Starke Zunahme rechtsextremer Übergriffe

Görlitz | Dresden | Leipzig | Wurzen. Die Opferberatungsprojekte in Sachsen (RAA Sachsen e.V. und AMAL e.V.) erhielten im Jahr 2006 Kenntnis von 208 Übergriffen (2005: 168) mit rechtsextremer bzw. fremdenfeindlicher Tatmotivation. Dazu zählen die Beratungsprojekte lediglich Vorfälle von Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung, Sachbeschädigung und Brandstiftung. Die durchaus hohe Anzahl bekannt gewordener Vorfälle fremdenfeindlicher Beleidigung, Verwendung von verfassungswidrigen Symbolen, fremdenfeindlicher Diskriminierung und Mobbing sind in der benannten Zahl von Übergriffen nicht berücksichtigt.

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Sächsische Opferberatungsprojekte legen Statistik 2006 vor

Die Beratungsprojekte AMAL e.V. als auch RAA Sachsen e.V. haben in ihren Beratungsgebieten einen zum Teil starken Zuwachs an rechtsextremen oder fremdenfeindlichen Übergriffen zu verzeichnen. Wöchentlich ereigneten sich in Sachsen etwa vier rechtsextrem motivierte Übergriffe. Das ist die höchste Anzahl an rechtsextremen Gewalttaten, von der die sächsischen Opferberatungsprojekte in ihrer bisherigen Arbeit je Kenntnis erhielten. Darüber hinaus muss von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. „Der fast 25%ige Anstieg von Übergriffen ist beunruhigend. Hinter jedem Übergriff stehen Betroffene, deren Lebensqualität zum Teil für lange Zeit eingeschränkt ist. Die Gesellschaft findet darauf offenbar keine angemessene Antwort“, so der Mitarbeiter des Wurzener AMAL-Beratungsteams Jamil Jawabra.

Von den 208 Übergriffen waren in Sachsen mindestens 298 Personen direkt und mind. 117 Personen indirekt betroffen. In mindestens 157 Fällen wurde eine Anzeige erstattet. Erfahrungsgemäß erhöht sich die Anzahl der Übergriffe noch, da den Beratungsstellen in den kommenden Monaten weitere Angriffe aus 2006 gemeldet werden. Die Betroffenen sind vor allem Jugendliche, die nicht der rechten Szene angehören sowie Menschen mit Migrationshintergrund. „In der Stadt Leipzig sind ca. die Hälfte der Ratsuchenden Migranten. Wobei hier auffällig ist, dass die Täter nicht nur dem rechtsextremen Rand, sondern in einer sehr hohen Zahl auch der Mitte der Gesellschaft zuzuordnen sind“, weiß Diana Eichhorn, Mitarbeiterin der Opferberatung der RAA in Leipzig.

Im Rahmen ihrer Tätigkeit konnten die Mitarbeiter der Beratungsstellen im Jahr 2006 insgesamt 407 Personen bei der Bewältigung von Tatfolgen (direkt Betroffene 308 / indirekt Betroffene 99) unterstützen. Dazu zählen viele Geschädigte von Übergriffen der Vorjahre. Zum einen dauern viele Betreuungsbeziehungen in der Regel über einen längeren Zeitraum an. Zum anderen nehmen die Betroffenen oftmals erst viele Monate bzw. sogar Jahre später Hilfe in Anspruch.

Rechtsextreme Gewalt entwickelt sich zu einem zunehmend ernsthafteren Problem für die sächsische Gesellschaft. Mancherorts mangelt es an Sensibilität und der Bereitschaft dieses Problem überhaupt wahrzunehmen. Es zu lösen, erfordert einen langen Atem und gesamtgesellschaftliches Engagement. Solange rechtsextrem und fremdenfeindlich eingestellte Menschen agieren brauchen vor allem die Betroffenen Unterstützung auf breiter Basis. Letztlich wird sich auch daran erfolgreiches Handeln gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit messen lassen.

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  • Quelle: /Hagen Kreisel
  • Erstellt am 15.02.2007 - 23:12Uhr | Zuletzt geändert am 15.02.2007 - 23:17Uhr
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