Sachlicher Blick auf Bevölkerungsentwicklung

Sachlicher Blick auf BevölkerungsentwicklungGörlitz, 18. März 2010. Den demografischen Wandel in seinem Lauf hält weder Ochs´ noch Esel auf - und eine Stadtverwaltung erst recht nicht. Vorläufige Berechnungen des Statistischen Landesamtes deuten für die Stadt Görlitz auf einen weiteren Verlust an Einwohnern hin. Allerdings liegen noch gar keine exakt fortgeschriebenen Zahlen für das Jahr 2009, die mit den Bevölkerungszahlen 2008 vergleichbar wären, vor. Die aktuellen Daten des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen beziehen sich auf Oktober 2009. "Die Bewegungsdaten der Bevölkerung für November und Dezember 2009 müssen noch erfasst und somit die Bevölkerungsentwicklung fortgeschrieben werden", so die Stadtverwaltung Görlitz. Erst nach Vorliegen der amtlichen Ergebnisse des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen wird es eine umfassende Erläuterung zur Bevölkerungsentwicklung in der Stadt sowie in den Landkreisen Görlitz und Bautzen geben.

Archivbild 2007: © BeierMedia.de
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Zahlen müssen interpretiert werden - und zwar richtig, meint Fritz R. Stänker

Zahlen müssen interpretiert werden - und zwar richtig, meint Fritz R. Stänker
Wohnhäuser werden abgerissen – weil heruntergekommen oder "Ballast". Der Bevökerungsrückgang erscheint als Prozess, dem nur schwer gegenzusteuern ist
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In der Tat scheint insgesamt gesehen der Bevölkerungsverlust weitgehend gestoppt: Selbst bei der Annahme, dass in der Stadt Görlitz die Bevölkerungszahl am Ende des Jahres 2009 um 0,9 Prozent unter dem Vorjahreswert liegen würde, bliebe immer noch festzustellen, dass der Bevölkerungsrückgang seit 2004 bei unter einem Prozent liegt und damit deutlich unter den jährlichen Verlusten aus den 90-iger Jahren. Insofern sprechen die Fakten eine klare und weit erfreulichere Sprache, wenn man sie richtig in die Gesamtzusammenhänge einordnet.

Im Gölitzer Rathaus ist man verwundert, wie mancherorts der mit dem demografischen Wandel verbundene Bevölkerungsrückgang interpretiert wird: "Während der Einwohnerrückgang in der Stadt Bautzen im vergangenen Jahr mit 'lediglich' 0,9 Prozent dargestellt wird, wird dies in Görlitz als 'Dämpfer für die Optimisten unter den Görlitzer Bevölkerungsexperten' bezeichnet."

Auch der Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick lässt sich die Zukunft der Stadt Görlitz nicht zerreden: "Ich bin immer noch voller Optimismus, denn diese Zahlen sprechen keine gravierend andere Sprache. Und auch die Hauptursache für den Einwohnerverlust ist unverändert und liegt in der nach wie vor höheren Sterbe- als Geburtenrate begründet.“

Dass eine höhere Geburtenrate ebenso wünschenswert ist wie ein langes gesundes Leben, liegt auf der Hand. Der Problemlösungsansatz liegt in der höheren Geburtenrate, die sich jedoch nicht so schnell ändern lässt und von Rahmenbedingungen abhängt, die ganz wesentlich von der Bundespolitik und gesellschaftlichen Entwicklungen bestimmt werden. Kurzfristig ist da jedenfalls nichts zu machen.

Görlitz als erblühendes Pensionopolis kann den Einwohnerschwund zwar recht deutlich reduzieren, verjüngt jedoch nicht die Altersstruktur der Bevölkerung. Junge Leute, junge Familien braucht die Stadt. Anstelle für solche Ansiedlungen wirtschafliche Rahmenbedingungen voranzutreiben und preiswerten, weil abgeschriebenen Wohnraum bereitzustellen, wird lieber abgerissen, siehe Reichertstraße. Wo nicht in unüblichen Bahnen nachgedacht wird, entstehen weder Phantasie noch Mut - es wird lieber die Abrissprämie kassiert. Dass diese Politik extrem kurzsichtig ist zeigt die Prognose, dass in bestimmten Regionen in zehn bis fünfzehn Jahren Wohnraum Mangelware sein wird.

In einer alternden Region, aus der die Flexibelsten und Besten wegziehen, wird es immer schwieriger, das Ruder herumzureißen. Aber von nichts tun wird auch nichts.

Mit welchem Ruf wurde die friedliche Revolution eingeleitet? Nein, nicht mit "Wir sind das Volk!", und schon garnicht mit "Wir sind ein Volk!" (Was für eins eigentlich?). Der erste Ruf war ein anderer:

Wir bleiben hier! Und das gilt auch für uns Görlitzer,

wünscht sich Ihr Fritz R. Stänker

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Neugörlitzer bleiben auch

Von Hermann Schwiebert am 19.03.2010 - 19:38Uhr
@ Fritz R. Stänker, so ist es, wir Görlitzer bleiben hier. Denn auch ich, zwar ein Neugörlitzer aber eben auch ein Görlitzer, also auch ich bleibe hier. Und auch ich möchte mich für meine neue Heimat einsetzen. Weil ich meine, Heimat ist nicht dort, wo ich geboren bin. Nein, für mich ist Heimat dort, wo ich Freunde gefunden habe, wo ich lebe, mich wohlfühle, wo ich teilnehme. Und das ist eben der Punkt: teilnehmen. Do what you can do for YOUR country.

Gestern habe ich eine Veranstaltung besucht von ideenfluß e. V. Herr Dr. Kretzschmar hat zum Thema "Berliner Straße, vom Feldweg zum Boulevard" einen Dia-Vortrag gehalten.

Sehr schön, sehr informativ. Am Ende der Vorstellung habe ich die anwesenden Gäste im Namen der IGHG informiert, daß die Interessengemeinschaft Historisches Görlitz (IGHG) für kommenden Montag, 22. März 2010, 18.00 Uhr, einlädt zum Informationsabend in die Brasserie am Postplatz.

Eine ältere Dame stand auf und bedankte sich bei mir, dass ich als Norddeutscher mich für ihre Heimatstadt einsetze. Gleichzeitig brachte sie ihre Traurigkeit darüber zum Ausdruck, dass zu viele Görlitzer ihrer Heimatstadt Gleichgültigkeit entgegenbringen.

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  • Quelle: red | Fritz Rudolph Stänker | Fotos: © BeierMedia.de
  • Erstellt am 18.03.2010 - 16:07Uhr | Zuletzt geändert am 14.03.2020 - 10:25Uhr
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