Kommission und Partnerschaft zur Kriminalität in Görlitz
Görlitz, 28. November 2019. Gefühle entstehen auch aus irrationalem Anlass, etwa, wenn eine Bedrohung herbeigeredet wird. Bei den Dikussionen zur Kriminalität in Görlitz entsteht schnell der Eindruck, als ob höchst ärgerlicher Fahrraddiebstahl mit wirklich schweren Kriminalitätsformen gleichgesetzt wird. Möglicherweise erweisen sich Anti-Kriminalitäts-Maßnahmen für die gefühlte Sicherheit als kontraproduktiv, weil sie den Angstbürger in seinen Vorurteilen bestärken.
Schultze: Grober Unfug
Gestern hat der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) in Görlitz eine neue Sonderkommission Grenzkriminalität vorgestellt. Das regte den Görlitzer Landtagsabgeordneten der Linkspartei Mirko Schultze zu folgenden Worten an: "Neulich erst hatte Innenminister Wöller einen Rückgang bei schweren Diebstahlsdelikten in Görlitz um 50 Prozent gefeiert, nun wird ungeachtet dessen mit einer Sonderkommission weiter aufgerüstet, mit Beamten, die dann in der alltäglichen Polizeiarbeit fehlen. Man sieht daran, wie hohe AfD-Wahlergebnisse sinnlose Ressourcenverschwendung provozieren, denn was wir hier erleben, ist nichts anderes als ein schwarz-blauer Überbietungswettbewerb beim Thema 'gefühlte Sicherheit'. Das schadet auch dem Ruf der Stadt Görlitz, denn es entsteht der falsche Eindruck, dass sich besonderen Gefahren aussetze, wer hierherreist. Als gebürtiger Görlitzer weiß ich: Das ist grober Unfug."
Für Kerstin Köditz, Sicherheitsexpertin der Linken im Sächsischen Landtag, ist die Sonderkommission eine Steilvorlage: "Es wäre zu wünschen, dass die offizielle sächsische Sicherheitspolitik mal zu den Realitäten zurückkehrt. Während im Dresdner Grünen Gewölbe nach dem Kunstraub infolge unbrauchbarer Überwachungskamera nicht mal Bilder der Täter existieren, wird auf der Görlitzer Altstadtbrücke das Gesicht jedes Menschen, der da zu Fuß unterwegs ist, auch nachts per staatlicher Kamera exakt erfasst. Statt mit ständiger Aufrüstung die Panik-Spirale zu befördern, Grundrechte zu zerlegen und als PR-Gag Sonderkommissionen zu gründen, sollte der Innenminister lieber die alltägliche Ermittlungsarbeit der Polizei stärken."
Sicherheitspartnerschaft zwischen Stadt und Polizeidirektion Görlitz
Ebenfalls gestern haben der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu (CDU) und der Görlitzer Polizeipräsident Manfred Weißbach eine "Absichtserklärung für eine Sicherheitspartnerschaft zwischen der Stadt Görlitz und der Polizeidirektion Görlitz" unterzeichnet. Diese Sicherheitspartnerschaft soll der Vorbereitung eines Kiminalpräventiven Rates für Görlitz, für den die Stadtverwaltung derzeit gemäß eines Stadtratsbeschlusses ein Konzept erstellt, dienen.Dazu Oberbürgermeister Ursu: "Die Sicherheitspartnerschaft ist ein bedeutender Schritt für die Stärkung der Prävention in der Stadt. Wir wollen ein Netzwerk verschiedener Partner aus dem gesellschaftlichen Leben aufbauen, um die präventive Arbeit und das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Die Polizeidirektion ist dabei einer unserer wichtigsten Partner."
Kommentar
Mag die Kriminalitätsrate in Görlitz in Sachsen einen Spitzenwert einnehmen und sich auf Berliner Niveau befinden, so wäre es doch falsch, Görlitz generell als unsichere Stadt zu bezeichnen. Die Europastadt Görlitz-Zgorzelec ist eine Stadt, in der zwei Lebenswelten aufeinandertreffen. Die gegenseitige Bereicherung daraus in Kultur, Wirtschaft und in Begegnungen entwickelt sich zwar langsam, ist aber bedeutsamer und wertvoller als die immer wieder diskutierten Nachteile, zu denen vor allem das Erschleichen von Sozialleistungen und Kriminalität gehören.
Schon jetzt erweckt Görlitz ob der hohen Präsenz bei manchen Besuchern den Eindruck einer Polizeistadt, wobei es nicht um Vorurteile gegenüber der Polizei geht, sondern um die Frage nach dem Hintergrund. Werden nun noch Sonderkommission und Sicherheitspartnerschaft aufgefahren, glaubt schließlich jeder, dass an der exorbitanten Kriminalitätsbedrohung in Görlitz etwas dran sein muss. Initiativen, die sich für die Rückkehr oder den Zuzug von Fachleuten einsetzen, werden sich bedanken, meint Ihr
Thomas Beier
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- Quelle: red
- Erstellt am 28.11.2019 - 08:49Uhr | Zuletzt geändert am 16.06.2020 - 13:44Uhr
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