Flagge zeigen zum Tag der Deutschen Einheit
Görlitz, 3. Oktober 2019. Von Thomas Beier. Zum Tag der Deutschen Einheit hat der Görlitzer Anzeiger vor seinem Redaktionsgebäude, dem Green House, in der Medienwelt ungefähr so etwas ist wie das White House in Washington D.C. für die Weltpolitik, seine neue Fahne am hohen Mast aufgezogen. Sie zeigt ein Testbild – ein Test für die Region Görlitz, welchen Weg sie geht.
Der Görlitzer Anzeiger hat die schöne Tradition des morgendlichen Fahnenappells als Teil des ostdeutschen Kulturerbes auferstehen lassen: Nicht alles war schlecht
Welchen Weg geht unsere Gesellschaft?
In der Tat steht die Frage, wie sich unsere Kultur, mit Herausforderungen und mit Widersprüchlichkeiten umzugehen, entwickelt. Wollen wir in einer sich rasant verändernden Welt ständig nach Standpunkten suchen, um diese dann mit allen Mittel zu verteidigen, oder sehen wir die Entwicklung im Fluss, den es zu gestalten gilt? Unterscheiden wir weiter nach alteingesessenen und Neubürgern, anstelle zu fragen, wie sich jemand einbringt? Lassen wir einen Wandel auch in unseren Traditionen zu oder stellen wir uns dagegen? Erarbeiten wir uns eine Meinung oder teilen wir einfach vorgefertigte Meinungen, ohne diese zu hinterfragen? Machen wir denen, die Verantwortung übernehmen, bei jeder Gelegenheit Vorhaltungen oder stärken wir eine Kultur, in der Vernunft mehr zählt als jedes Parteibuch, eine Kultur, die auch die Interessen von Minderheiten berücksichtigt? Lassen wir zu, dass junge Leute für etwas eintreten, von dem die Alten eh nicht mehr so viel haben: Zukunft?
Vielleicht ist es die beste Variante, den Tag der Deutschen Einheit zu feiern, indem man Medienabstinenz genießt. Mal keine dümmliche Hetze gegen junge Leute mit dem Verweis auf die Fünfziger- und Sechzigerjahre erleben müssen, mal keine Rundfunknachrichten hören müssen, die zementieren, was doch längst überwunden ist, indem immer noch akribisch nach Unterschieden zwischen West und Ost gesucht wird und alternde Propheten nun die Angleichung der Lebensverhältnisse, die längst erfolgt ist, für die nächsten zehn Jahre voraussagen.
Nein, die innerdeutschen Neiddebatten sind unerträglich geworden, ebenso wie die Legende, der Westen habe die Ostwirtschaft ruiniert; ruiniert hat die sich nämlich selber schon vor der Friedlichen Revolution. Alles nachträgliche Wenn und Aber ist zwecklos, es ist wie es ist und wir müssen der alten Bundesrepublik dankbar sein, dass sie das historisch kurze Zeitfenster, das eine Wiedervereinigung ermöglichte, konsequent genutz hat und damit den Ruf der Ostdeutschen nach Freiheit und wirtschaftlichem Wohlstand erfüllt hat – allerdings um einen hohen Preis: Die beiden deutschen Diktaturen sind nach der Implosion des "DDR"-Gebildes auf dessen Territorium nie aufgearbeitet worden, ein Umstand, wie der Bürgerrechtler Konrad Weiß 1990 anmerkte, "uns in zwanzig dreißig Jahren auf die Füße fallen wird". Wir erleben das gerade in Sachsen, wobei im Zuge der innerdeutschen Diskussion sagen muss: eingebettet in europäische Entwicklungen.
Die 1990 wiedergewonnene deutsche Einheit ist nicht allein das Verdienst der Deutschen, insbesondere die Alliierten des Zweiten Weltkriegs haben Deutschland einen Vertrauensbonus gegeben und der besteht vor allem in der Bewahrung der Demokratie und der freiheitlichen Grundwerte. Die Freiheit, sein Leben zu gestalten, ist überall in Deutschland die gleiche, es liegt bei jedem selbst, was er daraus macht.
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- Quelle: Thomas Beier | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
- Erstellt am 03.10.2019 - 09:48Uhr | Zuletzt geändert am 18.07.2022 - 16:34Uhr
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