Gegen Fake News, Cybermobbing und Meinungsmache: Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen im Kreis soll gestärkt werden
Görlitz, 13. September 2023. Kinder kommen immer früher mit modernen Medien und deren Inhalten in Berührung. Sie spielen und lernen am Computer, nutzen Smartphones und surfen im Internet. Im Umgang mit der Technik sind sie oftmals fitter als so mancher Erwachsene. Schwieriger wird es, wenn es um einen reflektierten Umgang mit den Inhalten und Möglichkeiten moderner Medien geht. Sie zu hinterfragen und richtig einzuordnen, ist aber umso wichtiger. Die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen im Kreis Görlitz soll deshalb in Zukunft noch besser gefördert werden.
"Diese 'Speule' ist genauso fiktiv wie manche Inhalte im Internet. Würden Ihre Kinder den Unterschied erkennen?"
Foto: Sarah Richter auf Pixabay
Medienkonsum ist nicht immer harmlos
Im Jahr 2022 sorgte die sogenannte „Blackout Challenge“ für Schlagzeilen. Sie machte als Trend auf dem Videoportal TikTok die Runde. Junge NutzerInnen des Portals luden Videos hoch, auf denen sie sich selbst bis zur Bewusstlosigkeit würgten. Die Nachahmung des gefährlichen Trends kostete weltweit mehrere Kinder und Jugendliche das Leben, die sich dabei versehentlich selbst zu Tode strangulierten. Das Beispiel „Blackout Challenge“ zeigt, wie unbedarft Kinder und Jugendliche mit Medieninhalten mitunter umgehen und welche Folgen das haben kann.
Etwas, wofür sich scheinbar so viele Gleichaltrige begeistern, übt automatisch eine gewisse Faszination auf sie aus. Dass Videos auch gestellt sein können und man TikTok Views kaufen kann, um einen Trend zu erzeugen, ist vielen dabei gar nicht bewusst. Ein boomender Handel mit käuflichen Likes, Views und Abonnenten sorgt aber mitunter schnell dafür, dass in den sozialen Medien ein verschobenes, manipuliertes Meinungsbild entsteht.
Und dieses Manipulationspotenzial birgt natürlich Risiken. Wer durch Views kaufen TikTok Trends in Gang setzt, hat schließlich nicht immer harmlose Motive. Bestenfalls geht es nur darum, selbst etwas mehr Erfolg und Aufmerksamkeit in den sozialen Medien zu bekommen. Aber auch politische Meinungsmache, die Manipulation der öffentlichen Wahrnehmung durch Fake News oder Cybermobbing finden immer wieder Raum auf Portalen wie TikTok, YouTube & Co. Hinzu kommen Risiken durch Cyber-Grooming, den unbedachten Umgang mit persönlichen Daten und Bildern oder Kostenfallen in Apps und Spielen. Nicht zuletzt, leidet Studien zufolge oft das Selbstwertgefühl unter dem Bild, das in sozialen Netzwerken durch geschönte Inhalte und gekaufte Likes gern generiert wird, das aber nicht der eigenen Lebensrealität entspricht.
Initiativen und Beratungsangebote sollen Medienkompetenz verbessern
Es sind längst nicht nur Kinder und Jugendliche, die sich von medialen Inhalten mitunter täuschen und mitreißen lassen. Sie durch entsprechende Inhalte zu beeinflussen, ist aber oft besonders einfach.
Entsprechend wichtig ist es, Kinder frühzeitig für einen kritischen Umgang mit Medien zu sensibilisieren und sie über mögliche Gefahren aufzuklären. Verschiedene Initiativen sollen Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen dabei unterstützten.
Als Hilfestellung für die Medienerziehung in der Familie empfiehlt der Landkreis Görlitz den Medienratgeber „SCHAU HIN!“. Er richtet sich vorwiegend an Erziehungsberechtigte und bietet Informationen, Tipps und Materialien zum Umgang mit verschiedensten medialen Problembereichen. Unter anderem wird dort auch auf die Problematik risikoreicher TikTok Challenges eingegangen.
Zudem möchte der Landkreis die Medienbildung an Schulen fördern. Unter anderem finden in Kooperation mit der Einrichtung „Social Web macht Schule" entsprechende Workshops an Schulen statt. Die Aktion Zivilcourage e. V. führt in Kooperation mit dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus unter dem Titel „Schule und digitale Demokratie“ ebenfalls Projektarbeiten an Schulen in der Region durch.
Netzwerke sind zu Gegenmaßnahmen verpflichtet
Manipulation und gezielte Desinformation sind nicht nur eine Gefahr für Kinder und Jugendliche, sondern für die gesamte Gesellschaft. Handlungsbedarf sehen deshalb viele auch dort, wo das Problem entsteht. Immer wieder gibt es Forderungen, Portale wie TikTok, Facebook oder YouTube stärker in die Pflicht zu nehmen, was die Kontrolle ihrer Inhalte angeht. Entsprechende Richtlinien für die Nutzerinnen und Nutzer der Seiten existieren. Der Kauf von Klicks oder Abonnenten wird beispielsweise von den meisten Portalen untersagt und – sofern er auffällt – auch geahndet.
Auch von gesetzlicher Seite werden die Betreiber sozialer Netzwerke mittlerweile stärker in die Pflicht genommen. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) verpflichtet sie dazu, Beschwerden zeitnah zu prüfen und gegen problematische Inhalte vorzugehen. Das betrifft vorrangig Straftatbestände wie Volksverhetzung, Verleumdung, Bedrohung, Beleidigung, Gewaltdarstellungen und die öffentliche Aufforderung zu Straftaten. Auch auf europäischer Ebene existieren in dieser Hinsicht Vorgaben für soziale Netzwerke. Die Europäische Kommission hat sie im Rahmen des „Digital Service Act“ beschlossen.
Kritiker bemängeln allerdings, dass das Vorgehen gegen entsprechende Inhalte nicht konsequent genug erfolgt.
Experten befürchten zudem, dass die Problematik sich in Zukunft noch verschlimmern könnte. Denn mittels künstlicher Intelligenz wird es immer einfacher, sogenannte „Deepfakes“ zu erstellen. Dabei handelt es sich um täuschend echte Bilder, Sprachdateien oder sogar Videos, die allerdings nicht der Realität entstammen. Sie sind selbst für die Experten nur schwer von echten Aufnahmen zu unterscheiden. Sie lassen Falschinformationen extrem glaubwürdig erscheinen und haben somit in vielerlei Hinsicht Gefahrenpotenzial. Programme, die ebenfalls auf künstlicher Intelligenz basieren, sollen zukünftig dabei helfen, Deepfakes zu entlarven. Dennoch ist viel Aufklärungsarbeit notwendig, um dem Problem auf gesellschaftlicher Ebene zu begegnen.
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- Erstellt am 13.09.2023 - 09:58Uhr | Zuletzt geändert am 13.09.2023 - 10:48Uhr
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