Silvesterfeuerwerk - ja oder nein?

Silvesterfeuerwerk - ja oder nein?Görlitz, 30. Dezember 2019. Die Frage, ob zu Silvester Knaller gezündet oder Raketen in den Himmel über der Neißestadt geschickt werden, steht für die meisten Görlitzer nicht: Das hat wohl jeder längst mit sich selbst ausgemacht. Das erscheint auch als eine vernünftige Lösung, wenngleich vielen ein Verbot der Feuerwerke lieber wäre.

Vom 31. Dezember 2019, 22 Uhr, bis zum 1. Januar 2020, 2 Uhr, hat Pyrotechnik auf und an der Görlitzer Alstadtbrücke nichts zu suchen
Foto: Matthias Wehnert, Görlitz (bearbeitet)
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Dafür und dagegen – Rücksichtnahme ist das Wichtigste

Wenn sich die "dafür" und die "dagegen" Feuerwerks-Meinungshaber gegeneinander abgrenzen und sich jeweils die Bestätigung für ihre Auffassung bei denen, die gleicher Meinung sind, holen, dann scheint es sinnvoll, Für und Wider einmal abzuwägen. Im Grunde steht dabei das Silvesterfeuerwerk an sich gar nicht in Frage, sondern, ob es ganz individuell von privater Hand gezündet werden soll.

Was für das Silvesterfeuerwerk spricht

So alt ist der Brauch, zum Gaudi aus allerlei Anlass Pyrotechnik zu entzünden, noch gar nicht: Anfang des 12. Jahrhunderts haben die Chinesen damit begonnen, im 14. Jahrhundert griffen die Italiener die Feuerwerkskunst auf und erst im 16. Jahrhundert gelangte sie nach Deutschland. Frei verkäuflich wurde Feuerwerk erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. So gesehen ist der dem Silvesterfeuerwerk zugeschriebene Zweck, die bösen Geister zu vertreiben, überhaupt nicht uralt, vielleicht gar nur eine Erfindung des Marketings? Immerhin ist der Feuerwerksverkauf ein Millionengeschäft für Hersteller und Handel.

Natürlich erfreuen sich wohl die allermeisten an der Feuershow am Himmel, mit der das neue Jahr begrüßt wird – allerdings mit einem zunehmend stärkeren Beigeschmack, der Zweifel am Brauch aufkommen lässt.

Argumente gegen das private Feuerwerk zu Silvester

Die Zweifel an der Silvesterknallerei rühren vor allem aus zwei Quellen: Da sind – obgleich gern ausgeblendet – die schweren Unfälle, die aus dem unsachgemäßen Umgang meist mit Böllern oder gar in Deutschland illegalen Silvesterfeuerwerkskörpern, teils importiert, teils selbstgebastelt, herrühren. Gegenüber Kindern und Jugendlichen kann man da nicht mit einem "selbst schuld" argumentieren, weil es bis zu einem bestimmten Alter halt an Vernunft und Erfahrung mangelt. Deren Zugang zu Feuerwerkskörpern kann man mit Altersbeschränkungen nur bedingt verhindern, wirklich wirksam wäre nur ein totales Verkaufsverbot.

Der zweite Grund gegen privat gezündetes Feuerwerk ist die Umweltbelastung, vor allem durch Feinstaub. Es erscheint schon schizophren, wenn einesteils teurer Aufwand getrieben wird, um Feinstaub aus Abgasen zurückzuhalten, andererseits zu Silvester ganz bewusst exorbitente Spitzenwerte in Kauf genommen werden, die ungefähr einem Sechstel aller Fahrzeugemissionen des ganzen Jahres entsprechen.

Ein weiteres Argument gegen Silvesterfeuerwerk fruchtet jedoch nicht: Der Aufruf, anstelle der Böllerei das Geld lieber für Wohltaten zu spenden. Die Spaßbremsenlogik mag im Einzelfall akzeptabel sein und das Gewissen befriedigen, insgesamt funktioniert sie aber nicht. Empfänglich ist der Mensch eher für eine Aufwands-Nutzens-Rechnung: Was kosten mich die wenigen Minuten Silvesterspaß? "Wir knallen nicht, wir lassen knallen", sagen die Sparsamen und schauen zu, wie die Nachbarn ihr Geld in die Luft schießen.

Last not least gibt es noch ein weiteres Argument für ein privates Böllerverbot: Es ist die Unvernunft nicht nur mancher, sondern augenscheinlich vieler Zeitgenossen. Die Knaller bewerfen sich nicht nur gegenseitig mit Knallern, sondern nehmen auch keine Rücksicht auf andere Leute und erst recht nicht auf Tiere. Sie sehen den Jahreswechsels als eine Zeit des Ausnahmezustandes, in der weder Vorschriften noch Rücksichtnahme gelten. Dagegen vorzugehen ist nicht allein die Aufgabe von Polizei und Ordnungsamt. Bürger, denen solche Rücksichtslosigkeiten auffallen, sollten sich dagegen ausspechen, mit einem "Lassen Sie das sein!" oder im Gespräch ein-zwei Tage später. Es muss den Verursachern klargemacht werden, dass der Verstoß gegen gesellschaftliche Normen nicht einfach hingenommen wird.

Und in Görlitz?

Das Thema Silvesterfeuerwerk ist ein Wohlstandsthema: Für viele Mitbürger fällt es im Monatsetat kaum auf, wenn hundert oder mehr Euro für Feuerwerk ausgegeben wird, um damit zu Silvester nicht nur seiner Freude Ausdruck zu geben, sondern auch feuerwerksunlustige Mitbürger und die ganze Umwelt einmal so richtig zu belasten. Nicht nur unmoralisch, sondern richtig gefährlich wird es, wenn in größeren Menschenansammlungen, vor allem wenn niemand ausweichen kann, geböllert wird. So ein Ort die Altstadtbrücke in Görlitz. Schon aus diesem Grund ist es vernünftig, dass sich Stadtverwaltung und Polizei über ein Verbot von Feuerwerkskörpern auf der Brücke, auf der viele Menschen den Jahreswechsel feiern, und in ihrem Umfeld verständigt haben.

Wie an Orten, wo das zulässig ist, geböllert wird, bleibt jedem selbst überlassen. Wer hier ein neues Feld für Verbote sieht sollte bedenken, dass die Verbotskette, die entstehen würde, wenn man allen Befindlichkeiten folgen will, endlos wäre. Wertvoller ist der Prozess, der längst eingesetzt hat: Immer mehr Menschen ist der übertriebene Silvesterfeuerwerksspektakel so zuwider, dass sie sich dagegen aussprechen und selbst darauf verzichten, Pyrotechnik zu zünden.

Ganz egal, ob Sie ein wenig Pyrotechnik in die Luft jagen oder darauf verzichten: Der Görlitzer Anzeiger wünscht allen eine heitere Silvesternacht und einen guten Start ins Neue Jahr!

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  • Quelle: TEB | Foto: Matthias Wehnert, Görlitz (bearbeitet)
  • Erstellt am 30.12.2019 - 07:15Uhr | Zuletzt geändert am 30.12.2019 - 10:12Uhr
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