Durchatmen als Dankeschön

Bad Muskau | Mužakow. Die Pflegehelfer im Wachkoma-Bereich des Kursana Domizils Bad Muskau arbeiten mit Menschen, die sich kaum äußern können. Das Begrüßungsritual ist jeden Morgen gleich. Wenn Pflegehelfer Dirk Marcinkowski am Anfang seiner Schicht in das Zimmer von Irene Schulte (Name geändert) kommt, tritt er als erstes an ihr Bett und legt ihr die Hand auf die Schulter. „Guten Morgen. Draußen ist es heute ganz schön warm“, sagt er herzlich und lächelt. Eine Antwort bekommt er nicht. Lediglich die Augenlider von Irene Schulte flackern. Manchmal bewegt sie ihren Kopf hin und her. Die Mitfünfzigerin ist im Wachkoma. Das heißt: Sie kann nicht sprechen, sich nicht kontrolliert bewegen, nicht selbstständig essen und trinken. Irene Schulte ist eine von derzeit neun Menschen, die Dirk Marcinkowski und seine Kollegen im Wachkoma-Bereich des Kursana Domizils Bad Muskau betreuen.

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Fünf Jahre Wachkoma-Bereich

Seit fünf Jahren gibt es den abgetrennten, großzügigen und freundlichen Bereich Nach einem Unfall oder in Folge einer Hirnkrankheit sind die Mensche, die dort leben, in eine Art Dämmerschlaf gefallen, den die Medizin als Apallisches Syndrom bezeichnet. Viele Wachkoma-Patienten bleiben den Rest ihres Lebens in diesem Zustand. Insgesamt gibt es im Kursana Domizil zehn Plätze für sie. Der jüngste Wachkomapatient - Sebastian - ist gerade mal 28 Jahre alt, die ältesten sind Mitte 70. Die Pfleger versuchen, jedem gerecht zu werden.

„Das Team hier im Wohnbereich ist sehr gut eingespielt“, freut sich Direktorin Brigitte Bücher über ihre motivierten Mitarbeiter. Pflegehelfer Marcinkowski, der in seinem ersten Beruf Schlosser gelernt hat, bestätigt: „Mir macht die Arbeit hier sehr viel Freude.“ Das Pflegepersonal, das im Wachkoma-Bereich arbeitet, hat längst gelernt, mit den Patienten umzugehen. Und es schätzt seine Arbeit. „Das können viele von außerhalb gar nicht verstehen“, sagt Pflegefachkraft Olaf Dybek und erhält eine Bestätigung von Kollegin Doreen Marsch. „Viele behaupten, dass wir von denen ja gar nichts zurück bekämen“, fügt Dirk Marcinkowski hinzu. „Aber das stimmt überhaupt nicht!“, ist sich das Dreierteam einig. Die Pfleger haben nämlich gelernt, die unterschiedlichen Äußerungen der Patienten zu interpretieren.

„Wenn jemand hustet, dann ist das oft ein Zeichen, dass er sich unwohl fühlt“, hat Marcinkowski festgestellt. Ein tiefes Durchatmen dagegen ist ein Zeichen von Zufriedenheit und Wohlgefühl. Dieses Wohlgefühl erreicht jeder auf seine eigene Art. Ein Patient reagiert damit auf Musik von DJ Ötzi, andere entspannen bei Massagen oder dem Duft von Aromaölen. Das Leben läuft für die Menschen weiter, auch wenn sie nicht selbstständig seine Richtung bestimmen können. In Gesprächen mit den Angehörigen informieren sich die Pfleger über den Charakter, die Vorlieben und Abneigungen der Patienten. Dann wird das Lieblings-Fernsehprogramm eingestellt oder der Lieblingsradiosender. Während der Fußball-WM liefen die Spiele auch in den Zimmern der fußballbegeisterten Männer.

„Ein weiterer Kernpunkt unserer Arbeit sind die Angehörigen“, sagt Marcinkowski. Oft treffen diese sich in den Gemeinschaftsräumen zu Gesprächen. Gesellige Nachmittage zusammen mit den Angehörigen und den Wachkoma-Patienten gehören fest ins Programm. „Viele haben hier auch private Kontakte geknüpft, unterstützen sich gegenseitig, geben sich Mut und Kraft“, hat Direktorin Bücher beobachtet. Sie weiß: „Das Wachkoma stellt die ganze Familie vor enorme Herausforderungen.“ Fingerspitzengefühl ist im Umgang mit ihnen gefragt. Für die Pflegekräfte eine Selbstverständlichkeit. Genau hinschauen, sich einfühlen - das sind Eigenschaften, die Mitarbeiter des Bereichs tagtäglich nutzen. Ihr Blick auf die Wachkoma-Patienten bleibt nicht an der Oberfläche.

„Jetzt im Sommer genießen einige von ihnen es auch, an der frischen Luft zu sein“, ist Dybek überzeugt. Im Innenhof des Wachkomabereichs bereiten die Kursana-Mitarbeiter deshalb ein Schattenplätzchen für einige Patienten. „Dabei müssen wir immer kontrollieren, ob es jedem gut geht. Beispielsweise ob es ihm zu warm oder zu kalt ist“, sagt Doreen Marsch und fügt hinzu: „Der Sebastian beispielsweise, der hat auch jetzt im Sommer oft kalte Füße“. Die hüllt sie dann in eine weiche Decke.

Von Diana Haß

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  • Quelle: Diana Haß | Fotos: Diana Haß
  • Erstellt am 10.08.2010 - 11:03Uhr | Zuletzt geändert am 10.08.2010 - 11:10Uhr
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