Zum Tod von Inga Arnold-Geierhos
Görlitz, 10. Februar 2021. Von Kai Wenzel. Am 2. Februar 2021 ist die Kunsthistorikerin Inga Arnold-Geierhos verstorben. Vierzig Jahre lebte sie in Görlitz und wirkte hier sehr erfolgreich für Kunst und Kultur.
Bild unten: Im Jahr 1999 beim Seniorentreff, einer Veranstaltungsreihe des Museums aufgenommen, bei dem Inga Arnold-Geierhos an den 40. Todestag von Walter Rhaue erinnerte.
Ein Leben für die Kunst in Görlitz
Aufgewachsen ist Inga Arnold-Geierhos, geborene Haufe, in Sohland an der Spree, wo ihr Vater als evangelischer Pfarrer tätig war. Die Welt des Pfarrhauses führte sie früh zu Literatur und Kunst. Sie öffneten ihr Perspektiven, die weit über den Horizont des abgeschiedenen Oberlausitzer Dorfes hinausreichten. Die Schulzeit im nahen Bautzen gab ihr zusätzliche Impulse, um sich schließlich für ein Studium der Museologie in Leipzig zu entscheiden. Nach erfolgreichem Abschluss war sie im Schloss Sanssouci in Potsdam und später in Thüringen tätig.
1980 wechselte Inga Arnold-Geierhos an die Städtischen Kunstsammlungen Görlitz, das heutige Kulturhistorische Museum. Zunächst arbeitete sie als Museologin, qualifizierte sich aber durch ein Fernstudium an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zur Diplom-Kunsthistorikerin. Als Thema für ihre Abschlussarbeit wählte sie die Wandmalereien in der Schatzkammer des Hans Frenzel, eines der bedeutendsten Kunstwerke der Spätgotik in Görlitz.
Nach dem Abschluss ihres Studiums betreute Inga Arnold-Geierhos die umfangreichen Kunstsammlungen des Museums. Hier fand sie ein unerschöpfliches Betätigungsfeld für Ausstellungen und wissenschaftliche Forschungen. Aus dem Thema der Diplomarbeit heraus ergründete sie weiter die ältere Kunstgeschichte von Görlitz. Vor allem dem Renaissance-Baumeister Wendel Roskopf galt dabei ihr Interesse, zu dem sie mehrere fundierte Studien publizierte. Die Görlitzer Renaissancearchitektur übte eine große Faszination auf sie aus, da sie ihr – wie schon in der Jugendzeit – weite Horizonte öffnete.
Ab 1990 wurde es ihr auch möglich, die Wurzeln der Görlitzer Renaissance auf Reisen nach Frankreich, Spanien und Italien zu erkunden. Inga Arnold-Geierhos sprach zu diesen Themen auch auf wissenschaftlichen Fachtagungen, wie im Jahr 2001, als sie ihre Forschungen über Wendel Roskopf auf der Konferenz eines deutsch-polnisch-tschechischen Forschungsprojekts in Leipzig präsentierte.
Görlitz war für Inga Arnold-Geierhos aber nicht nur ein Arbeitsort und eine Quelle für ihre Forschungsthemen. Es wurde ihr auch ein Zuhause. Hier lernte sie ihren ersten Mann Gerhard Arnold kennen, der als Bühnenbildner am Gerhart-Hauptmann-Theater tätig war. Und hier wurde ihr Sohn Sebastian geboren. Je länger sie in Görlitz lebte, desto mehr tauchte Inga Arnold-Geierhos in die vielfältige Kunstgeschichte der Stadt ein. Neben Gotik und Renaissance war es auch die jüngere Kunst, die sie in ihren Bann zog. So gelang ihr in den 1990er Jahren eine Neubewertung von Johannes Wüsten. War in den Jahren der DDR seine Rolle als antifaschistischer Widerstandskämpfer überbetont worden, ging es Inga Arnold-Geierhos in ihren Ausstellungen und Publikationen darum, Wüstens herausragende Leistungen als Maler und Grafiker wieder stärker hervorzuheben. Gleichzeitig verortete sie seine Werke in der Görlitzer Kunstszene zur Zeit der Weimarer Republik und erhellte sein Umfeld mit Ausstellungen über die Maler Willy Schmidt und Arno Henschel.
Zur großen Leidenschaft wurde ihr das Werk von Dorothea Koeppen-Wüsten, der Ehefrau Johannes Wüstens, die zu Unrecht im Schatten ihres Mannes gestanden hatte. Inga Arnold-Geierhos entdeckte Dorothea Koeppen als selbstbewusste, hochbedeutende Künstlerin. Daneben galt ihre Aufmerksamkeit aber auch der Erweiterung der Sammlungsbestände des Kulturhistorischen Museums durch zahlreiche wichtige Neuerwerbungen. Gleichzeitig begann Inga Arnold-Geierhos in den 1990er Jahren mit einer Neuaufstellung des Graphischen Kabinetts, das mit einem Bestand von rund 60.000 Werken heute zu den bedeutendsten Grafiksammlungen im Osten Deutschlands zählt.
Doch nicht nur mit ihrer Arbeit am Kulturhistorischen Museum wirkte Inga Arnold-Geierhos erfolgreich für Görlitz. Im Januar 1991 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern des Oberlausitzer Kunstvereins. Dieses neue Forum für die zeitgenössischen Künste entstand aus der Tradition des bereits 1855 gegründeten, jedoch 1945 aufgelösten Kunstvereins für die Lausitz, dessen Geschichte wiederum Inga Arnold-Geierhos aufarbeitete. Als langjährige Vereinsvorsitzende sowie Leiterin der Görlitzer Regionalgruppe hat Inga Arnold-Geierhos zahlreiche Ausstellungen des Kunstvereins in der Nikolaikirche, der Annenkapelle oder auch im Kaisertrutz organisiert. Darüber hinaus stand sie einige Zeit der Kunstgalerie Artemis vor und sang über viele Jahre im Görlitzer Bachchor.
In den 1990er Jahren lernte sie in Görlitz ihren zweiten Ehemann, den Osteuropahistoriker und ehemaligen Rektor der Sächsischen Polizeihochschule Rothenburg, Prof. Dr. Wolfgang Geierhos, kennen. Gemeinsam sanierten sie ein Haus in der Görlitzer Nikolaivorstadt, das für sie nach dem Ausscheiden aus dem Museumsbetrieb im September 2003 zum Lebens- und Arbeitsmittelpunkt wurde. Durch das straßenseitige Erdgeschossfenster konnte man Inga Arnold-Geierhos oft noch abends an ihrem Schreibtisch sitzen sehen. Bis zuletzt arbeitete sie hier an ihrer Monografie über die Künstlerin Dorothea Koeppen-Wüsten, für die sie noch 2020 eine Archivreise nach Großbritannien unternahm. Neben zahlreichen weiteren Publikationen ist diese Arbeit ihr kunsthistorisches Vermächtnis.
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- Quelle: Kai Wenzel | Bilderquelle: Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur
- Erstellt am 10.02.2021 - 15:35Uhr | Zuletzt geändert am 10.02.2021 - 16:14Uhr
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