Europa-Haus Görlitz: Minderheiten im Dialog
Landkreis Görlitz | Friesland, 3. November 2013. Von Andreas Herrmann. Eine Gruppe Görlitzer sowie Vertreter der Sorben aus der Region um Schleife sind jetzt von einem Besuch in der deutsch-dänischen Grenzregion zurückgekehrt. Hier waren sie bei der nationalen Minderheiten der Friesen sowie der deutschen Volksgruppe in Dänemark und umgekehrt zu Gast. Hintergrund ist ein Projekt im Europa-Haus Görlitz, welches das Kennenlernen nationaler Minderheiten in Deutschland zum Inhalt hat. Im Bild: Gudrun Tack vom Europa-Haus Görlitz mit Gösta Toft, Sekretär der Schleswigschen Partei.
Bald Gegenbesuch im Landkreis Görlitz?
"Besonders beeindruckt waren wir in Dänemark von den Möglichkeiten des dortigen Wohlfahrtsstaates, wovon natürlich auch die Deutschen profitieren“, berichtete Gudrun Tack vom Europa-Haus nach ihrer Rückkehr. Gleichzeitig müsse man sich aber auch fragen, wie lange dies angesichts zunehmender ökonomischer Globalisierung noch möglich sein wird. Die Kehrseite dieser Wohltaten wie eine gute Arbeitsmarktpolitik, die vor allem auf Bildung für sozial Benachteiligte setze, aber auch ein Gehalt für Studenten oder ein sehr gutes Schulsystem mit kleinen Klassen, seien hohe Steuern wie eine Mehrwertsteuer von 25 Prozent und Luxussteuern zum Beispiel für Autos.
Das "Friesentum" würde in der nördlichen Region ähnlich wie die sorbische Kultur im Landkreis Görlitz gefördert, so Tack weiter, allerdings lernten nur noch sehr wenige junge Menschen Friesisch. Auf dem Programm stand dazu ein Besuch im Nordfriesischen Institut (Nordfriisk Instituut), einer Einrichtung für die Pflege, Förderung und Erforschung der friesischen Sprache, Geschichte und Kultur.
Im dänischen Aabenraa traf die 20-köpfige Delegation, der auch der Sorbenbeauftragte des Landkreises Görlitz Manfred Hermasch aus Rhone (Rowno), einem Ortsteil von Schleife (Slepo), angehörte, Gösta Toft, Sekretär der Schleswigschen Partei. Diese vertritt die Interessen der deutschen Minderheit.
Gleichzeitig gab es eine Diskussion mit Siegfried Matlock, ehemaliger Chefredakteur der Zeitung "Der Nordschleswiger“. Beide gingen in Vorträgen auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen ihrer Region und der Lausitz ein, wo beispielsweise zwischen der Gemeinde List - die nördlichste Gemeinde Deutschlands - auf Sylt und Görlitz als östlichster Stadt eine "Zipfelpartnerschaft“ existiert.
Einen herzlichen Empfang erlebten die Leute vom Europa-Haus Görlitz auch beim Südschleswigschen Wählerverband (SSW) in Flensburg. Hier berichtete Gerhard Jessen, kommunalpolitischer Sekretär des SSW, über das Leben der dänischen Minderheit in Deutschland. Im Jahr 1920 war per Volksentscheid die heutige Grenze zwischen Deutschland und Dänemark festgelegt worden. Dadurch entstanden die heutigen Minderheiten im jeweils anderen Land, weil viele Menschen ihre angestammten Siedlungsgebiete wegen dieser politischen Entscheidung nicht verlassen wollten.
Hinsichtlich der kulturellen und wirtschaftlichen Kontakte bestehe ein gutes System an Vernetzung zwischen beiden Staaten, nannte Manfred Hermasch ein Fazit der Reise. Der deutsche Staat wende dafür nicht unerhebliche Mittel auf. Die deutsche Wiedervereinigung sei auch für die Menschen im Norden ein Schlüsselereignis gewesen. Die Leute dort seien selbstbewusst und bescheiden zugleich. Doch auch hier müsse man sich vor der Gefahr des Nationalismus schützen.
Ob und wie es mit dem Projekt des Europa-Hauses zum Kennenlernen der Minderheiten weitergeht, steht noch nicht fest. Auf jeden Fall hatte die Gruppe auf der Rückreise die Interessenbekundung zur weiteren Pflege solcher Kontakte eines Vertreters der Deutschen in Dänemark im Gepäck. Die Kultur der Sorben ist bei Dänen und Friesen im Norden wenig bekannt. Vielleicht ergibt sich so schon bald ein Gegenbesuch aus der deutsch-dänischen Grenzregion in der deutsch-polnischen.
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- Quelle: Andreas Herrmann | Fotos: Europa-Haus Görlitz
- Erstellt am 03.11.2013 - 12:18Uhr | Zuletzt geändert am 03.11.2013 - 13:51Uhr
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