Bahn verspricht weniger als eine Stunde Fahrzeit zwischen Hoyerswerda und Görlitz

Niesky, 3. Dezember 2018. Mit der Fahrt eines Sonderzuges von Lohsa / Łaz über Kohlfurt (Węgliniec) nach Niesky / Niska und dort einem großen Festakt mit viel Prominenz ist heute die auch Niederschlesien-Magistrale genannte erneuerte, elektrifizierte und wieder zweigleisige 55 Kilometer lange Bahntrasse Knappenrode / Hórnikecy – Niesky – Horka feierlich in Betrieb genommen worden. Sie spielt eine besondere Rolle für den Güterverkehr nach Osteuropa und weiter.
Abbildung oben: Noch ohne Fahrdraht verlief im März 2017 der Zugverkehr bei Zentendorf, hier unterwegs in Fahrtrichtung Horka kurz nach der neuen Eisenbahnbrücke über die Lausitzer Neiße

Anzeige

Güterzüge bis zu 740 Meter lang

Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer und DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla eröffneten die Strecke zusammen mit Vertretern des polnischen Infrastrukturministeriums, der polnischen Bahn-Netzgesellschaft PKP-PLK, der Europäischen Kommission sowie zahlreichen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung.

Erstmals nach der Demontage durch die Sowjetunion ist die Strecke nach 70 Jahren wieder zweigleisig befahrbar. Ab dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2018 fahren zweistündlich pro Tag wieder Nahverkehrszüge, die einen Großteil der neu- und ausgebauten Strecke nutzen, zwischen Hoyerswerda und Görlitz.

Ferlemann jubelt: "Wir bringen mehr Güter auf die umweltfreundliche Schiene! Diese Strecke trägt dazu bei, unsere Klimaschutzziele zu erreichen. Dank modernster Technik wird der Schienengüterverkehr wettbewerbsfähiger. Bis zu 740 Meter lange Güterzüge können ohne technische Hindernisse grenzüberschreitend über diese Strecke rollen." Auch Ministerpräsident Kretschmer sieht die erneuerte Eisenbahntrasse als wichtigen Meilenstein für die Infrastruktur der Zukunft in der Lausitz, dem weitere folgen müssen: "Weniger als eine Stunde zwischen Görlitz und Hoyerswerda, eine gute Verbindung von Städten und Dörfern und die Chance, wieder beim Fernverkehr mitfahren zu können – dazu kommt, dass der Ausbau im europäischen Güterverkehr die Straße entlastet."

DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla hingegen verwies auf die europäische Bedeutung der Magistrale: "Heute wächst Europa auf der Schiene ein weiteres Stück zusammen. Mit der Inbetriebnahme der Strecke zwischen Knappenrode, Horka und der Grenze zu unseren polnischen Nachbarn erreichen wir einen wichtigen Lückenschluss im europäischen Verkehrskorridor zwischen Nordseehäfen und Wirtschaftszentren in Mittel- und Südosteuropa."

Ein Projekt europäischer Dimension

Deutschland und Polen hatten im Zuge des Beitritts osteuropäischer Länder zur Europäischen Union den Ausbau der sie verbindenden Eisenbahntrassen vereinbart, um den zunehmenden Güter- und Personenverkehr zwischen Ost- und Westeuropa bewältigen zu können. Hier ordnet sich auch das Projekt "Ausbau der Strecke Knappenrode (Hoyerswerda) – Horka" bis zur Lausitzer Neiße, die Deutschland und Polen verbindet, ein.

Die Strecke wurde seit 2010 zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert und wird mit dem neuen, europaweit einheitlichen Zugsicherungssystem ETCS ausgerüstet. Das erleichtert den grenzüberschreitenden Güterverkehr. Die Kapazität der Strecke ist für bis zu 170 Züge täglich – also im Durchschnitt ungefähr pro Viertelstunde ein Zug pro Richtung – ausgelegt.

Dazu mussten 33 Bahnübergängen modernisiert werden und 31 Eisenbahnbrücken sowie vier Straßenbrücken um- oder neugebaut werden. Genau so erging es den Bahnsteiganlagen. Für die Elektrifizierung wurden fünf neue elektronische Stellwerke gebaut. Eingeführt wurde das Europäische Zugsicherungssystem ETCS und der grenzüberschreitende digitale Zugfunk GSM-R. Gekostet hat das Ganze rund eine halbe Milliarde Euro, die sich Bund, Deutsche Bahn, EU (95 Millionen Euro) und Sachsen (20 Millionen Euro) teilen.

Aus Polen kommend können die Züge bis Horka Güterbahnhof und in Gegenrichtung 120 Stundenkilometer schnell fahren, zwischen Horka und Knappenrode sind es 160 Stundenkilometer. Weil das Krach macht, sind ungefähr 16 Kilometer Lärmschutzwände aufgestellt worden, außerdem gab es Geld für Schallschutzfenster.

Für Natur und Landschaft gab es Schutz-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Dabei wirkte positiv, dass die Baulogistik vorwiegend auf der Schiene abgewickelt wurde. berücksichtigt wurden Durchschlupfe für Kleintiere und es gab ein Monitoring für die Vermeidung von Wildunfällen. Für Fledermäuse wurde Ersatzlebensraum geschaffen.

Bei Lohsa gab es noch eine Besonderheit: Hier musste im Zuge der Altbergbausanierung von der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) von 2011 bis 2016 ein tragfähiger Untergrundes für die Bahnstrecke hergestellt werden.

Mehr erfahren im Görlitzer Anzeiger!
04.09.2018: Jetzt wird's elektrisch!
20.09.2016: Niederschlesische Magistrale: Neißebrücke getestet
07.07.2014: Eisenbahnausbau zwischen Knappenrode und Niesky

Der Weißwasseraner Anzeiger berichtet heute von einem weiteren Eisenbahn-Großprojekt im Landkreis Görlitz:
03.12.2018: Oberlausitzer Bahntrasse wird 30 Prozent länger

Kommentare Lesermeinungen (0)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: red | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 03.12.2018 - 20:58Uhr | Zuletzt geändert am 03.12.2018 - 21:51Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige