Beteiligungsverfahren zum Entwurf des Landesentwicklungsplans 2012 abgeschlossen

Landkreis Görlitz. Der vorliegende Entwurf des Landesentwicklungsplans (LEP) nutzt aus Sicht der Gesamtregion “Landkreis Görlitz“ seine möglichen Potenziale und Steuerungsansätze nicht in vollem Umfang aus, so die Einschätzung aus dem Landratsamt Görlitz. Dadurch werde das Ziel, die tatsächlich vorhandenen strukturellen und sachlichen Defizite der Region und des Landkreises dauerhaft und nachhaltig zu beheben bzw. Prozesse nachhaltig zu stabilisieren, nur sehr bedingt erreicht. Holger Freymann, Amtsleiter Kreisentwicklung, äußert sich in seinem nachstehenden Beitrag dazu, was aus Sicht des Landkreises Görlitz verändert werden muss.

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"Landesentwicklungsplan 2012 auf die tatsächlichen Problemlagen fokussieren"

Der Landesentwicklungsplan (LEP) ist ein fachübergreifendes Konzept für die zukünftige räumliche Entwicklung Sachsens in den nächsten zehn Jahren und damit Grundlage und Richtschnur für die Zukunft. Es ist bindend für alle öffentlichen Stellen und bietet eine Orientierungshilfe für private Planungsträger. Der LEP ist außerdem Beurteilungsmaßstab für Raumordnungsverfahren und landesplanerische Stellungnahmen. Damit ist er das wichtigste Instrument der Landesplanung und hat als solches nachhaltige Auswirkungen auf die regionale und lokale Entwicklung. Die Fortschreibung des LEP 2003 ist aktuell im Verfahren. Im Jahr 2012 soll der fortgeschriebene Landesentwicklungsplan in Kraft treten.

Bis zum 23. März 2012 hatten die verschiedenen Träger öffentlicher Belange, die Ämter und die Öffentlichkeit die Möglichkeit, zum Entwurf LEP 2012 Hinweise, Forderungen und Änderungsvorschläge abzugeben. Auch der Landkreis Görlitz hat diese Möglichkeit der Stellungnahme umfassend genutzt und den LEP-Entwurf in Hinblick auf seine Festlegungen, Ziele und Grundsätze, der Karten und der weiteren Anlagen analysiert und geprüft.

Über 25 Träger öffentlicher Belange wurden dazu hausintern beteiligt, deren Stellungnahme gebündelt und nach den strategischen Vorgaben des Landkreises Görlitz gewichtet. Zusätzlich zu diesem Anhörungsverfahren haben wir die Kommunen und externe Partner, wie die Hochschule Zittau/Görlitz, die Entwicklungsgesellschaft des Landkreises, die Touristischen Gebietsgemeinschaften und die Gebietskulissen der Ländlichen Entwicklung (ILE/ELER) nach Ihren Hinweisen für die Aussagen des Landkreises befragt. Diese Herangehensweise ist Teil unserer regionalen Entwicklungsstrategie und besonders für benachteiligte Räume auch Teil der gemeinsamen Handlungs- und Lösungsansätze des Landkreises Görlitz.

206 konkrete Hinweise eingegangen

Neben einer zusammenfassenden Einleitung zur Stellungnahme gab es insgesamt 206 konkrete Sachverhalte, die benannt worden sind.

F= Forderungen: 135
H = Hinweise: 49
? = Fragen: 13
W = Widersprüche: 9
GESAMT: 206

Schwerpunktmäßig konzentrieren sich die Aussagen dabei auf die Kapitel Entwicklung und Daseinsvorsorge:

Grundsätze: 25
Struktur: 25
Entwicklung: 43
Verkehr: 17
Freiraum: 25
Infra: 8
Dasein: 36
Sonstiges: 27

Folgende Grundaussagen können zusammengefasst werden:


Der vorliegende LEP-Entwurf nutzt aus Sicht der Gesamtregion “Landkreis Görlitz“ seine möglichen Potenziale und Steuerungsansätze nicht in vollem Umfang aus. Dadurch wird das Ziel, die tatsächlich vorhandenen strukturellen und sachlichen Defizite der Region und des Landkreises dauerhaft und nachhaltig zu beheben bzw. Prozesse nachhaltig zu stabilisieren, nur sehr bedingt erreicht. Zudem ist eine differenziertere Betrachtung der ländlichen Räume erforderlich. Der Landkreis Görlitz ist einer der am dünnbesiedeltsten ländlichen Räume im Freistaat Sachsen und besitzt zudem die längsten Länderaußengrenzen in Sachsen. All diese Besonderheiten sind bei der Betrachtung unseres Landkreises und der Region Oberlausitz-Niederschlesien sowie deren Entwicklungsmöglichkeiten und Problemlagen umfassender einzubeziehen.

Aus unserer Sicht können folgende Grundforderungen dazu beitragen, die Diskrepanz in den Aussagen und Stellgrößen des LEP bezüglich des ländlichen Raumes neu zu ordnen:


- Die Ungleichheit der regionalen Lebensbedingungen wird weiterhin ansteigen und muss fachlich und politisch akzeptiert werden.

- Die gesetzlichen Vorgaben zu Standards und Normen müssen geprüft und flexibel den lokalen Erfordernissen angepasst werden.

- Die Kommunen sind nachhaltig und dauerhaft von unnötigen Vorschriften und Kosten zu entlasten, neue hemmende Regularien dürfen nicht entstehen.

- Über Regionalkontingente für Planungen und Finanzierungen auf der Basis der Landkreise sind nachhaltige Fonds für Rückbau/Umbau in den ländlichen, strukturell betroffenen Regionen analog des Stadtumbaues einzusetzen.

- Die Bürger müssen offen über die voraussichtlichen Entwicklungen und die daraus resultierenden Konsequenzen informiert werden, damit sie rechtzeitig wichtige Entscheidungen zu ihrer eigenen Lebensplanung treffen können.


Der Mensch und die Familie sind im LEP 2012 nur unzureichend Gegenstand der Betrachtung. Die Familie und die gesicherte Zukunftsplanung der Menschen ist eine wesentliche Stellschraube zur Bewältigung des demografischen Wandels. Die „Rolle Mensch“ in der Gesellschaft und in den unterschiedlichen Regionen ist im LEP 2012 stärker und durchgängiger zu berücksichtigen. Migration, Fachkräftesicherung und Frauenförderung sind als Schlüsselfunktionen gegen den demografischen Wandel aktiv zu verankern.

Die nachhaltige Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und der Lebensqualität für zukünftige Generationen unter Berücksichtigung der Folgen des Klimawandels ist so zu gestalten, dass die Spielräume für die Entwicklung der Siedlungs-, Wirtschafts- und Verkehrsstruktur nicht unangemessen eingeengt bzw. nach lokalen Bedürfnissen ausgesteuert werden. Eine Flexibilisierung der Ausweisungskriterien und Standards ist dringend, besonders im ländlichen Raum, erforderlich. Das öffentliche Bedürfnis und die Tragfähigkeit müssen neben den bisherigen Ausweisungskriterien Beachtung finden. Die Rolle der neuen, flächenmäßig größeren Landkreise bei möglichen Konzepten und die Übernahme von territorial gebundenen Leistungen aus der Regionalplanung sind neu zu definieren. Der LEP 2012 muss auf die wichtigen regionalen Teilräume, wie z.B. dem sorbischen und niederschlesischen Siedlungsgebiet, mehr eingehen.

Nicht nur Oberzentren, sondern auch Mittel- und Grundzentren im Grenzgebiet gilt es als wichtige Standorte von Wirtschaft/Wissenschaft zu stärken und ihre Brückenfunktion nach Osteuropa aktiv auszubauen sowie zu stabilisieren. Der gesamte Landkreis Görlitz sollte, wie bisher, als grenznahes Gebiet ausgewiesen werden. Weißwasser kann als Mittelzentrum im ländlichen Raum ausgewiesen werden, wenn es als Mittelzentrum im ländlichen Raum alle Funktionen eines "klassischen" Mittelzentrums erfüllt und zusätzlich Funktionen im ländlichen Raum übernimmt z.B. Stabilisierungen ohne zu Lasten anderer Zentren. Der Begriff „Ergänzungsstandort“ ist damit zu streichen.

Wir fordern die Ausweisung weiterer Funktionen wie Bildung, Gesundheit, grenzübergreifende Kooperation und Sorbische Kultur für Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen und den konkreten Umsetzungsauftrag an die Regionalplanung. Zentrale Orte sollten wieder mit einem konkreten Ausstattungskatalog versehen werden, welcher die aktuellen Vorgabeplanungen (Schulen, Sozial) umfassender berücksichtigt.

Die bedarfsgerechte Entwicklung des klassifizierten Straßennetzes in Sachsen muss, unter Beachtung gleichwertiger Anbindungen in allen Regionen Sachsens, neben wirtschaftlichen Aspekten auch netzkonzeptionelle Überlegungen einschließen. Die raumbezogenen Ergebnisse aus dem Landesverkehrsplan konnten nicht als Grundlage herangezogen werden. Aus unserer Sicht ist konkreter auf das Sicherheitsdefizit im Grenzraum einzugehen.

Unsere Hinweise und Anregungen zum aktuellen Entwurf sollen helfen, die Anliegen des LEP 2012 auf die tatsächlichen Problemlagen zu fokussieren. Damit kann sich der LEP aus unserer Sicht im Miteinander aller Akteure als zukunftsfähiges Planungswerk in den Regionen des Freistaates Sachsen tatsächlich etablieren und seine Wirksamkeit zum Nutzen der Regionen und seiner Menschen entfalten. Damit dieser Prozess auch weiterhin transparent vermittelt werden kann, sind unsere Stellungnahme und alle weiteren Unterlagen auf der Internseite des Landkreises unter http://lep.landkreis.gr einsehbar.

Holger Freymann, Amtsleiter Kreisentwicklungsamt

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  • Quelle: Holger Freymann, Amtsleiter Kreisentwicklungsamt
  • Erstellt am 03.04.2012 - 23:08Uhr | Zuletzt geändert am 03.04.2012 - 23:08Uhr
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