Toilettenpapier selbst gemacht
Görlitz, 1. April 2020. Für viele ist das Ende der Toilettenpapierrolle schlimmer als das eigene. Sächsischem Erfindergeist ist es zu verdanken, dass man nicht mehr das Haus verlassen muss, um im Einzelhandel nachzuschauen, ob nicht noch die eine oder andere Rolle zu ergattern ist.
Veredelte Tageszeitung löst Versorgungsengpass
Der revolutionären Erfindung, die nun die Herstellung von Toilettenpapier, in proletarischen Kreisen auch Klopapier genannt, in den häuslichen Bereich verlagert, waren dramatische Szenen vorausgegangen: Während sich in den Einrichtungen des Einzelhandels Bürger und Bürgerinnen die Toilettenpapierpackungen gegenseitig aus den Händen rissen, ob sie nun acht Rollen á 160 Blatt oder zehn Rollen á 200 Blatt enthielten, ob das Wischpapier nun eine, zwei, drei oder sogar durchstoßsichere vier Lagen hatte, spielten sich unter solidarisch veranlagten Bürgern Szenen ganz andere Art ab. Beim Versuch, seine letzte Rolle mit Nachbarn redlich zu teilen, griffen viele zum Messer und zerschnitten die Rolle fifty-fifty quer zur Wickelachse in zwei Hälften. So wurden zwar aus einer Rolle zwei, doch wie sich schnell herausstellte, war eine jede für sich viel zu schmal für tiefe Täler. Doch auch jenen, die ihre letzte Rolle längs der Wickelachse teilten, brachten beiden die Hälften wenig Freude, denn je näher sie der Rolle Kern kamen, umso kürzer wurden die Blättchen.
All diese Sorgen sind nun vom Tisch resp. der Klobrille: Aus dem Land der Erfinder kommt die Idee, der Tageszeitung nunmehr keinen Einfluss mehr auf das Gemüt zu geben, sondern sie directement zu Toilettenpapier zu verarbeiten. Seine persönliche Rohstoff-Versorgungslage mit Zeitungspapier stabilisiert, wer dem alten Rat des Görlitzer Anzeigers folgt: "Abonnieren Sie eine gute Tageszeitung, aber lesen Sie den Görlitzer Anzeiger!"
Angesichts der Corona-Krise ist nunmehr die Zeit gekommen, die Katze aus dem Sack zu lassen: Das Gute an der guten Tageszeitung bezieht sich nicht länger auf deren inhaltliche, sondern auf die Papierqualität. Das Abo dient also dem Papiernachschub für die häusliche Toilettenpapierfabrikation, von Inhalten können sich die Redaktionen – dem langjährigen Trend folgend – weiter entlasten.
So funktioniert die Toilettenpapierherstellung
An Produktionsmitteln werden ein Aktenvernichter, eine ausreichend große Schüssel, ein Backbrett samst Nudelholz und eine Nudelmaschine benötigt; im äußersten Notfall einer prekären Versorgungslage sind jedoch Schüssel und Nudelholz ausreichend.Wie sollte man vorgehen, wenn noch keine umgerüstete Nuidelmaschine zur Verfügung steht? Zunächst wird die Zeitung wie gewohnt dem Postkasten entnommen, allerdings als Frischware ohne Fingerfettspuren sofort im Aktenvernichter geschreddert. Wer es lieber mit der Hand macht, kann einen handelsüblichen Aktenlocher benutzen, um die Zeitung zu Konfetti zu verarbeiten, was der Tätigkeit sogar einen gewissen heiteren Beigeschmack verleiht.
Ist das Zeitungspapier ausreichend zerkleinert, wird es in Wasser so lange aufgekocht, bis es zerkocht ist. Diesem Papierbrei wird schnellhärtendes Weizenmehl beigemischt, wobei sich Glyphosatspuren endlich einmal wirklich als unbedenklich erweisen. Der Prozess wird fortgesetzt, bis der Papierbrei eine teigartige Konsistenz annimmt. Die Zugabe von etwas Sahnesteif kann für die spätere technologische Weiterverarbeitung hilfreich sein.
Der so erzeugte Papierteig wird nun auf einem Backbrett ausgerollt und Streifen geschnitten. Diese sollen rund zwei Drittel der Breite des Endprodukts Klopapier haben. Das eigentliche Toilettenpapier entsteht, indem man diese Streifen der Nudelmaschine zuführt und bis auf die gewünschte Dicke walzt. Dass die Streifen dabei breiter und vor allem immer länger werden, ist ein gewünschter Nebeneffekt.
Hilfreich ist es, wenn ein Helfer die entstehenden Streifen sofort auf eine im Sinne der Nachhaltigkeit wiederverwendete Toilettenpapierkernpapprolle aufwickelt und damit auch der Umwelt einen Dienst leistet. Von persönlichen Vorlieben häng es ab, ob man dem Papierteig noch etwas feinen Quarzsand hinzufügt, wer es deftig mag, verwendet eine gröbere Sandkörnung bis hin zu feinem Splitt, der dem Toilettenpapier einen gefühlsintensiven Charakter verleiht.
"Flotter Otto" schon bald im Handel
Sobald die Serienproduktion angelaufen ist, soll die weiterentwickelte Nudelmaschine unter der Marke "Flotter Otto" in den Handel kommen.Fördermittel sind nicht im Spiel, das Nobelpreiskomitee zeigte sich bereits begeistert.
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- Quelle: TEB | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
- Erstellt am 31.03.2020 - 22:19Uhr | Zuletzt geändert am 03.04.2020 - 10:51Uhr
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