Von Pferden lernen

Von Pferden lernenGörlitz, 10. Juni 2021. Von Thomas Beier. Pferdehalter finden sich rund um Görlitz überall im Landkreis, sogar in der Stadt selbst. Fast immer geht es im Sport- und Freizeitpferde, das sprichwörtliche Arbeitspferd hingegen ist selten geworden, auch wenn es beim Holzrücken im Wald mancherorts noch anzutreffen ist. Ob nun als Pferdehalter, Freizeitreiter und Helfer auf dem Hof: Der Umgang mit diesen Tieren wirkt nicht nur auf diese, sondern auch auf den Menschen.

Abb.: Leben auf dem Pferdehof. Fohlen Diego ist noch keine 24 Stunden alt
Foto: © BeierMedia.de
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Faszination Pferd: unter Kindern erliegen ihr die Mädchen

Faszination Pferd: unter Kindern erliegen ihr die Mädchen
Wer viel reitet, kann seiner Körperhaltung Gutes tun
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Erstmals aufs Pferd kommen kann man in jedem Alter, sobald man sitzen kann, für viele aber beginnt die Sympathie für das Pferd ab dem dritten Schuljahr ins Kraut zu schießen und zwar – allen Gleichbehandlungsbestrebungen für die Geschlechter zum Trotz – nahezu ausschließlich bei Mädchen. Für Reitvereine typisch ist, dass bei den Kindern und Jugendlichen unter den Mitgliedern das weibliche Geschlecht die übergroße Mehrheit stellt.

Weshalb das so ist, darüber wird immer wieder spekuliert. Sigmund Freud, der große Psychoanalytiker, unterstellte gar unterschwellige sexuelle Motive, andere meinen, die Mädchen würden Fürsorge, Pflege und Versorgungsbedürfnis am Pferd ausleben. Sicher ist am Letztgenannten etwas dran, aber ein Punkt, der gewöhnlich übersehen wird, ist entscheidend: Pferde greifen nicht an, auch wenn man sich vor ihrem Hufschlag hüten sollte. Es sind Fluchttiere, die man zu nichts zwingen kann, ohne dass sie Schaden nehmen. Für die Mädchen ist das eine geradezu mütterliche Erfahrung: Für jemanden da zu sein und dafür Zuneigung und Vertrauen des Tiers zu erhalten.

Von Pferden lernen

Mit genau diesem Ansatz hat Beier Consulting im Führungskräftetraining Pferde eingesetzt. Manager der höheren Führungsebenen befinden sich in Machtpositionen und sind es durchaus gewohnt, dass ihnen nicht widersprochen wird. Für die Motivation und sogar die Gesundheit der Mitarbeiter kann es jedoch verheerende Folgen haben, immer wieder unter Zwang – aus Angst vor Bossing, Disziplinarmaßnahmen, Versetzung oder Kündigung – Anweisungen ausführen zu müssen, die ihnen zuwider sind. Bekannt ist die sogenannte “innere Kündigung”, verbunden mit Gleichgültigkeit gegenüber betrieblichen Belangen, die sich sogar bis zur Sabotage steigern kann.

Stellt man einen machtbewussten Manager – neben Männern sind das zunehmend Frauen – vor die Aufgabe, ein Pferd am Zaumzeug eine Runde über eine Wiese zu führen, so ist dieser in eine komplett ungewohnte Situation versetzt: Weder kann er dem Pferd Anweisungen erteilen noch kann er es disziplinieren – sein gewohntes Machtgefüge bricht also zusammen. Hinzu kommen Größe und Kraft des Tieres und seine – für den Laien auf den ersten Blick – scheinbar enorme Unberechenbarkeit.

Manager lernen in solchen Situationen, auf körperliche Signale jener, für die sie verantwortlich sind, zu achten. Beim Pferd sind es etwa die Ohren, die regelrecht eine eigene Sprache sprechen. Bei Mitarbeitern hingegen berichten etwa der Gesichtsausdruck, die Körperhaltung und die Art, wie sie sprechen, über Empfindungen. Lernt man am Pferd, ein gewolltes Verhalten auf der Basis von Freiwilligkeit herbeizuführen, so kann man diese Erfahrung auch auf Menschen übertragen.

Natürlich ist das in der Führungspraxis ein Idealbild, denn es liegt fern, Mitarbeiter als “gutmütige Pferde” darzustellen – man denke nur an engagierte Gewerkschafter. Je mehr aber Prinzipien der Freiwilligkeit in die Arbeitswelt vordringen, umso humaner wird diese. In einer menschengerechteren Arbeitswelt gibt es weniger Reibungsverluste, Informationsverluste und Fehlzeiten; im besten Falle wird der Arbeitsplatz von einer Folterstätte – an der man Schmerzen auf sich nimmt, um dafür Geld zu bekommen – zum Ort der Selbstverwirklichung, an dem hohe Anforderungen mit begeisternden Erfolgserlebnissen einhergehen.

Aufmerksam, respektvoll und wertschätzend

Überhaupt steht Sanftheit im Umgang bei vielen Menschen hoch im Kurs. Sanftheit reduziert sich nicht etwa auf Gewaltlosigkeit, sonder steht vor allem für aufmerksames, respektvolles und wertschätzendes Verhalten. Für manche bedeutet das, anstelle der sogenannten Schulmedizin nicht nur für sich selbst auf natürliche Heilverfahren oder die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) zu setzen, sondern auch für ihre Tiere. Bei spezialisierten Anbietern kann man sich als Tierarzt oder anderer Anbieter im Bereich der Pferdegesundheit und sogar als private Pferdefreundin oder engagierter Pferdefreund eine Ausbildung in der Akupunktur für Pferde absolvieren, ob nun in der Nadel- oder Laserakupunktur. Wie die Website informiert, ist das zugleich ein Einstieg in die Traditionelle Chinesische Veterinär-Medizin (TCVM).

Sicherlich prägen die Eigenheiten der Pferde die Menschen, die mit ihnen viel Umgang haben, die Pferdeleute eben – doch nur dann, wenn es den Menschen gelingt, sich auf die Bedürfnisse der Tiere einzustellen und ihre Signale zu beachten.

Tipp:
Wer die "Erfahrung Pferd" selbst machen möchte, sollte sich an einen der Reitanbieter – oft sind das Pferdehöfe und Reitvereine – wenden und sich über die gebotenen Möglichkeiten informieren.

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  • Quelle: Thomas Beier | Fotos: © BeierMedia.de
  • Erstellt am 10.06.2021 - 08:03Uhr | Zuletzt geändert am 10.06.2021 - 08:37Uhr
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