Streit unter Nachbarn: Wo liegen die Grenzen der persönlichen Freiheit?
Görlitz, 23. Januar 2015. Geht es um das Thema Streit mit Nachbarn, so ist dies im Regelfall auch eng mit einer möglichen Einschränkung der eigenen Freiheit oder eben der Freiheiten des Nachbarn verbunden. Im Normalfall ist mindestens eine der beiden Seiten der Ansicht, dass die jeweils andere Seite irgendwelche Grenzen überschreitet. Doch wo genau werden diese Grenzen gezogen? Hier sind Hausordnung und Mietvertrag nicht immer eindeutig! Insbesondere im Görlitzer Zentrum gibt es viele Immobilien, bei denen die Menschen mehr oder weniger Tür an Tür leben und sich wohl oder übel grundsätzliche Gedanken über ein Auskommen sowie ein geordnetes Zusammenleben mit ihren Nachbarn machen müssen. Gerade Altbauten sind in vielen Fällen nicht so entworfen, dass dem Bedürfnis nach Privatheit und Abgrenzungen zu anderen Hausbewohnern, in der Weise entsprochen werden kann, wie es sich so manch einer vorstellt. Ein Beispiel wäre etwa die mangelnde Schallisolation, die dazu führen kann, dass man jeden Schritt des Nachbarn zu Hören bekommt.
Typische Nachbarschaftsstreitigkeiten – nicht nur in Görlitz
Nachfolgend greift der Görlitzer Anzeiger einige typische Nachbarschafts-Streitigkeiten auf, wie sie im Görlitzer Raum, aber auch anderswo vorkommen:
Der Klassiker: Lärmbelästigung
Ob ausgelassen spielende Kinder, laute Partys, Musik oder Schuhe mit hohen Absätzen, die dem Nachbarn sprichwörtlich auf der Decke herumtrampeln, Lärm ist wahrscheinlich einer der häufigsten Ursachen für nachbarschaftlichen Streit. Dabei macht es natürlich einen Unterschied, ob es sich um eine regelmäßige sowie wiederkehrende Lärmbelästigung (Beispiel: Musiker, der immer wieder übt) oder es sich eher um etwas Einmaliges bzw. Seltenes (Beispiel: ausgelassene Geburtstagsparty) handelt.
Bei einer einmaligen Sache bleibt es vielleicht bei einem kurzen Hinweis oder Gespräch auf dem Hausflur, wohingegen es bei einem regelmäßigen "Problem" schnell zu heftigeren Streits kommen kann. Schließlich wird an dieser Stelle versucht, jemanden etwas zu untersagen, was er oder sie vielleicht regelmäßig gerne zu Hause tut, und somit wird auch versucht, in seine persönlichen Freiheiten einzugreifen. Im Streitfall schadet es jedoch nichts, sich im Zweifel mit den juristischen Fakten rund um Lärm zu befassen.
Grillen auf Balkon oder Terrasse
Im Sommer ist Grillen eine die liebsten Beschäftigungen der Deutschen. Die wenigen Tage mit wirklich sonnigem und schönem Wetter im Jahr möchte man natürlich für sich nutzen und so werden gerne mal Freunde eingeladen und der Grill angeschmissen. Doch dabei lässt man allzu schnell außer Acht, dass durch den Grill eine erhebliche Menge an Rauch abgesondert wird, der auch nicht immer gerade dahin zieht, wo man ihn gerne hätte. Ist jetzt an falscher Stelle ein Fenster angekippt, so kann der Grill schnell die ganze Wohnung verqualmen und wird damit zur tatsächlichen Beeinträchtigung für einen Nachbarn.
Es empfiehlt sich daher, auf eine möglichst geringe Rauchentwicklung zu achten und in brenzligen Fällen, wo besonders leicht Rauch in die Nachbarwohnungen ziehen könnte, einfach einen Elektrogrill zu verwenden. Allerdings ist es in den meisten Mietverträgen bzw. Hausordnungen so, dass die Bewohner durchaus einige Male pro Jahr ganz offiziell grillen dürfen. Dennoch ist hier die allgemeine Rechtsprechung unterschiedlich. Es schadet also nichts, sein Grillvergnügen mit Nachbarn abzusprechen, damit diese zum Beispiel ihre Fenster schließen können.
Der lästige Raucher von Nebenan
Ein ganz ähnliches Problem wie beim Grillen sehen viele im Bezug auf Raucher. Nur ist es für den Raucher (im Gegensatz zum Griller) wohl eher etwas Alltägliches, dieser Tätigkeit nachzukommen und freilich wird es auch nicht mit den Nachbarn abgesprochen. Dabei sollte man jedoch nicht vergessen, dass auch der Zigarettenrauch entlang der Hausfassade in andere offene Fenster ziehen kann und so zum Ärgernis wird. Früher wurde dies vielfach so gesehen, dass es Nachbarn einfach hinzunehmen hätten, doch wie das Portal Immowelt berichtet, hat sich in dieser Hinsicht auch in Sachen Gesetzgebung einiges getan: Die Klage eines Ehepaares ist bis vor den Bundesgerichtshof gegangen, der entschied, dass Raucher die Zeiten, in denen sie auf dem Balkon rauchen, durchaus einschränken müssen, wenn dadurch eine Beeinträchtigung anderer als gegeben angesehen werden kann.
Fazit
Doch was ist eigentlich genau eine "Beeinträchtigung"? Diese Frage stellt sich nicht nur im Bezug auf das Rauchen, sondern auch auf viele andere potenzielle Streitfälle zwischen Nachbarn. Hier die Grenzen klar zu ziehen, ist sicherlich nicht ganz einfach und bedarf einer individuellen Prüfung. Am besten ist es daher nach wie vor, seinen Nachbarn mit Rücksicht und Verständnis zu begegnen sowie für alle Seiten faire und kooperative Lösungen zu finden, ohne sich dabei mit Feindschaft gegenüberzustehen, denn kaum jemand möchte wohl ernsthaft gegen seinen Nachbarn vor Gericht stehen. Wenn es jedoch so weit kommt, dann geht es für die Juristen im Regelfall darum, genau festzulegen, wo die Grenzen der persönlichen Freiheit beginnen und wo diese Enden.
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- Quelle: red
- Erstellt am 23.01.2015 - 02:59Uhr | Zuletzt geändert am 10.08.2020 - 08:56Uhr
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