Altstadtbrücke Görlitz: Liebesschlösser geklaut?
Görlitz, 14. August 2013. Etwas Nonchalance oder gar weltstädtisches Verhalten kann im früheren preußischen Provinzstädtchen Görlitz freilich nicht erwartet werden. Das mussten auch jene Liebespaare - potentielle Demografieproblemlöser - lernen, die ein symbolisches Liebesschloss an der Görlitzer Altstadtbrücke befestigt hatten: Plötzlich waren die Schlösser nicht mehr da. Hat da jemand eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Moral gesehen? Oder eine NSA-Verschlüsselungsaktion? Oder Gefährdung, oder Sachbeschädigung? Nichts von alledem dürfte zutreffen, am ehesten: Was hier nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist verboten. Sicher findet sich bald jemand, der im Rahmen eines grenzüberschreitenden EU-Projekts ein zweisprachiges Schild anbringt: "Hier Liebesschlösser anbringen erlaubt." Nachstehend ein Leserbrief von Simone Barthel und Torsten Dinger (Abbildung).
Sabine Barthel, Torsten Dinger
Foto: privat
Hat da jemand kein Verständnis oder keinen Verstand?
Von Simone Barthel und Torsten Dinger. Letztes Jahr im Sommer haben wir, mein Freund und ich, wunderschöne Tage in Breslau verbracht. Neben dem gemütlichen Sitzen am Marktplatz sind wir natürlich auch durch die Altstadt und zur Dominsel geschlendert. Auf der Dominsel entdeckten wir die berühmte "Tumskibrücke“. Das Interessante an dieser Brücke ist, dass Liebespaare an das gusseiserne Geländer dieser Brücke Vorhängeschlösser als Zeichen ewiger Treue hängen. Auch wir kauften natürlich bei dem alten Herrn mit dem kleinen Souvenirwagen ein hübsches Schlösschen und markierten unsere Initialen mit einem wasserfesten Stift darauf. Und so brachten wir es an das Geländer neben den vielen bunten, großen und kleinen Schlössern an. So ist dann bei uns beiden die Idee entstanden, auch bei uns in Görlitz auf der Altstadtbrücke ein persönliches Vorhängeschloss anzuhängen. Diesmal ließen wir dieses sogar extra gravieren. Die Schüssel warfen wir natürlich auf Nimmerwiedersehen in die Neiße. Die Altstadtbrücke - als verbindendes Element zwischen Deutschland und Polen in der Europastadt Görlitz/Zgorzelec - bietet einen sehr schönen Blick auf unsere Altstadt, insbesondere mit dem Wahrzeichen der Stadt, der Pfarrkirche St. Peter und Paul. Gleichzeitig gelangt man über die Altstadtbrücke schnell zur beliebten Zgorzelecer „Flaniermeile“. Oft gehen wir in den Abendstunden über die Brücke, um gemütlichen ein Bierchen zu genießen und anschließend bei der Strandparty im Siloclub in der Dreiradenmühle zu tanzen. Umso schöner ist es dann, immer wieder sein eigenes Schloss bewundern zu können. Mit der Zeit merkten wir dann auch, dass wir nicht die Einzigen und Ersten waren, die diesen Einfall hatten. Die Brücke war noch recht "nackt“, allerdings konnte man immer wieder neue kleine Schlösser entdecken. Und mit der Zeit wurden es immer mehr! Still schwieg sich diese Idee scheinbar bei den Görlitzern herum. Unausgesprochen wurde es durch uns, und sicher auch durch die vielen anderen unbekannten Pärchen, als kleines persönliches Kunstwerk angesehen, um unsere kahle, die Städte verbindende Brücke zu verschönern. Letzten Samstag wollten wir nun unsere Freunde auf diese kleinen Kunstwerke aufmerksam machen. Wie enttäuscht waren wir, als wir feststellen mussten, dass kein einziges Schloss mehr vorhanden war! Die Entfernung derer muss ja in einer Nacht und Nebel Aktion stattgefunden haben! Wer hat das denn veranlasst? Was muss das denn für ein Kulturbanause sein? Die Schlösser waren und sind bis heute Eigentum der Pärchen, die diese angebracht haben. Die Altstadtbrücke wurde in keinster Weise durch diese beschädigt. Ein Kunstwerk, das in Breslau durch die vielen Touristen und Stadtbewohner bewundert wird, wird in Görlitz mangels Unfähigkeit des Erkennens eines solchen einfach zerstört. Im bürokratischen Deutschland hätten wir wahrscheinlich erstmal alles anmelden und in fünffacher Ausfertigung beantragen müssen. Damit nach langen zähen Gesprächen und Papierbeschreiben unsere Kunstwerke einen legitimen Platz neben dem gelben Strich auf der Brücke und dem roten Stahlgerüst neben der Brücke haben. Letztere erwähnte "Verschönerungen“ sind übrigens durch die Stadt bezahlte und anerkannte Kunstwerke und werden mit Sicherheit nicht so einfach übermalt oder zum Schrott geschafft. Wir für unseren Teil haben beschlossen, ein neues Schloss anzubringen und hartnäckig zu sein. Wir möchten durch unseren offenen Brief die Görlitzer auf diese kleinen Kunstwerke aufmerksam machen und vielleicht entscheiden sich die einen oder anderen ebenfalls, ein Schloss als Zeichen der ewigen Treue dort anzubringen. Simone Barthel und Torsten Dinger


Antragsformular
Von Hermann Schwiebert am 29.08.2013 - 04:04Uhr
Ja, habt Ihr denn alle wirklich geglaubt, da kann man an deutschen Geländern so einfach Schlösser anbringen? So ganz ohne Antrag, ohne Prüfung, ohne Genehmigung.
Na, da kann man mal sehen, wie naiv die jungen Leute doch sind. Nur dass unser Kaiser schon vor 95 Jahren abgedankt hat bedeutet doch nicht, dass seine Beamten auch fort sind. Nein, die sind natürlich geblieben und sorgen für Ordnung. Und Ordnung muss natürlich auch auf Brücken herrschen. Besonders auf einer Brücke, die ins Ausland führt.
Stellt Euch nur mal vor, da kommt ein Ausländer - hier wahrscheinlich ein Pole - also der kommt über die Brücke geschlendert nach Deutschland rein. Dann sieht er diese Unordnung! Das ganze Geländer voller Liebesschlösser! Meine Gott, der Pole wird ja entsetzt sein, was in Deutschland alles so möglich ist. Vielleicht schreibt er eine Anfrage an die heimische Zeitung. Und das liest dann ein Beamter. Und der sucht den notwendigen Antrag samt Genehmigung. Aber es wurde gar nichts beantragt...
Oh Mann, oh Mann...
Liebesschlösser entfernt
Von Fritz R. Stänker am 17.08.2013 - 09:36Uhr
Die Liebesschlösser werden von der Görlitzer Altstadtbrücke entfernt, weil das Geländer verzinkt ist und man befürchtet, dass die Beschichtung mit der Zeit durchgescheuert wird und dann der Rost um sich greift.
Also macht Technik Romantik kaputt statt umgekehrt.
Liebesschlösser
Von Max am 16.08.2013 - 19:53Uhr
Ich kenne viele Brücken, ob Wismar, Leipzig oder Warnemünde.
Vielleicht kann man damit auch beim Schrotthändler schnelles Geld verdienen.
Bravo für die Liebesschlösser!
Von Manuel am 14.08.2013 - 22:19Uhr
Bravo an Simone und Torsten! Lasst Euch nicht unterkriegen!
Und an den Rest der verliebten Pärchen kann ich nur sagen: Eifert Simone und Torsten nach und lasst uns unsere Altstadtbrücke verschönern!
Liebesschlösser in Köln
Von Dieter Schumacher am 14.08.2013 - 20:23Uhr
Ich empfehle den Bick auf die Kölner Hohenzollernbrücke, wo innerhalb von wenigen Jahren die Absperrungen zu den Gleisen der DB mit Liebesschlössern zugehangen wurden.
Hierzu folgender Link:
http://www.supergigapixel.de/667/667_113-177/667-flash.html

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- Erstellt am 14.08.2013 - 13:55Uhr | Zuletzt geändert am 05.01.2025 - 21:59Uhr
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