Wie rechnet sich der Berzdorfer See?

Bild zu Wie rechnet sich der Berzdorfer See?Görlitz, 25. Juni 2011. Für runde 400 Millionen Euro könnte am Berzdorfer See eine Ferienanlage entstehen – so die Idee eines Architekturbüros aus Nordrhein-Westfalen. Geldgeber gebe es auch schon. Die Stadt Görlitz und die Wirtschaftsfördergesellschaft wollen die Pläne gründlich prüfen, ehe man sich positioniert.

Kein Leuchtturm, aber gute Aussichten am See
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Fritz R. Stänker kommentiert

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Hat Potential: Der Berzdorfer See bei Görlitz
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Und das ist auch gut so, dass die Stadt die Planungsansätze und Hintergründe für die mögliche Großinvestition am Berzdorfer See erst einmal abklopft - berichtete doch die „Lausitzer Rundschau“ am 24. Juni 2011 auch von gescheiterten Großprojekten des Architekturbüros. Außerdem würde das Nutzungskonzept des „sanften Tourismus“ gekippt, wenn ein Tagungshotel, Wohn-, Ferien- und Sportanlagen im Block entstünden.

Wenn Investoren investieren, dann soll sich das rechnen, jedenfalls zunächst. Gewöhnlich nach allerspätestens zehn Jahren will ein Investor seinen Einsatz wieder erwirtschaftet haben, um dann endlich Profit zu machen. Bei 400 Millionen Euro Einsatz müssten demnach ohne Berücksichtigung von Steuer- und Zinseffekten jährlich 40 Millionen erwirtschaftet werden.

Mein Milchmädchen hat mit aus der Luft gegriffenen Zahlen gerechnet: Saison von Mai bis Oktober, das sind sechs Monate oder 184 Tage. Wenn die Winternutzung nur als gering angenommen wird, müssten während der Saison im Schnitt täglich rund 200.000 Euro Gewinn erwirtschaftet werden. Mal spekuliert, jeder Euro Gewinn wäre mit nur drei Euro direktem Kostenaufwand behaftet, bedeutet das einen Tagesumsatz von 800.000 Euro in der Saison. Anders gesagt: Am See und in seinem Umfeld müssten täglich 4.000 Besucher je 200 Euro ausgeben, plus Mehrwertsteuer, versteht sich - und unabhängig von Wochentag und Wetter. Solche Gäste wären freilich ein guter Dünger für eine blühende Landschaft.

Da erscheint das bisher verfolgte Konzept der schrittweisen Entwicklung des Tourismus und der Naherholung am Berzdorfer See weit risikoärmer. Wer sich Zeit - einer der wichtigsten Investitionsfaktoren - nimmt, kann die Entwicklung seiner Angebote an die tatsächliche Nachfrage anpassen. Schwierig bleibt es allemal, denn ohne gute Angebote wird es auch keine Nachfrage geben. Fakt aber ist: Wer in Form einer Großinvestition alles auf einmal hinstellt muss mit dem Risiko leben, dass die Bedürfnisse der erwarteten Kunden nicht getroffen werden.

Wer über Investitionen entscheidet, bewegt sich oft auf Glatteis. Also immer schön auf dem Gestreuten bleiben und Schritt für Schritt voran,

empfiehlt Ihr Fritz R. Stänker

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Die Sache mit den Investoren

Von Thomas am 26.06.2011 - 12:39Uhr
Angenommen, ein sehr großes Bauunternehmen errichtet eine große Immobilie.
Und angenommen, das große Bauunternehmen gründet eine Fondsgesellschaft und sammelt Geld von Kapitalanlegern, die damit die große Immobilie erwirbt. Um das den Anlegern schmackhaft zu machen, gibt es neben Steuervorteilen für die ersten Jahre auch eine Ausschüttungsgarantie.

Jetzt verkauft das große Bauunternehmen die große Immobilie an die Fondsgesellschaft - mit sattem Gewinn.

Leider rechnet sich die Immobolie von Anfang an nicht, die erhofften Erträge bleiben aus. Die Anleger stört das kaum, sie haben ja die Ausschüttungsgarantie.
Weil die Liquidität der Fondsgesellschaft aber gegen Null geht, nimmt sie Kredite auf, um die Ausschüttungen zu finanzieren. Nach ein paar Jahren gibt es keine Kredite mehr, die Ausschüttungen bleiben aus, die fleißiog genährte Hoffnung auf "bessere Zeiten" lässt die Anleger stillhalten.

Nach rund acht bis zwölf Jahren platzt die Blase, die Fondsgesellschaft ist pleite und die Anleger werden vor die Wahl gestellt: Entweder Rückzahlung der Ausschüttungen (denn die waren mangels Gewinn unberechtigt) oder Verkauf des eigenen Anteils für eine Spottpreis an das große Bauunternehmen.

Wehren können sich die Anleger kaum, Haftungsansprüche sind inzwischen verjährt oder nur mit ungewissem Ausgang einklagbar. Aus Angst vor möglichen eigenen Haftungsrisiken entschließen sich fast alle Anleger zum Verkauf ...

Das große Bauunternehmen gründet jetzt eine neue Gesellschaft, verkauft dieser die Immobile und die neue Gesellschaft wiederum verkauft die Immobilie scheibchenweise - filettiert - an neue Investoren.

Wenn auch etwas vereinfacht dargestellt - ein klassisches Lehrstück in Sachen Kapitalismus.

So kommt man zu Gelde.

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  • Quelle: red | Fritz Rudolph Stänker
  • Erstellt am 25.06.2011 - 10:27Uhr | Zuletzt geändert am 22.10.2020 - 09:23Uhr
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