Ein neuer Park sucht seinen Namen
Görlitz-Zgoezelec. "Ist der Massa gut bei Kassa fliegt First Class er nach Mombasa, eh" - so sang die Erste Allgemeine Verunsicherung im Jahr 1983. Wenn er doch heutzutage nur nach Görlitz fliegen würde... Aber dort ist erstmal anderes Problem zu lösen: Wie soll das umgestaltete Gelände des ehemaligen Massa-Einkaufsmarktes am Neißeufer zukünftig heißen? Alles ist möglich, nur bitte nicht "Massa-Park". Das Görlitzer Stadtplanungsamt hat die Bürger um Beteiligung gebeten und eine ganze Liste an Ideen ist eingegangen, historisch angelehnt, tiefgründig oder auch spaßig.
Weitere Namensideen sind gefragt
Jener Teil des Neißeufers, der Kern eines Wettbewerbs zu dessen Gestaltung war, wird umgangssprachlich noch als "Massa-Gelände" bezeichnet. Dieser Name leitet sich durch die letzte, jedoch auch kürzeste Funktion des Grundstücks ab, als dort in den frühen neuziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein Massa mobil Einkaufsmarkt in die Industriehallen eingezogen war. Davor nämlich wurde das Areal mehr als hundert Jahre klang als Tuchfabrik genutzt.
Ein historischer Ort
Die ältesten Chroniken beschreiben das Ufer als Grünland. Hier entlang trieb man im Mittelalter Tiere zur Viehweide auf dem Areal des heutigen Stadtparks. Im 18. Jahrhundert entstand zwischen der Kahle - der heutigen Johannes-Wüsten-Straße - und dem Lindenweg eine der bedeutendsten Grünanlagen der Stadt, der Schrickelsche Garten - benannt nach seinem Begründer. Christian Schrickel war ein honoriger Bürger, der viel zur Verschönerung seiner Heimatstadt beitrug. Am 23. Mai 1813 soll Napoleon Bonaparte nach der Schlacht von Bautzen diesen Garten querend an der Furt am Schützenhaus durch die Neiße geritten sein.
Die schrittweise Bebauung der Uferstraße teilte zunächst den Garten und ließ später nur noch den Bereich im Innern des Wohnquartiers zurück. Der Situationsplan von 1871 verzeichnet am Neißeufer bereits eine Fluss-Badeanstalt, Wohnhäuser, eine Färberei und einen Websaal mit Kesselhaus sowie Magazin. Eigentümer waren "die Herren Wallach & Ahrens". 1870 planten Wallach & Herz sogar den Bau eines "Irisch-Römischen Bades" im Stile einer Therme.
Verwirklicht wurde später vorrangig die Erweiterung der Tuchfabrik, die das Gelände großflächig überbaute und in der DDR unter dem Namen VEB Volltuch bis 1990 arbeitete. Immer wieder wurde das Ufer vom Hochwasser beeinträchtigt. Die Bauakte verzeichnet eine Wiederherstellung der Fabrikgebäude nach der Flut von 1897. 1916 erhielt die Fabrik einen bastionsartigen Anbau in der Architektur des Jugendstil. Teile dieser Umfriedung wurden erst in den 1980er Jahren abgebrochen, nachdem sie durch mangelnde Erhaltung und Grundbruch gelitten hatten.
Ideen einer Parklandschaft
Großräumige planerische Überlegungen zur Schaffung einer die Neiße begleitenden Parklandschaft gibt es etwa seit 1920. Später waren es Landschaftsarchitekturstudenten verschiedener Hochschulen, die die Visionen weiterführten. Nun ging es um die Verknüpfung von Freizeit- und Grünzonen auf beiden seiten der Neiße. Erst mit der politischen Wende von 1989 und der nachfolgenden Aufnahme Polens in die Europäische Union erhielt die Idee eine reale Chance auf Verwirklichung.
Während der Bewerbungsphase für die Kulturhauptstadt Europas 2010 wurde der Name Brückenpark kreiert und festigte sich im alltäglichen Sprachgebrauch. Workshops mit Landschaftsarchitekten und Architekten aus Dresden, Zittau/Görlitz, Breslau (Wrocław) und Krakau (Kraków) schufen Bilder für eine künftige Gestaltung.
Als Teil des Brückenparks
Wenn es heute um einen neuen Namen geht, soll der etablierte Begriff des Brückenparks als Vision einer gemeinsamen mehr als drei Kilometer langen Stadtlandschaft am Fluss nicht in Frage gestellt werden. Es geht konkret um die Benennung des Volltuch-Grundstücks als künftigen Park, Uferpromenade oder Stadtgarten.
Ideen über Ideen
Nach einem Presseaufruf am 15. April 2010 gingen zahlreiche Zuschriften mit Vorschlägen ein. Neben verschiedenen Neuschöpfungen gab es auch das Argument, historische Bezeichnungen weiterzuführen bzw. wiederzubeleben. Neben der topografischen Lage am Flusstal stand der historische Tuchmacher-Standort ganz oben.
Insgesamt zählte das Stadtplanungsamt innerhalb von drei Wochen fast 30 Einsendungen und Eintragungen mit mehr als 40 Vorschlägen:
- Neißepark, Neißegarten/ Neißegärten, Parkufer, Neißeufer / -eck,
- Tuchmacher-Park, Tucher-Aue, Neiße-Tuchpark, Neißetuch, Tuch-Ufer, Görlitzer Tuchgärten,
- Tuchweber Platz / Plan, Weberschiffchen
- Fabrikufer
- Basteiufer
- Georg-Dehio-Ufer / Park
- Europapark / Europagärten / Europaplatz
- Jakob-Böhme-Park
- Schrickelscher Garten, Christian-Schrickel-Ufer
- Napoleonufer
- Luisenpark
- Park der Generationen
- Freundschaftspark
- Meridianpark
- Campo di Massa
- Campus Maximus
- Badewies’n (WiesBade’n)
- Schießhausplan
- Webwiesen
- Bleiche, Neue Bleiche
- Tiefe Kahle
- Wüsten-Plan
- Grenzwiese, Grenzpromenade
- Schlesisches Ufer / Schlesischer Park
- Jens-Jeremies-Park
- Michael-Ballack-Park
- Wassagelände
Sicherlich waren nicht alle Vorschläge ganz ernst gemeint. Aber die Intensität der Überlegungen beweist, wie bedenkenswert das Projekt und dessen künftige Bezeichnung vielen Bürgern ist.
Noch Ideen beisteuern!
Wee eine eine gute Idee beitragen möchten, sende diese bitte bis 14. Mai
an das Stadtplanungsamt, Hugo-Keller-Str. 14, 02826 Görlitz
oder per eMail an: f.dressler(at)goerlitz.de (at)=@.
Namen für Massa-Gelände
Von Christiane Schmidt am 22.11.2010 - 18:43Uhr
Mein Vorschlag: Kaufmann-Park.
Die jüdische Familie Kaufmann war Besitzer dieses Geländes.
Mit freundlichen Grüßen,
Christiane Schmidt
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- Quelle: red | Erstveröffentlichung am 09.05.2010 - 23:47 Uhr
- Erstellt am 09.05.2010 - 17:45Uhr | Zuletzt geändert am 23.11.2010 - 07:15Uhr
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