Läuft in Görlitz der Verkehr verkehrt?

Görlitz, 14. Mai 2013. Eine Arbeitsgruppe sucht nach der künftigen Verkehrsführung am Postplatz. Dabei nutzt sie die Erkenntnisse einer umfangreichen Verkehrszählung vom 9. April 2013. Im Rahmen der städtebaulichen Sanierung hat sich die Stadt Görlitz entschieden, neben der bereits im Bau befindlichen Innenfläche des Schmuckplatzes nunmehr auch den gesamten Postplatz einschließlich des nördlich angrenzenden Platzbereiches zur Frauenkirche bzw. zum City Center Frauentor neu zu gestalten und dabei auch eine verträglichere Verkehrsabwicklung zu erreichen. Aus Sicht der Verwaltung bestehen rund um den Postplatz gegenwärtig Konflikte im Verkehrsystem, die auf "vielfältigen Nutzungsüberlagerungen sowie hohem Quell- und Zielverkehrsaufkommen innerhalb der vorhandenen historischen Straßenräume" beruhen.

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Verkehrsabläufe und Nutzungsanforderungen unter einen Hut bringen

Bevor die eigentliche Planung beginnt, will die Stadt Görlitz mit Hilfe einer Verkehrsstudie eine Vorzugsvariante zur künftigen Verkehrsorganisation rund um den Postplatz erarbeiten. Ziel ist es einerseits, die Verkehrsabläufe zuträglicher zu gestalten, andererseits auch den vielen Nutzungsanforderungen gerecht zu werden (Steigerung der Aufenthaltsqualität, Erreichbarkeit des Zentrums für Besucher und Kunden u.a.m.). Um die Ansprüche umfänglich zu betrachten, werden im Rahmen der Verkehrsstudie wichtige Postplatz-Akteure frühzeitig in einer Arbeitsgruppe beteiligt, in der neben direkten Anliegern auch Vertreter der Wirtschaft und des Handels, der Politik, der öffentlichen Institutionen sowie weitere Interessengruppen mitwirken.

Grundlage für die Überlegungen zur künftigen Verkehrsführung bilden umfangreiche Verkehrserhebungsdaten, die insbesondere in einer groß angelegten Zählung am 9. April 2013 ermittelt wurden. An diesem Tag waren zwischen 10 und 18 Uhr an sieben Erhebungsstellen 16 Personen im Einsatz, die sowohl Fußgänger und Radfahrer erfassten als auch den ruhenden und fließenden Kfz-Verkehr dokumentierten. Unterstützt wurden die Zählkräfte durch eine automatische 24h-Radarmessung. Die Ergebnisse liegen jetzt vor und wurden in zwei Plänen (Quelle: Ingenieurbüro IVAS Dresden) anschaulich aufbereitet (Abbildungen).

Darüber hinaus konnten zahlreiche interessante Details ermittelt werden:

Verkehr rund um den Postplatz

- vom Demianiplatz erreichen den Postplatz 5.500 Kfz, davon verkehren etwa 70 Prozent (3.900 Kfz) in Richtung Schützenstraße und 30 Prozent (1.600 Kfz) umfahren den Postplatz (bei nur 71 Stellplätzen)

- die Konsulstraße ist stark asymmetrisch belastet (85 Prozent verkehren südwärts)

- aus der Jakobstraße erreichen ca. 1.700 Kfz den Postplatz

- 140 Kfz befahren vom und zum Postplatz die Fußgängerzone Berliner Straße

- von den umfahrenden Kfz sind ca. 95 Lieferwagen und ca. 20 Lkw (7 Prozent) – Liefern und Laden hat folglich nur einen untergeordneten Anteil am Verkehr

- der Anteil illegaler Durchfahrten (Postplatz – Demianiplatz, nördlich der Post) liegt gegenüber allen Fahrten unter 1 Prozent

- viele Kfz fahren im Bereich zwischen Post und City Center zu schnell – bei zugelassenen 20 km/h fahren über 20 Prozent aller Kfz schneller als 30 km/h

Verkehr zum Parkhaus City Center Frauentor

- das Parkhaus verzeichnete innerhalb seiner Öffnungszeiten ca. 1.300 Kfz Quell- und Zielverkehr

- 350 Fahrten des Zielverkehrs (ca. 54 Prozent) kommen davon aus Richtung Schützenstraße/Konsulstraße, die übrigen 300 Fahrten (ca. 46 Prozent) kommen aus Richtung Demianiplatz

- bezogen auf die Ziele „Parkhaus“ und „Postplatz“ (zusammen 300 + 1.600 = 1.900 Fahrten jeweils vom Demianiplatz aus) sind damit 2/3 aller 5.500 Kfz-Fahrten in Höhe Frauenkirche zumindest dem städtischen Durchgangsverkehr zuzurechnen

Auslastung der Stellplätze am Postplatz und im City Center Frauentor

- die 71 Stellplätze im Straßenraum waren zu den Geschäftsöffnungszeiten sehr gut bis nahezu komplett belegt

- die 440 Stellplätze im Parkhaus City Center (offen von 7 bis 21 Uhr) sind nach Betreiberangaben an durchschniittlichen Tagen zwischen 35 Prozent Morgens, 65 Prozent Mittags und 50 Prozent Nachmittags ausgelastet

- minimal sind so ca. 150 freie Stellplätzen auch zur Spitzenzeit (Mittags zwischen 12 und 14 Uhr) verfügbar, das entspricht 35 Prozent

- die Zählung am 09.04.2013 ergab je ca. 650 Ein- und Ausfahrten in 24 h

- die maximale Auslastung unter Berücksichtigung von „Nachtparkern“, Mitarbeitern und externen Dauerparkern betrug am 09.04.2013 zwischen 12 und 13 Uhr 223 Kfz (50,5 Prozent)

Fußgänger

- in Höhe der Sparkasse frequentierten im Zeitraum zwischen 10 und 18 Uhr 9.000 Fußgänger die Berliner Straße

- vor der Post lag die Zahl bei 5.500 Fußgängern

Auf Basis der Ergebnisse der Verkehrszählung und des Erfahrungsaustausches in der Arbeitsgruppe wird gegenwärtig an einer Vorzugslösung für die Verkehrsorganisation rund um den Postplatz gearbeitet. Sie wird eine Grundlage für die nachfolgenden gestalterischen Überlegungen bilden. Geplant ist, die verkehrlichen Empfehlungen der Arbeitsgruppe in einer Veranstaltung voraussichtlich Ende Mai/Anfang Juni der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Postplatz Görlitz

Von Bertram Oertel am 15.05.2013 - 07:59Uhr
Das Bemühen der Verwaltung die Verkehrsströme rund um den Postplatz zu erfassen und darauf aufbauend eine Lösung und Lenkung des gesamten Verkehrsaufkommens zu erarbeiten, ist zu begrüßen.

Der Zeitpunkt der Erhebung und Erstellung eines Verkehrslenkungspanes fällt nun ausgerechnet in die Zeit der Sanierung des Muschelminna Kunstbrunnens und der Neugestaltung des Postplatzes. In Anbetracht der Frequenz von täglich 5.500 KFZ und ca. 15.000 Fußgängern hätte ich es begrüßt, wenn diese Planungen vor der Diskussion und Umgestaltung des Postplatzes erfolgt wären.

So sind nach der teuren Sanierung und Neugestaltung des Postplatzes die Möglichkeiten für eine generelle Neuordnung der Verkehrsströme von vornherein eng begrenzt.

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  • Quelle: red | Abbildungen: Stadtverwaltung Görlitz
  • Erstellt am 14.05.2013 - 22:54Uhr | Zuletzt geändert am 14.05.2013 - 23:24Uhr
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