Basisinfrastruktur sichern, die Hightech-Unternehmen brauchen? Im Silicon Valley wurden diese Herausforderungen lange ignoriert – mit dem Ergebnis, dass große Teile der Bevölkerung heute von den wirtschaftlichen Erfolgen ausgeschlossen sind. Sachsen darf diesen Fehler nicht wiederholen.
Eine regionale Entwicklung, die nur auf Spitzenindustrien wie die Halbleitertechnologie setzt, riskiert, die wirtschaftliche und soziale Balance zu verlieren. Statt einseitig auf Hightech zu setzen, muss der Landkreis Görlitz eine duale Strategie verfolgen: Die Förderung der Halbleiterindustrie und die Stärkung traditioneller Berufszweige müssen Hand in Hand gehen. Nur so kann eine echte Zukunftsperspektive für die gesamte Bevölkerung entstehen.
Die Idee des „Saxony Valley“ birgt Chancen, keine Frage. Aber sie darf nicht zur Illusion werden, die langfristig mehr Probleme schafft, als sie löst. Der Landkreis Görlitz muss beweisen, dass er aus den Fehlern des Silicon Valley gelernt hat – und dass Fortschritt nicht zu sozialer und wirtschaftlicher Spaltung führen muss. Das Fundament für eine erfolgreiche Zukunft liegt nicht nur in Hightech, sondern vor allem in einem stabilen, breit aufgestellten Mittelbau aus Handwerk, Infrastruktur und beruflicher Vielfalt. Ohne dieses Fundament wird das „Saxony Valley“ kaum mehr sein als eine Idee, die an der Realität scheitert.
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- Quelle: red / PM Landkreis Görlitz
- Erstellt am 05.01.2025 - 06:13Uhr | Zuletzt geändert am 05.01.2025 - 06:34Uhr
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