Gewählt ist gewählt
Görlitz, 27. September 2021. Von Thomas Beier. Was interessieren mich die Wahlen von gestern? Viel, denn sie werden die Bundespolitik der nächsten vier Jahre bestimmen und damit auch für Sachsen spürbar werden, für jeden Einzelnen. Am Wahlsonntag 2021 wurde das den Bundestag bestimmende Parteiensystem gründlich umgekrempelt. Die beiden großen Volksparteien CDU und SPD liegen nahezu gleichauf, eine starke FDP und starke Bündnisgrüne machen eine ganze Reihe an Koalitionen möglich.
Von Zugpferden und Karren ohne
Zu wichtigen Rolle von Bündnisgrünen und FDP haben vor allem die AfD-Wähler beigetragen: Angesichts der schwächelnden CDU hat jede blaue Stimme ein Dreierbündnis als Grundlage einer handlungsfähigen Regierung wahrscheinlicher gemacht.
Der Wahlausgang wurde sicherlich stark von den Leitfiguren der Parteien bestimmt, bei Bündnisgrünen, CDU und SPD von den Kanzlerkandidaten. Weil man hinterher immer schlauer ist kann man feststellen, dass CDU und Bündnisgrüne wohl auf die falschen Zugpferde gesetzt haben. Den CDU-affinen Sachsen jedenfalls ist ein bayrischer Bub' vertrauter und näher als eine rheinische Frohnatur. Und wer sich gut mit bündnisgrüner Politik identifizieren kann, dem ist ein nachdenklicher Mann unter Umständen lieber als eine stromlinienförmig geschliffene Kandidatin. Die SPD war so schlau, ihre beiden Vorsitzenden hinterm Vorhang zu lassen und auf ein Zugpferd zu setzen, das wie weiland Helmut Schmidt von Hamburger Art geprägt ist – ein nüchternes Kontrastprogramm zum übergrinsigen Rheinländer. Die FDP setzte auf den gewohnten Traber, während andere Parteien so richtige Zugpferde vermissen ließen.
Dass ein Karren ohne richtiges Zugpferd ebenfalls gewählt wird, zeigt die AfD. Wieso also der relativ hohe Stimmenanteil für eine Partei, die vor allem auf schlichten Populismus setzen muss? Ein Punkt ist sicherlich die Einwanderung aus anderen Kulturen. Ein Land wie Sachsen, das sehr stark mit seinen Traditionen und vielfältigem Brauchtum verbunden ist, taugt in der Fläche nun mal nicht zum Multi-Kulti-Spielfeld. Das mag man unterschiedlich sehen und bewerten, allerdings – und das ist die hinzurehmende Realität – rekrutiert die AfD unter anderem auf diesem Gebiet ihre Wählerschaft in nicht geringer Zahl.
Die Linkspartei ist bundesweit mit ihren Sozialfantasien gescheitert, trotz einzelner Erfolge in den urbanen Szenen. Aber die Berliner wollen ja auch große Wohnungsgesellschaften enteignen und in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführen, vielleicht mit Mieteinzugszentrale. Da könnten sicherlich viele viele Arbeitsplätze entstehen, wo man sich dann Verantwortung hin- und herschiebt, immer beteuernd, dass man auch nichts machen könne – kommunale und staatliche Wohnungsverwaltungen hatte der Osten schon mal mit der Folge, dass Mieter in Ruinen lebten. Heute undenkbar? Man schaue auf den Wohnungsbestand so mancher Kommune.
Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der linkische Ruf nach Solidarität immer von denen kommt, denen er als einfachste Lösung erscheint. Wer 13 Euro Mindestlohn fordert, bringt Unternehmen in Bedrängnis, schneidet also den Ast ab, auf dem die Lohnempfänger sitzen. Woran viele nicht denken: Steigt der Lohn bei den am schlechtesten bezahlten Mitarbeitern, wollen auch die anderen, die mehr verdienen, den Abstand gewahrt wissen. Erwirtschaften lässt sich das nur über zunehmende, arbeitsplatzvernichtende Rationalisierung oder Abwanderung und steigende Preise, die wiederum die Geringverdiener zwicken, und über die Absenkung der Zahl der Arbeitsstunden. Besonders Minijobber leiden darunter, wenn ihre Verdienstgrenze dank Mindestlohn überschritten wird, eingeschränkte Öffnungszeiten in kleineren Einzelhandels- und Gastronomieunternehmen sind für alle die Folge.
Seriöse Politik, die sich nicht nur an Kritik und Versprechungen orientiert, hat es nicht einfach:
- Das als richtig Erkannte muss so verpackt und kommuniziert werden, dass es die Gesellschaft annehmen kann.
- Breite Schichten sind bildungsfern, vor allem als Folge mangelhafter Medienkompetenz, und für seriöse Argumentationen kaum erreichbar. Selbtverstärkungseffekte in dern sozialen Medien bestärken Verschwörungsmythen.
- Ganz egal, welche Entscheidung getroffen wird, der Rattenschwanz an Auswirkungen ist in einer komplexen Gesellschaft kaum vorhersehbar, erzeugt aber Widerspruch.
So oder so, die nächsten Jahre werden spannend umd so mancher wird sich eine Kanzlerin Merkel zurückwünschen. Aber Geschichte geht immer vorwärts, schau'n wir mal.
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- Quelle: Thomas Beier | Foto: © BeierMedia.de
- Erstellt am 27.09.2021 - 05:40Uhr | Zuletzt geändert am 27.09.2021 - 17:42Uhr
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