Steuervorteile rückwirkend oder ab 2020
Görlitz, 29. Dezember 2019. Der Steuerberaterverband Sachsen e.V. hat auf ausgewählte steuerliche Regelungen, darunter neue, aufmerksam gemacht. Großenteils versprechen diese zeitnah Erleichterung, andere positive Neuerungen kommen zumindest mittelfristig.
Interessant für Unternehmen und Privatleute
Das deutsche Steuersystem steht im Ruf, besonders kompliziert zu sein. In der Tat sind für Laien viele Details nur schwer zu überblicken. Dennoch kommt der Steuerbürger um ein gewisses Grundwissen kaum herum, selbst wenn er mit einem Steuerberater oder einem Steuerbevollmächtigten oder einem anderen zur Beratung in Steuerfragen Befugten zusammenarbeitet: Muss der zur Steuerzahlung Verpflichtete doch auch selbst ansprechen, welche Bereiche für ihn – ob nun privat oder geschäftlich – relevant sein könnten.
Auf Basis der vom Steuerberaterverband Sachsen bereitgestellten Informationen trägt der Görlitzer Anzeiger gern dazu bei, etwas Licht in den Steuerdschungel, der – wie böse Zungen meinen – zur Geschäftsgrundlage der Steuerberater gehört, zu bringen.
Mit Elektro- und Hybridfahrzeugen steuerlichen Vorteil einfahren
Wer seinen Firmenwagen auch privat nutzt, muss den entstehenden geldwerten Vorteil entweder pauschal oder nach der Fahrtenbuchmethode versteuern. Mit dienstliche Kraftfahrzeugen, die gar keinen Kohlendioxid-Ausstoß und einen Bruttolistenpreis von maximal 40.000 Euro haben, Fahren der Steuerbürger und Steuerbürgerin besonders günstig: Solche Autos, von denen mehr Umweltverträglichkeit erwartet wird, brauchen im Zuge der Berechnung des geldwerten Vorteils nur noch mit einem Viertel des Neuwagenpreises angesetzt werden – eine neuregelung, die rückwirkend ab 2019 gilt. Auch andere Elektro- und Hybridfahrzeuge fahren steuerlich ganz vorne mit. Bei der Berechnung des geldwerten Vorteils bildet nun bis 2030 die Hälfte des Neuwagenpreises die Berechnungsgrundlage. Dafür müssen sie jedoch die festgelegten Emissionswerte einhalten oder eine bestimmte elektrische Mindestreichweite aufweisen.
Umweltbonus für Elektrofahrzeuge verlängert
Der bereits geltende Umweltbonus für Elektrofahrzeuge wird bis zum Jahresende 2025 verlängert. Zugleich wird die Einzelförderung beim Erwerb von Elektrofahrzeugen erhöht, denn nicht mehr nur Neufahrzeuge profitieren davon: Es wartet auch eine Kaufprämie für junge Gebrauchtfahrzeuge, wenn bestimmte Eckpunkte eingehalten werden. So darf der Firmen- bzw. Dienstwagen beim Weiterverkauf mindestens vier und höchestens acht Monate lang erstmalig zugelassen sein und auf dem Tacho dürfen nicht mehr als 8.000 Kilometer stehen. Diese geänderte Förderung tritt in Kraft, wenn die Europäische Kommission grünes Licht dafür gibt.
Steuerlicher Rückenwind für Radfahrer
Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern weiterhin betriebliche (Elektro-)fahrräder, die nicht als Kraftfahrzeug gelten, zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn steuerfrei zur Nutzung überlassen – eine Begünstigung, die nun bis Ende 2030 verlängert wurde. Anders, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern ein Fahrrad unentgeltlich oder verbilligt zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn übereignen möchte: Dann kann der Arbeitgeber ab dem Jahr 2020 die anfallende Lohnsteuer zum Pauschalsteuersatz von 25 Prozent abführen.
Sonderabschreibungsmöglichkeit für Elektronutzfahrzeuge und E-Lastenfahrräder
Wer ab 2020 ein Elektronutzfahrzeug für seinen Betrieb anschafft, kann eine Sonderabschreibungsmöglichkeit nutzen: Neben der gewöhnlichen Abschreibung kann der Unternehmer eine Sonderabschreibung in Höhe von 50 Prozent der Anschaffungskosten in Anspruch nehmen, doch aufgepasst: Elektronutzfahrzeuge im Sinne dieser Regelung sind Fahrzeuge der EG-Fahrzeugklassen N1, N2 und N3, die ausschließlich durch Elektromotoren angetrieben werden, die ganz oder überwiegend aus mechanischen oder elektrochemischen Energiespeichern oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern gespeist werden.
Die gleiche Sonderabschreibungsmöglichkeit gilt ab dem 1. Januar 2020 übrigens auch bei der Anschaffung von elektrisch betriebenen Lastenfahrrädern; Lastenfahrräder sind dabei als Schwerlastkraftfahrräder mit einem Mindest-Transportvolumen von einem Kubikmeter und einer Nutzlast von wenigstens 150 Kilogramm, die mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb angetrieben werden, definiert.
Pauschalbesteuerung für Job-Tickets
Job-Tickets bzw. entsprechende Zuschüsse, ein bei Mitarbeitern gern gesehenes Extra, können Arbeitgeber ab 2020, auch wenn sie nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, pauschal mit 25 Prozent besteuern – also etwa, wenn die Leistung durch Umwandlung des ohnehin geschuldeten Lohns finanziert wird. Vorteil für den Arbeitnehmer: Werden das Job-Ticket bzw. die Zuschüsse pauschal besteuert, mindern sie nicht seine Werbungskosten.
Mitarbeiter steuerlich unter Dach und Fach
Mitarbeiter, die vom Arbeitgeber eine Wohnung bekommen, können sich ab 2020 unter Umständen über einen Steuervorteil freuen: Die Überlassung ab dann unter bestimmten Bedingungen nicht als steuerpflichtiger Sachbezug – nämlich dann, wenn zum einen mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts zahlt und zum anderen nicht mehr als 25 Euro je Quadratmeter kalt.
Achtung bei Geldkarten und Gutscheinen
Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht: Die Abgrenzung zwischen Bar- und Sachlohn dürfte, insbesondere bei Gutscheinen und Geldkarten, zu Kopfzerbrechen führen. Durch eine gesetzliche Anpassung mit zusätzlichem Verweis auf das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz sollen nämlich ab 2020 vor allem besondere Open-Loop-Geldkarten, die ähnlich wie Kreditkarten funktionieren und an zahlreichen Akzeptanzstellen zur Zahlung genutzt werden können, nicht länger als (steuerfreier) Sachbezug gelten. Unberührt von der Änderung sollen nach der Gesetzesbegründung hingegen sogenannte Closed-Loop- Karten, die nur beim Aussteller der Karte einlösbar sind, und sogenannte Controlled-Loop-Karten, zu denen Centergutscheine und "City-Cards" gehören, sein.
Absetzbare Verpflegungsmehraufwendungen erhöht
Dienstreisende können ab dem Jahr 2020 höhere Verpflegungsmehraufwendungen steuerlich in Ansatz bringen. Für An- und Abreisetage sowie für Abwesenheitstage ohne Übernachtung und mehr als acht Stunden steigt die Pauschale von 12 auf 14 Euro an, für ganze dienstlich bedingte Abwesenheitstage erhöht sich die Pauschale von 24 auf 28 Euro.
Betriebliche Gesundheitsförderung wird attraktiver
Arbeitgeber haben Interesse an gesunden Arbeitnehmern. Ein gutes Signal ist, dass ab 2020 Gesundheitsleistungen im Wert von 600 statt bisher 500 Euro steuerlich begünstigt werden. Bis zu diesem neuen Wert kann ein Unternehmen zertifizierte Maßnahmen zur Gesundheitsförderung pro Mitarbeiter und Jahr lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei zuwenden.
"Gelber Schein" wird elektronisch
Arbeitgeber müssen mittelfristig nicht mehr auf den Krankenschein in Papierform warten, denn sie werden dann von den Krankenkassen auf Abruf elektronisch über den Beginn und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit der gesetzlich versicherten Arbeitnehmer informiert; aber Geduld: Die Regelung ist zwar bereits beschlossen, wird aber erst 2022 wirksam.
Aufbewahrungsfristen für Steuersoftware verkürzt
Die Archivierung elektronisch gespeicherter Steuerunterlagen wird etwas einfacher: Wechseln Unternehmen ihre Steuersoftware, müssen sie die alten Datenverarbeitungsprogramme nicht mehr wie bisher zehn Jahre lang in Betrieb halten, denn sie können künftig bereits fünf Jahre nach dem Wechsel abgeschafft werden, wenn ein maschinell lesbarer und auswertbarer Datenträger mit den gespeicherten Steuerunterlagen vorhanden ist. Das gilt für alle Daten, deren Aufbewahrungsfrist bis zum 1. Januar 2020 noch nicht abgelaufen ist.
Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns kann Minijob in Gefahr bringen
Der Mindestlohn steigt: Ab dem 1. Januar 2020 beträgt er 9,35 € pro Stunde. Unter Umständen bringt das dem Minijobber jedoch nicht mehr Geld ins Portemonnaie und birgt Risiken für weitere Nachteile insgesamt, wie der Görlitzer Anzeiger im Dezember 2019 berichtete. Grund für die eventuell ausbleibende Lohnerhöhung ist die auch ab dem Jahr 2020 weiterhin geltende monatliche Lohnobergrenze von 450 Euro für Minijobs (5.400 Euro im Jahr, wie immer gilt: Detailregelungen beachten).
Arbeitgeber, die Minijobber zu einem Monatslohn von bis zu 450 Euro beschäftigen, sollten die Arbeitszeit überprüfen. Minijobber dürfen ab dem Jahresbeginn 2020 nur rund 48 Stunden im Monat arbeiten und damit ungefähr eine Stunde weniger als 2019, um den sozialversicherungsfreien Minijob nicht zu gefährden. Bei einem Monatseinkommen von mehr als 450 Euro und bis 1.300 Euro (Gesamtjahresverdienst höchstens 15.600 Euro) spricht man von einem Midijob, der sozialversicherungspflichtig ist und bei dem je nach konkreten Einkommen Beiträge zu den Sozialkassen fällig werden. Seit den am 1. Juli 2019 wirksam gewordenen Neuregelungen für Midijobs spricht man nicht mehr von einer "Gleitzone", sondern vom "Übergangsbereich", für den die Deutsche Rentenversicherung einen Übergangsbereich-Rechner zum Download anbietet..
Gesellschaftsrechtlich veranlasste Darlehnsverluste gelten wieder als nachträgliche Anschaffungskosten
Seit der Bundesfinanzhof 2017 seine langjährige Rechtsprechung zur steuerlichen Berücksichtigung ausgefallener eigenkapitalersetzender Finanzierungshilfen aufgegeben hatte, zeigte sich in der Praxis große Verunsicherung. Der Gesetzgeber hat sich nun entschieden, eine neue Definition der Anschaffungskosten für Anteile an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 17 EStG zu implementieren. Demnach gelten unter anderem Darlehensverluste explizit als nachträgliche Anschaffungskosten, soweit die Gewährung gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Gesellschafter können daher wieder aufatmen, sie können ihre Verluste wieder gewinnmindernd im Rahmen des § 17 EStG berücksichtigen.
Umsatzsteuerliche Reihengeschäfte gesetzlich definiert
Im Zuge der Umsetzung der sogenannten "Quick Fixes" wird das umsatzsteuerliche Reihengeschäft definiert. Besonders beim Transport durch einen Zwischenhändler kam es in der Vergangenheit vermehrt zu Rechtsunsicherheiten. Nun aber ist klargestellt, dass in diesen Fällen die Beförderung bzw. Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen ist. Etwas anderes gilt, wenn er nachweist, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Beim innergemeinschaftlichen Transport macht der Zwischenhändler dies, indem er gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Transportbeginn eine ihm vom Mitgliedstaat des Transportbeginns erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Steuerbefreiungsvorschrift für innergemeinschaftliche Lieferungen verschärft
Unternehmer, die innergemeinschaftliche Lieferungen tätigen, müssen ab 2020 besondere Vorsicht walten lassen, denn die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung wurden verschärft. So muss der Unternehmer eine korrekte zusammenfassende Meldung abgeben. Auch muss der Erwerber in dem anderen EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerlich registriert sein und seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gegenüber dem Lieferer verwenden.
Umsatzsteuerliche Kleinunternehmergrenze angehoben
Ab dem 1. Januar 2020 gelten neue Grenzen für die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung. Die bekannte Vorjahresumsatzgrenze von 17.500 Euro steigt auf 22.000 Euro an. Für den Wechsel zur Kleinunternehmerregelung ist eine Mitteilung an das Finanzamt ausreichend, aber: Nicht jeder, der die notwendigen Grenzen unterschreitet, kann wechseln. Denn, wer in der Vergangenheit, gegenbenenfalls durch konkludentes Handeln, auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet hat, ist weiterhin für fünf Jahre an diese Entscheidung gebunden. Ob die Kleinunternehmerregelung im konkreten Fall zweckmäßig ist, sollte gegebenenfalls Gegenstand eines steuerlichen Beratungsgesprächs sein.
Anhebung der umsatzsteuerlichen Istbesteuerungsgrenze
Die Umsatzgrenze für die umsatzsteuerliche Istversteuerung, bei der nur tatsächlich vereinnahmte Entgelte zu versteuern sind, wird zum 1. Januar 2020 von 500.000 auf 600.000 Euro angehoben und entspricht damit der Umsatzgrenze der originären Buchführungspflicht entsprechend der Abgabenordnung. Das ist eine bürokratische Erleichterung für Unternehmen mit Umsätzen zwischen 500.001 und 600.000 Euro, die sich zugleich deutlich auf deren Liquidität, also den Bestand an verfügbarem Geld, auswirken kann; sie mussten bisher wegen der umsatzsteuerlichen Verpflichtung zur Sollbesteuerung (also nach vereinbartem und nicht nach dem vereinnahmten Entgelt) erhöhte Aufzeichnungspflichten befolgen – und dies, obgleich sie nach den Regelungen der Abgabenordnung gar nicht zur Buchführung verpflichtet gewesen wären.
Unternehmensgründer bekommen mehr Zeit für Umsatzsteuervoranmeldung
Bisher waren Unternehmer, die ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit aufgenommen haben, im laufenden und folgenden Jahr zur Abgabe von monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet. Damit wollte der Fiskus sicherstellen, dass die zu entrichtende Umsatzsteuer zeitnah abgeführt wird und nicht etwa für andere Zwecke verbraucht wird. Neu: Für die Steuerjahre 2021 bis 2026 wird diese Regelung ausgesetzt. Sofern die voraussichtlich zu entrichtende Umsatzsteuer 7.500 Euro nicht übersteigt reicht es dann, vierteljährlich eine Voranmeldung an das Finanzamt zu übermitteln.
Forschung steuerlich begünstigt
Ab dem neuen Jahr wartet für Forscher eine steuerliche Förderung, soweit sie Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung betreiben. Auch die Auftragsforschung ist begünstigt. Die Forschungszulage wird im Rahmen der Steuerveranlagung verrechnet. Allerdings muss noch geklärt werden, welche Stelle die Forschungsfähigkeit bestätigt.
Professionelle Unterstützung finden
Bei Fragen oder Unsicherheiten zur Steuererklärung gibt es professionelle Hilfe. Doch wie findet mann den passenden Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten? Hier sind neben fachlichen Spezialisierungen und Tätigkeitsbereichen oft Weiterempfehlungen ausschlaggebend. Der Deutsche Steuerberaterverband bietet zudem einen Steuerberater-Suchservice an.
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- Quelle: red | Foto: Thomas Beier
- Erstellt am 29.12.2019 - 06:00Uhr | Zuletzt geändert am 10.06.2020 - 11:11Uhr
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