Altbäume verschwinden
Görlitz, 15. September 2007. In wenigen Tagen beginen die Bauarbeiten zur Erneuerung des Görlitzer Lutherplatzes. Bis zum Jahresende wird der Platz eine komplett neue Oberfläche erhalten. Es werden neue Strauch- und Staudenpflanzungen entstehen und frische Rasenspiegel angesät. Für Kinder werden zahlreiche Spielangebote eingerichtet. Neue Bänke bieten bald Alt und Jung Sitzplätze und Gelegenheit zum Verweilen. Die Baumaßnahmen werden bis zum Ende des Jahres abgeschlossen.
Erneuerung des Lutherplatzes beginnt
Die Rodung der meisten Altbäume auf dem Platz ist die für manchen bittere Konsequenz der Neugestaltung. Schon in den nächsten Tagen wird der Lutherplatz deshalb sein Aussehen völlig verändern.
Starke Schädigung und Überalterung der Bäume sind die Gründe für diesen Schritt, der im Technischen Ausschuss des Stadtrats eingehend besprochen wurde. Schtrittweise Lösungen wären sehr aufwändig gewesen, deshalb hat sich die "Radikalkur" für den Platz als beste Option erwiesen.
Seine erste Bepflanzung erhielt der Lutherplatz 1885 zur 1. Gewerbe- und Handelsausstellung. Damals wurden vorrangig Platanen gepflanzt. Abbildungen aus der Zeit um 1900 zeigen bereits Ahornarten, aber auch ‚Rest-Birken’ aus früherer Zeit. Der einzige historische Plan der Städtischen Gartendirektion stammt aus dem Jahr 1931 und verzeichnet Platanen, Berg- und Spitzahorn. Um 1950 pflanzten die Stadtgärtner mit dem Abbruch des Löschbeckens und der letzten größeren Umgestaltung noch einmal eine größere Zahl von Jungbäumen, vorwiegend Spitzahorn.
Für den Aufwuchs einer neuen Baumgeneration sind die Bedingungen härter geworden. Nicht nur die Stressfaktoren wie Trockenheit, Verdichtungen im Wurzelbereich, Strahlungshitze über Platzflächen und Tausalze attackieren Bäume in der Innenstadt. Am Lutherplatz ist der Wurzelraum auch durch anstehenden felsigen Untergrund begrenzt. Mangels aufsteigender Feuchtigkeit müssen die Bäume hier Trockenphasen überstehen, ohne sich Reserven in der Tiefe erschließen zu können.
Probeschachtungen ergaben, dass in bestimmten Bereichen, insbesondere nahe der Kirche, bereits ab etwa einem Meter Tiefe Fels oder zumindest verwitterter Fels zu finden ist. Unsere Vorfahren halfen sich und den jungen Bäumen, in dem sie Wurzelgräben anlegten. Da im Sinne des Gartendenkmals Baum-Raster und Abstände konstant bleiben, sind diese Gräben nutzbar und werden mit weiteren Lockerungen und Standortverbesserungen kombiniert.
Neuer Start mit neuer Art
Mit dem Generationswechsel am Lutherplatz ist heute ein Arten-Wechsel verbunden. Aus der Art Spitzahorn (Acer platanoides) wurden zwar deutschlandweit viele Sorten gezüchtet, jedoch hat sich in den letzten Jahren auch als Auswirkungen des beginnenden Klimawandels die Neigung zu Frostrissen entlang des Stammes enorm verstärkt. Auch an Standorten in Görlitz (Gutenbergstraße, Fröbelstraße) wurden viele Bäume Opfer von Spätfrösten, die den bereits steigenden Saft im Zellgewebe der Stämme frieren lassen. Der daraus folgende lange Riss führt vom Stammfuß in die Krone, lässt Kronenpartien absterben und führt zu Fäulnis in den sich erst langsam schließenden Wunden.
Mit dem Lederhülsenbaum (Gleditschie, Gleditsia triacanthos ‚Inermis’) wird eine Baumart künftig den vierreihigen Bestand bilden, die mit der extremer werdenden Trockenheit und Strahlungshitze auf einem solchen Platz fertig wird und dennoch auch mit gebietstypischen winterlichen Frosttemperaturen auskommt. Die gewählte Sorte ‚Inermis’ ist dornenlos und kompakter als die Ausgangsart. Sie bildet eine hohe, schlanke aber auch sehr lichtdurchlässige Krone. Die potentielle Höhenentwicklung von ca. 20 m ist aufgrund des felsigen Untergrunds unwahrscheinlich. Ein geschlossenes Kronendach wird allerdings in 15-20 Jahren den Lutherplatz überdecken und dennoch genug ‚Kopffreiheit’ für Promenierende bieten. Der zartgrüne späte Austrieb lässt auch im Frühjahr noch Sonne ‚ins Parterre’ fallen. Der größte Schmuck ist die lange goldgelbe Herbstfärbung. Die positiven Erfahrungen anderer Städte bestätigten sich in Görlitz an der oberen Heilig-Grab-Straße, wo Gleditschien seit einigen Jahren wachsen. Auch in Bautzen markiert der Lederhülsenbaum eine Allee am östlichen Stadteingang.
Sechs alte Ahorn aus dem heutigen Bestand werden nach den Rodungen auf dem Lutherplatz verbleiben. Diese, noch relativ vitalen Exemplare, zeigen wie eine historische Zeitschicht noch auf einige Jahre den früheren Bestand an und werden innerhalb des nächsten Jahrzehnts ausgetauscht.
Auch innerhalb der Sträucher ist die Zeit für eine Verjüngung gekommen. Am künftigen Lutherplatz werden eine niedrige Fliederart (Syringa meyeri) und der ebenfalls knapp eineinhalb Meter hoch wachsende Japanische Spierstrauch (Spiraea nipponica) eine Einfassung bilden. Die Überschaubarkeit der Innenflächen war dabei auch ein Wunsch vieler Anwohner. Die Blüte dieser Gehölze erfreut im Frühjahr. Robuste flächendeckende Stauden entlang der frei wachsenden Hecken und interessant blühende Stauden auf einigen inneren Rabatten sorgen für Farbe in den Sommermonaten.
Nicht nur die Fällarbeiten, auch die nachfolgende Tiefbautätigkeit werden bis zum Jahresende immer wieder mit Baulärm und unumgänglichen Behinderungen einhergehen. Der enge Fertigstellungstermin zwingt teilweise zu mehrschichtigem Bauen. In der Woche vom 17. zum 21. September 2007 werden Halteverbote die Parkmöglichkeiten einschränken. Dies wird auch im weiteren Verlauf tageweise unvermeidbar sein.
Alle Firmen sind gebunden, die geltenden Ruhezeiten zu respektieren. Die Stadtverwaltung bittet dennoch Anwohner um Verständnis für unvermeidliche Belästigungen und vorübergehende Einschränkungen.
Tipp:
Wer sein Grundstück neu gestalten möchte, findet dazu Tipps im Bautzner Anzeiger, etwa zur blickdichten Bepflanzung der Grundstücksgrenze.
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- Quelle: red | Fotos: Stadtverwaltung Görlitz
- Erstellt am 15.09.2007 - 12:25Uhr | Zuletzt geändert am 25.06.2020 - 15:34Uhr
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